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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0489

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Aschersleben. 101. Christliche articul und bericht, wie es in der kirchen soll gehalten werden. 475

gemein in specie als seuferei, wucher, geiz zu
strafen nicht verboten sein, dan sie solchs ambts-
halber schuldig, aber das die person öffentlich
unvermeldet bleibe und nicht solches animo in-
juriandi sed corrigendi gemeinet. Wären aber
etliche unter der gemein, so in öffentlicher sünde,
schande und laster in verachtung der predigt und
heiligen sacramente lebten, so sollen sie erstlichen
dieselbigen zuvor vleissig nach der regel Christi
Matth. 18 einmal oder zwei zur besserung ver-
mahnen. Wo aber die person hierüber auf ihrem
verstockten sinn und herzen verharrete und keine
besserung zu sehen, soll der pfarrer solchs dem
rath anzeigen, will der rath 2 oder 3 gottfürchtige
christliche rathspersonen inen zuordnen, für welchen
allen der sünder oder lesterer soll gefordert und
zur besserung vermanet werden. Do er dan
besserung zusagen würde, hat es seinen bescheid,
wo aber nicht, soll man ine mit der kirchenstrafe,
als aufsagung des kirchenrechts (ausgenommen
predigt hören) bedreuen und ein zeit lang acht
uf ihn geben, ob er sich bessern wollte. Wo dan
kein besserung erfolget, so will ein rath neben
dem pfarhern die sache an das consistorium oder an
den hern superintendenten gelangen lassen, bei
welchem sie dan weiter genugsam verhört und er-
kant und der lesterer zum abstehn letzlich soll
ermahnt werden. Bleibt dann abermal die besse-
rung aussen, oder wird besserung zugesagt und
nicht erfolgt, so folge endlich die excommunication
nach dem bevehl Christi.
6. Wan ehesachen fürfallen, die zu hader
und zank gedeien möchten, das ein part oder beide
muthwillig und freventlich handlen wollen wider
gott und die sache also geschaffen, das sie recht-
licher verhör bedarf, so will ein rath solche sache
für ein christlich consistorium oder vor die verordnete
bevehlhaber in ehesachen des bischöflichen hofes mit
schriften weisen und ohne erkenntnuss niemands
in unser stadt gestatten seins gefallens wider
gottes ordnung zu fahren, in verbotnen graden zu
freien, heimbliche verlöbniss zu stiften, ehe zu
trennen oder dergleichen ergernussen anzurichten.
Was aber heimblich ist und conscientien betrifft, das
soll den predigern vermöge ires tragenden ambts
darinnen zu verfaren heimgeschoben sein.
7. In summe was ires ambts und berufs ist,
dasselbe treulich warten und pflegen und welt-
licher hendel, so ufs rathhaus gehören, genzlich sich
eussern und enthalten, in frembde hendel sich
nicht mengen, noch gezenk unter den leuten an-
richten sollen. Nach der lehr des heiligen apostels
Petri 1. Petri 4 „das niemand in ein frembd amt
greife,“ item des heiligen Pauli 1. Thess. 4. Und
wie solchs der herr Phil. Melanthon, gottseliger ge-
dechtniss, in seinem commentario über die epistel

weiter ausbreitet, auch sonsten andere christliche
kirchenordnungen ferner mitbringen.
8. Der kirchenordnung, so jetzt anno 75
aufgerichtet, sich gemess zu halten und das sie
ires gefallens aus eignem fürnemen ohn vorwissen
des raths kein neue fest oder ceremonien über
diese dieser zeit in dieser kirche im gebrauch
mehr anrichten, noch einige neuerung einfüren
sollen.
9. Ob sich auch in der kirchendisciplin felle
begeben, darinnen aus gegründeten und gewissen
ursachen schärfung oder linderung der strafe von
nöthen, soll solche moderation, linderung oder
scherfung erstlich von dem ministerio berathschlagt
und im rath fürgetragen, daruf bei andern kirchen
rath gesucht und alsdan dem nachgesetzt werden.
Der pfarher aber vor sich soll nichts neues ohne
vorwissen und consens in disciplina setzen und
ordnen.
Belangende des pfarhern, und predi-
canten unterhalt, sollen sie aller bur-
gerlichen beschwerung, als: herren-
dienst, schoss etc. wie die namen haben
gefreiet sein.
Nemblich, soviel ihre besoldungen und be-
hausungen anlaget, auch was ihnen sonst durch
fromme christgleubige herzen testamentsweise vor-
schaffet und legiret wird, betrifft. Von dem
jenigen aber, was sie in der stadt alhier erfreien,
ererben, und sonsten an sich bringen werden,
gleich andern bürgern dem rathe gebuerliche
dienste und gerechtigkeit thuen und leisten, und
in deme ungefreiet sein. Ihre behausungen, weil
die mit eines erbarn raths schweren kosten noth-
wendig angerichtet, soll jeglicher die fenster,
kachelofen und kleinflickwerk von dem seinen in
besserung halten, ausbescheiden, was an grossen
zufelligen schadhaften gebeuden furfielen, die
sollen durch eines erbarn raths unkosten vor-
bessert werden.
Desgleichen soll auch ein jeglicher seinen
garten in gewehr und besserung halten.
So soll auch uber dasjenige, was jeglichem in
seiner behausung uberantwortet oder jeglicher
darin gefunden, sonderlich auf der pfarr, ein be-
stendig inventarium beschrieben und gehalten,
und was vermöge desselben entpfangen, wieder-
umb gelassen werden.
Und wan sich dan je zu zeiten zutrüge, das
in und uber vorgeschriebenen puncten und arti-
culn, auch sonsten mängel, irrungen und gebrechen
furfallen möchten, damit dieselben ordentlich ge-
hört und abgeschafft werden. Ist ferner vor heil-
samb und nötig erachtet, das jährlichen hierumb
eine sonderliche visitation und dieselbe alle jahr
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