45. Entscheidung des Magistrats zur Konfession der Stadt
45. Entscheidung des Magistrats zur Konfession der Stadta
10. März 1563
αMitwuch, den zehenden Martii, hora septima,
referiert herr Carlo Mieg1: Es wisten sich meine her-
ren zuberichten, das inn dem spann, sich zwischen
Zancho2 und dem capittel zu S. Thoman an ei-
nem3 unnd den kirchen dienern [am anderen] hal-
tend, auch dieser mit angefallen, das das capittel
gemelt, meine hern seyn von irer confession, die sie
mit andern dreien stetten, nie abgewichen4, dagegen
die kirchen diener darauff bestanden, das mein hern
von irer confession abgefallen und zu der fursten
confession5 geschritten, wie dann D. Marpach uff
Johannis jungst deshalb ein schrifft ubergeben unnd
inn der selben gebetten, das sich meine hern derhal-
ben ercleren wollten6. Es haben aber meine hern
dazu mal nicht fur gut angesehenn. Yetzo aber sey
es vonn der fürssten gesanten wider erregt wor-
α Confession der 4 Stetten.
a Textvorlage (Handschrift): AMS 1 R 26 (Ratsprotokolle
1563), Bl. 75.
b Gestr.: anno ein unnd sechtzig.
1 Carl Mieg (Mueg) d. J., * 1521 als Sohn des gleichna-
migen Ratsherren, † 14. März 1572, war von 1551 bis
1572 Oberherr der Tucherzunft. Von 1552 bis 1557 ge-
hörte er dem Kollegium der XV an und von 1558 bis zu
seinem Tod dem Kollegium der XIII. In den Jahren
1558, 1564 und 1570 bekleidete er das Amt des Am-
meisters. Als Scholarch (1552-1572) war er an der Aus-
arbeitung der Statuten der Straßburger Akademie maß-
geblich beteiligt. Marbach besaß in Mieg einen wichti-
gen Unterstützer im städtischen Regiment. Vgl. Hatt,
Liste, S. 624 und 665; Brady, Ruling Class, Nr. LXII;
Schindling, Hochschule, S. 35, 83, 120-124, 129-131
und 135-137.
2 Zum italienischen Theologen Girolamo Zanchi s. das
Biogramm in Nr. 44, Anm. 7.
3 Der Rektor Johannes Sturm und die Professoren des
Gymnasiums, die Zanchi unterstützten (s. Nr. 44,
Anm. 13), besaßen Pfründen am Thomasstift.
4 Gemeint ist die Confessio Tetrapolitana (Edition in
Bucer, Deutsche Schriften 3, S. 13-185), die 1530 ne-
ben Straßburg von den Städten Konstanz, Memmingen
und Lindau unterzeichnet worden war.
denn7 unnd woll von noten seyn, das sye sich der-
halben ercleren und lauter vernemmen lassen, was
sye fur die Augspurgisch confession halten.
Erkannt, waver8 die furstlich gesanten bey den ver-
ordnetten weiter umb declaration ansuchen werden,
sollen sye inen anzeigen, es hett meine hern anno 61
der chur- unnd fursten confessionb unnderschriben
unnd inn dem selben inen nichts dann die ceremo-
nien halben irem gebrauch vorbehalten9. Bey dem
selben weren sye bisher pliben unnd gedechten auch
weiter dabey zupleiben, desglich auch der concordi,
so anno 36 zwischen Lutero und meiner hern und
ander oberlendischer praedicanten des heiligen
abentmals halben gemacht10. Unnd soll man meiner
hern oder der vier stett [confession], wie mans nent,
nit gedencken, dieselbe weder loben noch schelten.
5 Mit der fursten confession wird hier die Confessio Augu-
stana von 1530 (BSLK, S. 31-137) bezeichnet. In der
Kirchenordnung von 1598 (z.B. S. 537 u.ö.) und an an-
derer Stelle ist jeweils ausführlicher die Rede von der
Chur- und Fürstlichen (Augspurgischen) Confession. Mit
dieser Bezeichnung sollte jegliche Verwechslung mit der
Confessio Tetrapolitana vermieden werden, die von Jo-
hannes Sturm, Konrad Hubert und anderen in der Aus-
einandersetzung mit Marbach gern als (unsere) Augs-
purgische confession bezeichnet wurde.
6 Zur Eingabe Marbachs und des Kirchenkonvents vom
24. Juni 1562 s. Nr. 44, Anm. 13.
7 Zur Vermittlung des Streits zwischen den beiden Partei-
en waren die Theologen Jakob Andreä aus Württemberg
und Konrad Flinsbach aus Pfalz-Zweibrücken sowie die
Basler Simon Sulzer und Ulrich Coccius nach Straßburg
entsandt worden, s. die entsprechenden Biogramme in
Nr. 46, Anm. 47-50. Zu erregt worden - geltend gemacht
worden s. DRW 3, Sp. 266.
