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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Dörner, Gerald [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0132
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Straßburg

solchs by iren hüsern oder thüren zuo holen beschey-
den möge, das ouch eim yeden gegöndt und hiemit
nit abgekurtzt ist; doch so sollent die Armen one
geheiß nit also für yemans thure gon oder heischen.
[6.] Und noch dem zuo underhaltung solcher Armen
jors8 sich ein grosse summ gelts erheyschen wurt, so
sindt inn alle pfarren tröglin9 verordnet unnd mit
dryen slössern verwaret, uff das keyner allein dar-
uber kommen möge, darinn eyn yedes mensch sin
almuosen stossen mag, den Armen mit theylen unnd
barmhertzigkeit bewisen, nochdem unnd es Got er-
manet und er von Got barmhertzikeit zuoerlangen
begert. Dann eim yeden, der gestalt er inn diser zer-
gengklichen welt sich gegen sym notturfftigen neben
menschen bewißt unnd ime hilff erzeigt, dermoß an
dem jungsten gericht Gots von Got, dem Almech-
tigen, ein Riheliche belonungen gegeben und für das
zittlich das ewig erlangen wurdt10.
[7.] Es sindt ouch daruff sundere personen erbetten,
die inn den kirchen mit säcklin an steben umb gon,
das almuosen fordern unnd, was inen gegeben wurt,
inn die tröglin stossen werden.
[8.] Wo ouch ein frome mensch umb Gots willen
korn, win, douch oder anders geben wolt, der mag es
dem wolgelerten Meister Lux Hackfort als dem
schaffner11 bringen, der es von inen empfohen
wurdt.
[9.] Es habent ouch alle stifft, Closter unnd burger,
so bytzhar den Armen gestyffte spenden geben ha-

8 Das Jahr hindurch, s. FWb 8, Sp. 318.
9 Hier: Opferstöcke, vgl. Grimm, DWb 22, Sp. 790.
10 Vgl. Mt 25,31-46.
11 Lukas Hackfurt (Bathodius), aus Straßburg, † 6. April
1554. Studium in Heidelberg, dort 1513 Mag. art. Spi-
talkaplan in Oberehnheim. Hackfurt schloß sich früh der
Reformation an, verzichtete auf seine Pfründen und er-
öffnete 1522 eine Lateinschule in Straßburg. Im Januar
1524 heiratete er Anna Keller. In den ersten Jahren sym-
pathisierte er mit den Täufern; am 20. Juli 1531 aber
widerrief er seine Ansicht vom unchristlichen Charakter
der Obrigkeit und wurde von den Predigern wieder in die

bent, zuogesagt, solche ire spenden inn das almuosen
kommen zuolossen unnd jerlichs zuogeben, domit die
Armen desto baß ernert werden mögen.
[10.] Unnd uff das dann solch almuosen desto baß uß
getheylt unnd den notturfftigen gehandtreicht wer-
de, So sindt vier oberpfleger von unsern herrn, den
drytzehen, funfftzehen, Einundzwentzig unnd dem
Rat, verordnet, die Nün frommer, redlicher mann,
Nemlich von yeder pfarren einen, zuo underpflegern
erbetten haben, sich solcher arbeit umb Gots willen
zuo beladen, under denen alle jor dry meister sin
unnd abgon, ouch andere an ir stat gemacht werden
sollent, innhalt der ordnungen, so daruber gesetzt
ist.
[11.] Die selben dry Meister werden unnd sollent
ouch yeder ein slussel zuo den obgemelten verorden-
ten tröglin haben unnd inn bysin zuom wenigsten
eins Oberpflegers unnd des schaffners, so offt sie guot
unnd not beduncket, die tröge inn den kirchen uff-
thuon und das gelt, so dorinn befunden, den schaffner
eygentlichen lossen uffzeichen und daruß die Armen
underhalten, so wit und sich das erstrecken wurt.
[12.] Der selb schaffner sol ouch umb solch sin in-
nemmen und uß geben vor den verordenten Obern-
und underpflegern alle fiertel jors ein Erbere, uff-
rechte rechnungen thuon unnd, was das rest des
baren gelts vorhanden, inen zeigen, domit man se-
hen möge, das nutzit dovon zuo unnutze uß geben sy.

Kirchengemeinschaft aufgenommen (s. QGT Elsaß 1,
Nr. 252, S. 334). Im August 1523 war Hackfurt vom
Magistrat der Stadt Straßburg zum Almosenschaffner
berufen worden; dieses Amt hatte er bis zu seinem Tode
inne. Aus seiner Amtszeit sind zahlreiche Aufzeichnun-
gen (Protokolle, Rechnungen etc.) und Denkschriften
zum Armenwesen der Stadt Straßburg erhalten (s. dazu
die in Winckelmann, Fürsorgewesen 2 abgedruckten
Dokumente). Vgl. COE 1, S. 99; Adam, Kirchenge-
schichte Straßburg, passim; QGT Elsaß 1, Nr. 109,
S. 132 Anm. 7; Winckelmann, Fürsorgewesen 1,
S. 86f. und S. 89f.

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