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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0579
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121. Bericht des Superintendenten Fabricius über seine Amtsführung. Vom 28. October 1567. 565

fordern, und gehen, sungen erstlich da: Nu bitten
wir den heiligen geist, darnach saget ich ihnen
den catechismum deutlich fur und vorkleret die
heuptstucke gar kurzlich, nach diesem teilten wir
uns an underscheiden orten der kirchen, darnach
die gemeine gross war, und forderte der custer an
einem itzlichen ort je drei oder vier hauswirte
sampt ihrem gesinde, welche wir vorhoreten und
underrichten im catechismo auf das allerfreunt-
lichst und kurzte; wie die vorhort waren, that ich
am iglichen ort den vorhorten eine kurze vor-
manung zur bestendigkeit in gotlicher bekanter
lehr und gottseligem wandel, und erleubte damit
die vorhorte hausmutter und ihre gesinde zu haus
zu gehn, die hausveter aber behielt ich bei uns
in der kirche und liess ihnen und ihren kirchen-
dienern die furstliche kirchenordnung vorlesen,
darnach liess ich das inkommen ihrer kirchen und
kirchendiener vorlesen, horet die rechnung und
wie es mit den kirchengutern gehalten ward.
Mitler zeit erkundiget ich mich auch heimlich und
offentlich, wie sich die gemeine gegen ihre kirchen-
diener und die kirchendiener gegen ihre gemein
hielten, auch aller gezenke und laster in der
kirchen, und, was wir konten verrichten und
bessern, das theten wir mit muglichen vleiss, was
uns aber unstund, wart aufgezeichnet und nach
gehaltener visitation zu hof gefordert und ver-
richtet.
Der uncost, so auf die visitation ging, war
nichtgross; unser genediger herr lies vom inkommen
des stiftes und klosters die fuhr, das trinken,
under zeiten auch das pferdfutter erlegen, der
pfarherr und die alterleute gaben uns eine, under
zeiten auch wol zwen nicht kostliche malzeiten,
und assen mit uns sampt dem schultheisen und
custer.
Es ging aber die gröste sorge und arbeit uber
mich. Die hab ich nun, lieber leser, darumh kurz-
lich erzelet, auf das man sehn möge, wie es hie
vor meiner zeit in den kirchen gestanden habe,
und was fur vleis damit geschen sei, auch das
niemand an der gutern und zinsen aller kirchen
und hospitals, in diesem buch vorzeichnet, zweifeln
dorfte, wil die so treulich zusamen gesucht, vor-
williget und nun so lange im geruigem brauch
geblieben sind, letzlich das auch ein superinten-
dens, der nach mir kommen wurde, wuste, wie
ich nun oftmals die kirchen Christi gevisitirt und
geregirt habe, da er es nicht besser wuste oder
konte, unserm exempel volgen mochte.
Von unserm kirchenzwang.
Dieweil wir hier auch keinen christlichen
ban noch kirchenzwang haben, und durch nach-
lessigkeit weltlicher ubrigkeit die leute roh, gott-

los und mutwillig werden, und gleichwol auch
eine eusserliche zucht, ordnung und buss in der
kirchen Christi sein musse, haben wir kirchen-
diener zu Zerbst aus etlichen gehalten urteln nun
lange zeit in unsern kirchen diesen gelindesten
gebrauch gehapt.
Wo jemand offentlich in ehebruch, hurerei,
todschlag und andere offentliche ergerliche laster
befunden und nach gnugsamer vormahnung sich
nicht bessern wolte und von der obrigkeit darumb
gestraft, das wir den oder die nicht ehe liessen
zum tisch des herren gehn, gefatter stehn, auch,
do er also unbusfertig sturbe, nicht christlich
auch gebreuchlich begraben liessen, er hette dann
zuvor solche seine offentliche ergernussen durch
dem pfarherren namhaftig der gemeine abe bitten
lassen und mit uflegung unserer hende fur dem
altar die absolution entfangen.
Wor er aber von der weltlichen ubrigkeit
ubersehn und ungestraft blieben, und doch seine,
laster und ergernussen offentlich wahren, liessen
wir die obgemelte offentliche absolution, des-
gleichen auch die namhaftige bitte fallen, er muste
aber zuvor seine offentliche ergernusse durch dem
pfarherren ins gemeine also abbitten lassen, es
were einer oder eine da, der hette die gemeine
Christi offentlich geergert, er hette sich aber nach
christlicher vormahnung gebessert, bete umb gottes
willen, man wolle im solche seine ergernusse vor-
geben, gott vor im bitten, das er bestendig bliebe,
und wer sich an im geergert hette, sich nun an
seiner bekehrung auch besserte. Desgleichen, da
uns einer oder mehr in unsern visitationibus un-
gehorsam war und uf furstlichen bevehl seinen
christlichen glauben und catechismum nicht lernen
noch bekennen wolte, den liessen wir auch nicht
ehr zum heiligen mahl des herren gehn, gefatter
stehn und christlich begraben, er hette dan zuvor
seinen glauben und catechismum nach der predigt
fur seinem pfarherren und ganze gemeine offent-
lichen bekant.
Andern kirchen zwang haben wir hie nicht
gehapt, noch gebraucht, wir haben auch niemand
umb einen pfenning oder pfenniges wert, wie
streflich er auch gewesen, gestrafet oder brüchen
von im genomen; ist der bruchfelliger aber vor-
muglich gewesen, haben wir im wol uferleget, das
er nach itzgemelter buss, absolution und abbitt
etwas in seinem gottes kasten geben solt.
Mit dieser gelinden buss und straf haben wir
dennoch in unsern kirchen bisanher zimliche
eusserliche zucht, frieden und gunst erhalten.
Von den vorstendern der kirchen.
Diewil auch fur meiner zukunft die vorstender
der kirchen in flecken und dorfern dieser super-
 
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