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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Dörner, Gerald [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0482
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Straßburg

44. Weisung des Magistrats an den Kirchenkonvent wegen strittiger Fragena
13. Juli 1562
Erkantnuß unser meyster, raths unnd der Ein und zwentzig, so durch unsere verordnete, die vösten und
fürnemen herr Wolff Sigmund Wurmser, stett-1, und h[err] Hans Hämerern, alten ameyster2,
einem ersamen kürchenconvent fürgehalten werden soll

Namblich sollen sie inen vermelden unnd antzaigen,
wir zweiffleten nicht, es werden beyde pfarrhern
unnd helffer noch wol eingedenck sein, wes wir inen
den sibenden Maii jüngst verschinen 61. jars (be-
neben3 der antzaig, das wir die beyde kürchen, das
Münster unnd Jungen S. Peter, zu verrichtung des
wahren gottes diensts wider offnen wollten4) fürhall-
ten unnd bevelhen laßen, namblich, das sie sich inn
irem predigen aller christenlichen moderation be-
fleißen unnd des scheltens anderer, frembder theo-
logen zu vermeydung unnottigen zanck unnd wider-
willens messigen etc. für eins.
Unnd für das ander, das sie hienfüro kein andern
convent, dann wie der vor jarn angericht unnd ge-

a Textvorlage (Handschrift): AMS 1 AST 75, Nr. 60
(S. 889-896). Auf der Vorderseite eines vorangestellten
Blattes (S. 887) findet sich die Inhaltsangabe: E. E.
Rhats vortrag an den kirchenconvent: 1. Das sie den
welschen pfarrer in ihren convent accipirn sollen; 2. Con-
ventum in praesentz der kirchenpfleger und professorum
haben; 3. Im predigen sich des schmähens und scheltens,
auch sonsten ohnnötigen gezäncks enthalten. Dort ist als
Datum der 15. Juli 1562 angegeben. Auf der Rückseite
eines hinten angefügten Blattes (S. 898) findet sich der
Eintrag: Mitwuch, den 15. Juli, den predigern im con-
vent furgelesen. 20. Juli vor mein herrn referiert. Aus
späterer Zeit stammen die Angaben: Postulata senatus:
1. Das sie den welschen pfarrhern unnd hern Conradum
Hubertum zu ihrem convent zulassen und davon nit
außschliessen solln bis uff eins raths fernern bescheidt;
2. Das sie den convent, wie von alters, in beisein der
kirchenpfleger unnd der schuhl professorum halten;
3. Und sich der cancel aller bescheidenheit gebrauchen,
ohnnötig gezencks geschweigen unnd sich der scharpfen
seheldtwort enthalten sollen.

1 Zum Stettmeister Wolf Sigmund Wurmser von Venden-
heim s. das Biogramm in Nr. 42, Anm. 3.

hallten worden inn beysein der verordneten kür-
chenpfleger, auch |890| des herrn rectorn5 unnd ett-
licher auß den schulen professorn, halten unnd ohne
derselben beysein nichts fürnemmen, vil weniger
schließen. Unnd wa es solliche sachen oder fell, die
die kürchenpfleger nit über sich nemmen, sonder zu-
ruck pringen wolten6, das sy es bey demselben wol-
ten verpleiben laßen unnd weitter nit fürschreitten,
alles, damit gutter frid, ruhe unnd eynigkeitt beider
inn der kürchen unnd schulen erhalten unnd alle
ding ordenlich unnd fridlich abgehandelt wurden.
So würden sy sich auch wol zuerinnern wißen, das,
gleich wie der streitt, so sich zwischen inen, den
pfarrhern, unnd doctori Zancho7 hielte8, an unsere

2 Zu Johannes Hammerer s. Nr. 42, Anm. 4.
3 Außer, s. FWb 3, Sp. 1277.
4 Zur Inbesitznahme des Münsters und von Jung St. Peter
für den evangelischen Gottesdienst im Mai 1561 auf den
Antrag der Prediger hin s. Nr. 42.
5 Gemeint ist der Rektor der Akademie (Johannes Sturm).
6 Vgl. dazu bereits die Ordnung der Kirchenpfleger vom
31. Oktober 1531 (in diesem Band Nr. 14), die eine Be-
handlung schwieriger oder strittiger Fragen vor der Ge-
samtheit der 21 Kirchenpfleger oder vor dem Rat vor-
sah.
' Girolamo Zanchi, *1516 in Alzano, † 1590 in Heidelberg,
Mitglied der regulierten Augustiner-Chorherren in Ber-
gamo und Lucca, begann, durch Petrus Martyr Vermigli
beeinflußt, in Lucca mit dem Studium der Schriften der
Reformatoren. Nach der Flucht aus Italien 1551 Aufent-
halt in Chiavenna und 1552 in Genf, wo er bei Calvin
Vorlesungen hörte. 1553 wurde er auf Empfehlung von
Johannes Sturm zum Prof. für Altes Testament am
Straßburger Gymnasium berufen. Wegen der Auseinan-
dersetzungen mit Marbach verließ Zanchi im November
1563 Straßburg und wurde Prediger in Chiavenna, dann
1567 Prof. in Heidelberg und, nach der Entlassung durch
Ludwig VI., im Frühjahr 1578 in Neustadt a. d. Haardt.

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