38. Kirchenordnung von Johannes Marbach
Wie kummen aber unsere arme werck und ellender,
betlischer59 gehorsam zu der ehre, das Gott |29| den-
selben im will so hoch lassen gefallen? Allein dar-
umb, das wir in Christum glauben und Gott umb
seines sons willen das unreyne, so fleisch und bluts
halb noch an uns ist, nicht sehen, sonnder mit seinen
gnaden zudecken will, wie Paulus überauß tröstlich
sagt, Rom. 8 [1]: Es ist nichts verdamlichs an denen,
die inn Christo Jesu sindt, die nicht nach dem
fleisch, sonder nach dem geist wandlen. Nach dem
fleisch wandlen heyst, der sünde volgen unnd nach-
hengen. Solchs, sagt er, soll nicht sein, sonnder man
soll nach dem geist wandlen, das ist, die sünde
tödten und ir nit volgen, und durch Christum ver-
gebung solcher unreynigkeit hoffen und glauben. So
sol es kein not mit uns haben, nicht unsers gehor-
sams halb, sonder das wir in Christo Jesu sind unnd
durch in ein gnedigen Gott haben.
Sacramenta
Zu solchem vertrawen und zuversicht dienet uns nit
allein das wort, in welchem vergebung der sünden
uns angebotten wirdt, sonnder auch die heyligen sa-
crament, die anders im grundt nicht sein denn aus-
serliche, sichtige60 zeichen und mittel, dadurch uns
Gott seiner |30| gnaden vergwisset, das wir nicht
zweyfflen, sonder fest dran halten sollen. Denn das
ein kind oder alter mensch getaufft wirdt, geschicht
darumb, das ers fest glaube, Christus sey für in ge-
storben unnd hab im vergebung der sünden erwor-
ben. Denn eben darumb taufft man in in den todt
Christi, wie es Paulus heyst61. Item, das wir zum
nachtmal des herren gehen, warumb geschichts? Al-
lein darumb, das wir nicht zweyffeln sollen, sein leib
unnd blut sey für uns geben, sintemal es uns in sol-
chem abentmal zur speise und zum tranck außteylet
wirdt.
Solche sacrament oder gnaden mittel kan niemandt
denn Gott selbs ordnen und auffsetzen, wie wir von
disen zweyen sacramenten und von der absolution
59 Armseliger, s. FWb 3, Sp. 2082.
60 Sichtbare, s. Grimm, DWb 16, Sp. 747.
61 Röm 6,3.
gewissen bevelh Christi habenn. Gleich aber wie das
wort niemandt nützet, denn er glaube es unnd halte
sich mit festenn vertrawen dran, also sindt die sa-
crament auch nicht nütz, man tröste sich denn der-
selben und hoffe durch Christum vergebung der sün-
den. |31| Derhalb sollen die kirchenndiener und
pfarrhern nicht allein das volck zum brauch des hei-
ligen sacraments treyben, wie der bapst thun hat,
sonnder underrichten, wie sie sich des herrn Christi,
seines leidens unnd sterbens allein trösten sollen und
die heiligen sacrament achten als ein pfand schilling
oder ein sigill unnd versicherung solchs trosts oder
zusagung. Denn darumb sindt nit allein die sacra-
ment als zeichen da, sonder das wort oder die ver-
heissung ist in und bey solchen zeichen. Darumb
muß man auch sonnder achtung auffs wort haben
und demselben glaubenn.
Der irrthumb, das etliche leeren, es werde im
nachtmal des herrn nur brot und wein den christen
gereychet, ist leichtlich umbzustossen, denn die
wort Christi sind hell unnd klar, das er das brot
nimbt unnd spricht: Nembt hin unnd esset. Das ist
mein leib. Und den kelch und spricht: Trinckt alle
drauß. Das ist der kelch des newen testaments in
meinem blut62. Und Paulus, 1. Cor. 10 [16]: |32| Der
gesegnet kelch, welchen wir segnen, ist der nicht die
gemeinschafft des bluts Christi? Und das brot, das
wir brechenn, ist das nicht die gemeinschafft des
leibs Christi? Das ist, wenn uns im nachtmal der leib
und das blut Christi gereycht wirdt, da werden wir
ein leib mit Christo, sintemal wir seinen leib und
sein blut essen und trincken. Item 1. Cor. XI [27]:
Wer unwirdig von disem brot ißt oder von dem
kelch des herren trincket, der ist schuldig an dem
leib und blut Christi, das ist, er versündiget sich an
dem leib unnd blut Christi und nit an dem brot und
wein. Wie köndt aber solches sein, so der leyb und
das blut Christi nicht da wer, sonder es allein brot
und wein wer?
Derhalb sol man an dem fest und gewiß haltenn,
das, wie Christus sagt, seyn leyb und sein blut ge-
essen und getruncken werd, wenn man das geseg-
62 Kurzform der Einsetzungsworte aus Mt 26,26-28; Mk
14,22-24; Lk 22,19-20; 1Kor 11,23-25.
