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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Dörner, Gerald [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0299
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24a. Mandat gegen die Täufer

24a. Mandat gegen die Täufera
23. März 1538

Lieben freund, Nach dem wir, der Meyster und der
Rath zu Straßburg, sampt unseren freünden, den
Ein und zweynzigen, bedacht, wie der barmherzig
Got auß sonderen seinen genaden das Evangelium
seins eynigen sons, unsers herren Jesu Christi, euch
und uns gnädiglich und reichlicher, dann hievor be-
schehen, widerumben erscheinen unnd verkhünden
lassen, Dessen predig wir auch mit ewerem wissen
und willen angenomen und, so vil uns allen Got ge-
nad geben würdet, darbei pleiben sollen und wöllen,
So ist euch unverborgen, was beschwerden und sorg-
fältigkheyten1 sich mit vergangener beürischer
uffrur2 und auch in andere weg deßhalben ereügt
und erzeygt3, daran Gott, der allmechtig, sonder ge-
nad gethon, das die onmergklichen nachtheyl und
zerrüttung gemeyner diser Statt Straßburg poli-
cei4 zergangen. Und hatt sich aber under den selbi-
gen sorgfältigkheyten unnd beschwerlicheyten er-
eügt und eingerissen die Secten, so man die Wider-
täuffer nennet, die dann nit eynerley, sonder inn vil
meynungen gespalten und gesinnet5.
Und dieweil die selbigen etwa6 auß irrigem unnd
widerwertigem verstand der geschrifft entstanden,

a Textvorlage (Einblattdruck): AMS 1 MR 3, Bl. 268
(alte Zählung), S. 455 (neue Zählung). Das handschrift-
liche Konzept von Johannes Meyer findet sich in AMS 1
MR 4, Bl. 140r-143r. Abdruck: QGT Elsaß 3, Nr. 816,
S.139-142.

1 Besorgnisse.
2 Zum Bauernkrieg im Elsaß und zur Haltung der Reichs-
stadt vgl. Hartfelder, Straßburg; Adam, Kirchen-
geschichte Straßburg, S. 104-108 und Alphonse
Wollbrett (Hrsg.), La guerre des Paysans 1525. Étu-
des et documents, Zabern 1975 (= Études alsatiques
Suppl. 93).
3 Sich ereignet und erwiesen haben.
4 Ordnung, Regiment.
5 Zu den verschiedenen Gruppen der Täufer und anderer
Nonkonformisten in Straßburg vgl. den Überblick in
Deppermann, Melchior Hoffman, S. 241f. und bei

So haben wir die, so sollicher secten behafft7, nit
nach der scherpff und an leib und leben straffen wöl-
len, wie wir das auß den Keyserlichen rechten und
gebotten8 wol hetten thon mögen. Aber damit dan-
noch solliche schädliche secten und trennungen nit
also frei unnd ungehindert zu verderbung gemeyner
Statt, deren burgerschafft unnd endtlicher zerrüt-
tung erbarer und guter polycei uberhand nemen, So
haben wir unseren burgeren, inwoneren und hinder-
sahssen gepieten und verpieten lassen, die jhenigen,
so solliche irrige secten lerten, denen anhiengen oder
damit behafft weren, nit zu hausen oder zu herber-
gen9, Welchs aber von vilen der burgerschafft zu nit
cleyner verachtung und ungehorsam ubergangen
unnd disen irrigen leüten underschleyff10 gegeben
worden, daher dann khomen, das sich die secten
höchlich gemehret. Und ob wol vil fromer leüt, die
alleyn auß irrthumb darein khommen, darunder
sein mögen, So hatt sich doch zugetragen, das arg-
listige leüt darunder sich gemischt und understan-
den, alle erbar- und oberkheyt zu undertrucken
unnd nach ihrem willen wider Gottes ordnung zu-
herschen unnd zu regieren, wie dann der erbärmb-
lich fahl der wolbekhanten statt Münster11 des

René Gerber, Les Anabaptistes à Strasbourg entre
1536 et 1552, in: Rott/Verheus, Anabaptiste et dis-
sidents, S. 313-317.
6 Hier und da.
7 Sich mit solchen Sekten eingelassen haben, s. FWb 3,
Sp.767-770.
8 Durch das kaiserliche Mandat vom 4. Januar 1528 war
die Todesstrafe über alle Täufer wegen Aufruhrs ver-
hängt worden (Abdruck des Mandats in QGWT Würt-
temberg 1, Nr. 1 und 2). Auf dem Speyerer Reichstag
wurde dann die Hinrichtung aller erwachsenen Täufer
ohne vorhergehende Untersuchung durch ein geistliches
Gericht verfügt (QGT Baden und Pfalz, Nr. 1, 134, 138
und 209).
9 Gemeint ist das Mandat vom 27. Juli 1527 (in diesem
Band Nr. 6).
10 Unterschlupf.
11 Nur ein Jahr nach Einführung der Reformation war es

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