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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0398
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Straßburg

nete brot und den gesegneten wein isset unnd
trincket. Unnd dennoch volget noch nicht, das die
papisten streyten63, das brot und wein transsubstan-
cirt werde unnd die blossen acciden-|33| tia sive sub-
stantia dableiben, denn wo dem also wer, so wurde
Paulus, 1. Corinth. Xd [16], es nit brot nennen, da er
spricht: Das brot, das wir brechen. Darumb, weyl
auß solchem irthumb unzelich abgötterey gefolget,
das man das brot eingesperret, es angebettet, in pro-
cession umbgetragen unnd mancherley gottesdienst
damit angericht hat, so doch Christus solchs nacht-
mal nur zum essen und trincken eingesetzt, sol man
solche ungegründte und ergerliche meynung fallen
lassen und auff das einfeltigest, wie die wort lautten,
glauben, das die, die dises brot essen und disen kelch
trincken, den leib Christi essen und sein blut trin-
cken. Denn das ye war64, das Christus allein dazu-
mal von dem brot sagt: Das ist mein leib, und vom
kelch: Das ist mein blut, da die jüngern es essen und
trincken. Ist derhalb unnot zu disputiren, was es sey
ausser solchem brauch, so es allein zu disem brauch,
das mans essen und trincken soll, eingesetzet ist.
Warumb aber die christen solchs nachtmal brau-
chen sollen, ist oben etlich mal angezeygt, auff das
unsere hertzen gewiß werden, Christus |34| habe für
uns sein leib geben und zu abwaschung unser sünde
sein blut vergossen, unnd wir dest ee mere wider die
sünde und unser gewißen trösten mögen. Denn eben
darumb soll ein yeder christ zu disem nachtmal sich
finden und es brauchen, auff das er seiner person
halb könne gewiß sein, Christus hab sein leib für in
geben unnd sein blut zu abweschung seiner sünde
vergossen, wie denn die wort mitbringen und der-
halb allweg offentlich sollen für der gemeyn ge-
sprochen werdenn.
Mit der heyligen tauffe haben die widertäuffer auch
ein große und ergerliche irrung gemacht, als solte
man die kindlin nicht tauffen. Aber weyl der herr
die seligkeit an die tauff, wo man sie kan haben,
d Hs.: XI.
e Erg. am Rand.
63 Was die Papisten geltend machen, s. Grimm, DWb 19,
Sp.1345.
64 Denn das ist jedenfalls wahr.

bindet65, ist eben so vil gesagt, wenn man spricht:
Die kindlein sol man nicht tauffen, als wolt man
sagen: Die kindlein sindt alle des teuffels, Gott wil ir
nicht, sie müssen verdampt werden. Solches aber
können die widertäuffer selbs nicht |35| gedulden
noch für war halten, denn da ist der klar text, das
Christus spricht: Laßt die kindlin zu mir kommen,
denn dieser ist das reich Gottes66. Solchs ist ein
uberauß gewaltiger spruch, wenn wir in zu andern
sprüchen recht reymen, denn Johann. am 3. [3] ste-
het: Es sey denn, das jemandt von newem geborn
werde, so kan er das reich Gottes nit sehen. Nun
aber sagt Christus, das reich Gottes sey der kind-
lein. Was will nun oder kan anderst volgen, denn das
die kindlein sollen und müssen widergeboren wer-
den? Denn beschlossen ists, wer nit widergeborn ist,
sol das reich Gottes nit sehen. Was heist aber wider-
geboren werden? Anders nichts denn mit wasser
unnd dem h. geist getaufft werdenn, wie Christus,
Johan. 3 [5], klar sagt: Es seye denn, das yemandt
geborn werde auß wasser und dem geyst, so kan er
in das reich Gottes nit kummen.
Aber was darff67 es vil disputierns? Die schrifft
meldet klar, Christus hab der welt sünde tragen, Jo-
han. 1 [29], und 1. Joh. 2 [2]: Christus ist die ver-
sönung, nicht allein für unsere sünd, sonder für der
gantzen welt sünde. Nun sind ye |36| die kinder auch
ein stück und schier das gröste stück von der welt.
So nun Christus auch für sie gelitten hatt und sein
todt inen gehöret, warumb wolt man inen die tauff
nemen, damit sie in den todt Christi getaufft wer-
denn?68
Ja, sagen sie, zur tauff gehört der glaube. Die
kinder aber glauben nit, darumb sol man sie nicht
tauffen. Aber das stehet inen zubeweysen, das die
kinder keinen glauben haben. Denn wir können das
widerspil69 auß der schrifft war machenn, Math. am
XVIII. [3], da Christus ein kind rüffet unnd stellet
das under die apostel, spricht er: Es sey denn, das ir
euch umbkeret und werdet wie die kinder, so werdet
65 Vgl. Mk 16,16.
66 Mk 10,14par.
67 Bedarf.
68 Vgl. Röm 6,3.
69 Gegenteil.

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