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Wie kummen aber unsere arme werck und ellender,
betlischer59 gehorsam zu der ehre, das Gott |29| den-
selben im will so hoch lassen gefallen? Allein dar-
umb, das wir in Christum glauben und Gott umb
seines sons willen das unreyne, so fleisch und bluts
halb noch an uns ist, nicht sehen, sonnder mit seinen
gnaden zudecken will, wie Paulus überauß tröstlich
sagt, Rom. 8 [1]: Es ist nichts verdamlichs an denen,
die inn Christo Jesu sindt, die nicht nach dem
fleisch, sonder nach dem geist wandlen. Nach dem
fleisch wandlen heyst, der sünde volgen unnd nach-
hengen. Solchs, sagt er, soll nicht sein, sonnder man
soll nach dem geist wandlen, das ist, die sünde
tödten und ir nit volgen, und durch Christum ver-
gebung solcher unreynigkeit hoffen und glauben. So
sol es kein not mit uns haben, nicht unsers gehor-
sams halb, sonder das wir in Christo Jesu sind unnd
durch in ein gnedigen Gott haben.
Sacramenta
Zu solchem vertrawen und zuversicht dienet uns nit
allein das wort, in welchem vergebung der sünden
uns angebotten wirdt, sonnder auch die heyligen sa-
crament, die anders im grundt nicht sein denn aus-
serliche, sichtige60 zeichen und mittel, dadurch uns
Gott seiner |30| gnaden vergwisset, das wir nicht
zweyfflen, sonder fest dran halten sollen. Denn das
ein kind oder alter mensch getaufft wirdt, geschicht
darumb, das ers fest glaube, Christus sey für in ge-
storben unnd hab im vergebung der sünden erwor-
ben. Denn eben darumb taufft man in in den todt
Christi, wie es Paulus heyst61. Item, das wir zum
nachtmal des herren gehen, warumb geschichts? Al-
lein darumb, das wir nicht zweyffeln sollen, sein leib
unnd blut sey für uns geben, sintemal es uns in sol-
chem abentmal zur speise und zum tranck außteylet
wirdt.
Solche sacrament oder gnaden mittel kan niemandt
denn Gott selbs ordnen und auffsetzen, wie wir von
disen zweyen sacramenten und von der absolution
59 Armseliger, s. FWb 3, Sp. 2082.
60 Sichtbare, s. Grimm, DWb 16, Sp. 747.
61 Röm 6,3.
gewissen bevelh Christi habenn. Gleich aber wie das
wort niemandt nützet, denn er glaube es unnd halte
sich mit festenn vertrawen dran, also sindt die sa-
crament auch nicht nütz, man tröste sich denn der-
selben und hoffe durch Christum vergebung der sün-
den. |31| Derhalb sollen die kirchenndiener und
pfarrhern nicht allein das volck zum brauch des hei-
ligen sacraments treyben, wie der bapst thun hat,
sonnder underrichten, wie sie sich des herrn Christi,
seines leidens unnd sterbens allein trösten sollen und
die heiligen sacrament achten als ein pfand schilling
oder ein sigill unnd versicherung solchs trosts oder
zusagung. Denn darumb sindt nit allein die sacra-
ment als zeichen da, sonder das wort oder die ver-
heissung ist in und bey solchen zeichen. Darumb
muß man auch sonnder achtung auffs wort haben
und demselben glaubenn.
Der irrthumb, das etliche leeren, es werde im
nachtmal des herrn nur brot und wein den christen
gereychet, ist leichtlich umbzustossen, denn die
wort Christi sind hell unnd klar, das er das brot
nimbt unnd spricht: Nembt hin unnd esset. Das ist
mein leib. Und den kelch und spricht: Trinckt alle
drauß. Das ist der kelch des newen testaments in
meinem blut62. Und Paulus, 1. Cor. 10 [16]: |32| Der
gesegnet kelch, welchen wir segnen, ist der nicht die
gemeinschafft des bluts Christi? Und das brot, das
wir brechenn, ist das nicht die gemeinschafft des
leibs Christi? Das ist, wenn uns im nachtmal der leib
und das blut Christi gereycht wirdt, da werden wir
ein leib mit Christo, sintemal wir seinen leib und
sein blut essen und trincken. Item 1. Cor. XI [27]:
Wer unwirdig von disem brot ißt oder von dem
kelch des herren trincket, der ist schuldig an dem
leib und blut Christi, das ist, er versündiget sich an
dem leib unnd blut Christi und nit an dem brot und
wein. Wie köndt aber solches sein, so der leyb und
das blut Christi nicht da wer, sonder es allein brot
und wein wer?
Derhalb sol man an dem fest und gewiß haltenn,
das, wie Christus sagt, seyn leyb und sein blut ge-
essen und getruncken werd, wenn man das geseg-
62 Kurzform der Einsetzungsworte aus Mt 26,26-28; Mk
14,22-24; Lk 22,19-20; 1Kor 11,23-25.
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