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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0575
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120. Kirchen-Ordnung auf dem Lande. Vom 22. Juli 1562.

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120. Kirchen-Ordnung auf dem Lande. Vom 22. Juli 1562.
[Aus Zerbst, Superintendentur-Archiv, XXIX, Bl. 179 ff. Vgl. oben S. 509.]

Was1) die verordnete visitatores der
fursten und hern zu Anhalt etc. lauts
irer instruction in anhaldischen kirchen
in und um Zerbst in der andern visi-
tation in gemein verordnet und be -
vohlen haben.
Nachdem und als die durchleuchtige hoch-
geborne fursten und hern, hern Joachim Ernst
und Bernhard, gebrudere, fursten zu Anhalt, graven
zu Ascanien, herren zu Berneburg und Zerbst,
unsere gnedige fursten und herren, uns hernach-
genannte irer furstlichen gnaden diener im jar
nach Christi geburt 1562 am sontag esto mihi,
ire kirchen in und nechst umb Zerbst widerumb
neben den dingtagen zu visitiren und allen mangel
drin mit muglichen vleis zuvorhoren und zu-
verichten bevohlen und ausgesandt haben, also
haben wir vor und neben dem geding die schulde
mangel und sachen der kirchen vor uns genomen,
und die, soviel in solcher eil muglich, nach einer
iglichen kirchen notturft verrichtet und in visi-
tation buch bracht, wie da alles zu sehen.
Aber daneben haben wir in gemein lauts
unser instruction verordnet und bevohlen, erstlich
das alle pfarhern und kirchendiener in der stadt
Zerbst und in allen anhaldischen flecken und
dorfern um Zerbst, nach der augspurgischen
confession das gesetz und evangelium Christi rein
und treulich predigen, die sacramenten Christi
ehrwirdiglichen handeln, den catechismum vleissig
treiben, das volk zu gotteswort erkentnis, furcht,
zucht und zum gebet vleissig furen sollten, auch
das sie vor sich selbst gotseliglich ohne aller
ergernissen wandeln, alle leichtfertigkeit in saufen,
spielen, fluchen, weltlichen hendlen, kleidung und
dergleichen auch bei furstlicher ungnade und straf
vermeiden sollen, damit sie niemand ergern und
sich selbst mit fremden sunden und gottlichen
zorn nicht beschweren, da sie irgend in hochzeiten,
kindtaufen ader ander wozu gast geladen wurden,
das sie da den andern zum gueten vorbilt ir
gebet und danksagung zu gott uber tisch theten
und nach gehaltener malzeit dem saufen abbrechen,
zum ersten aufstehen und heimgehen solten, auf
das ir heiliges ampt nicht verlestert und sie selber
veracht werden und nach dem sie von irem ampt
zu mehrem theil zimliche underhaltung haben, so
haben wir ihnen auch bevohlen, das sie inen nicht
allein deutsche, sondern auch lateinische bibel,
locos communes Philippi Melanchthonis, die vor-
nembste bucher Martini Lutheri und der andern

1) Aufschrift von Fabricius: Unser kirchenordnung
auf dem lande.
Sehling, Kirchenordnungen. Bd. II.

reiner lehrer bucher zeugen, vleissig darinnen
studiren, sich auch in der lateinischen und erlernten
kunsten stetlich uben sollen, damit sie der nicht
vergessen, dester treulicher lehren und im synodo
bestehen kunten und das sie iren superattendenten
alle bewuste abgotterei, ebruch, hurerei und zau-
berei in irer gemein, diesen laster, soviel muglich,
zu wehren, anzeigen, und das sie keine unbekante
personen ohn gnugsame bezeugnissen und vor-
wissen ires superattendenten copuliren sollen, also
haben wir sie auch fleissig gebeten und ernstlich
bevohlen, das keiner uf den andern wider heim-
lich noch offentlichen stechen, noch schmehen,
sondern in einigkeit mit einander leben sollen,
hette aber jemand eine beschwerung auf den
andern, das er den nach dem bevehl Christi
Matthei 18 zuvor vermane und vermanen lasse,
do solchs nicht helfen muge, dem superattendenten
ader seiner weltlichen obrigkeit anzeige und
richten lasse, die solchs verrichten werden. Nach
furstlicher instruction haben wir auch verordnet
und bevohlen, das sich alle pfarhern dieser super-
attendenz alle jar in der wochen nach trinitatis
uf weiter erforderung des superattendenten hieher
bei ime zum christlichen sinodum und freuntlicher
underredung in artikeln unsers heiligen glaubens
und gottlicher schrift verfugen und sich darnach
gefast machen sollen.
Zum andern haben wir vor gut angesehen,
und bevohlen, das man die alte furstliche ordnung
der kirchen in der stadt Zerbst bleiben lassen
und das sich alle pfarhern und kirchen dienern
in der stadt Zerbst und in allen umbliegenden
anhaldischen flecken und dorfern dieser cervesischer
superadtendens1), soviel muglich, in feiertagen,
predigen, ceremonien und dergleichen nach ge-
dachter furstlicher kirchen ordnung, in dieser stadt
gebreuchlich, richten und halten sollen, bis uns
gott in diesem lande auch eine eintrechtige kirchen
ordnung gebe.
Zum dritten, dieweil hie umher auf dem
lande etliche pfarkirchen um besser underhalten
willen der kirchen diener zusamen geschlagen
seint, so haben wir verordnet und bevohlen, das
alle pfarherrn diser superattendens2), soviel immer

1) Correctur von Fabricius.
2) Von Fabricius hinzugeschrieben: Dis kan ich
aber meinem gnedigen fursten und herrn hie nicht ver-
sweigen, dass wol hie zu Cervest am tage der apostel,
der heimsuchung Mariae, am tag Sanct Johannes des
teufers, Magdalene und Michaelis das verordente evan-
gelium predige und in der metten die responsoria im
chor singe, aber nach alten brauch werden die heilige
tage hie des nachmittages nicht weiter gefeiret.
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