8 Wenn etwa, s. Grimm, DWb 30, Sp. 972 (s.v. wofern).
9 Zum Naumburger Fürstentag von 1561 und der Neu-
unterzeichnung der Confessio Augustana s. Nr. 61,
S. 571f. mit Anm. 163.
10 Zur Wittenberger Konkordie von 1536, in der neben dem
Abendmahl auch die Taufe und die Absolution behandelt
werden, s. Nr. 61, S. 558-561.
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45. Entscheidung des Magistrats zur Konfession der Stadta
10. März 1563
αMitwuch, den zehenden Martii, hora septima,
referiert herr Carlo Mieg1: Es wisten sich meine her-
ren zuberichten, das inn dem spann, sich zwischen
Zancho2 und dem capittel zu S. Thoman an ei-
nem3 unnd den kirchen dienern [am anderen] hal-
tend, auch dieser mit angefallen, das das capittel
gemelt, meine hern seyn von irer confession, die sie
mit andern dreien stetten, nie abgewichen4, dagegen
die kirchen diener darauff bestanden, das mein hern
von irer confession abgefallen und zu der fursten
confession5 geschritten, wie dann D. Marpach uff
Johannis jungst deshalb ein schrifft ubergeben unnd
inn der selben gebetten, das sich meine hern derhal-
ben ercleren wollten6. Es haben aber meine hern
dazu mal nicht fur gut angesehenn. Yetzo aber sey
es vonn der fürssten gesanten wider erregt wor-
α Confession der 4 Stetten.
a Textvorlage (Handschrift): AMS 1 R 26 (Ratsprotokolle
1563), Bl. 75.
b Gestr.: anno ein unnd sechtzig.
1 Carl Mieg (Mueg) d. J., * 1521 als Sohn des gleichna-
migen Ratsherren, † 14. März 1572, war von 1551 bis
1572 Oberherr der Tucherzunft. Von 1552 bis 1557 ge-
hörte er dem Kollegium der XV an und von 1558 bis zu
seinem Tod dem Kollegium der XIII. In den Jahren
1558, 1564 und 1570 bekleidete er das Amt des Am-
meisters. Als Scholarch (1552-1572) war er an der Aus-
arbeitung der Statuten der Straßburger Akademie maß-
geblich beteiligt. Marbach besaß in Mieg einen wichti-
gen Unterstützer im städtischen Regiment. Vgl. Hatt,
Liste, S. 624 und 665; Brady, Ruling Class, Nr. LXII;
Schindling, Hochschule, S. 35, 83, 120-124, 129-131
und 135-137.
2 Zum italienischen Theologen Girolamo Zanchi s. das
Biogramm in Nr. 44, Anm. 7.
3 Der Rektor Johannes Sturm und die Professoren des
Gymnasiums, die Zanchi unterstützten (s. Nr. 44,
Anm. 13), besaßen Pfründen am Thomasstift.
4 Gemeint ist die Confessio Tetrapolitana (Edition in
Bucer, Deutsche Schriften 3, S. 13-185), die 1530 ne-
ben Straßburg von den Städten Konstanz, Memmingen
und Lindau unterzeichnet worden war.
denn7 unnd woll von noten seyn, das sye sich der-
halben ercleren und lauter vernemmen lassen, was
sye fur die Augspurgisch confession halten.
Erkannt, waver8 die furstlich gesanten bey den ver-
ordnetten weiter umb declaration ansuchen werden,
sollen sye inen anzeigen, es hett meine hern anno 61
der chur- unnd fursten confessionb unnderschriben
unnd inn dem selben inen nichts dann die ceremo-
nien halben irem gebrauch vorbehalten9. Bey dem
selben weren sye bisher pliben unnd gedechten auch
weiter dabey zupleiben, desglich auch der concordi,
so anno 36 zwischen Lutero und meiner hern und
ander oberlendischer praedicanten des heiligen
abentmals halben gemacht10. Unnd soll man meiner
hern oder der vier stett [confession], wie mans nent,
nit gedencken, dieselbe weder loben noch schelten.
5 Mit der fursten confession wird hier die Confessio Augu-
stana von 1530 (BSLK, S. 31-137) bezeichnet. In der
Kirchenordnung von 1598 (z.B. S. 537 u.ö.) und an an-
derer Stelle ist jeweils ausführlicher die Rede von der
Chur- und Fürstlichen (Augspurgischen) Confession. Mit
dieser Bezeichnung sollte jegliche Verwechslung mit der
Confessio Tetrapolitana vermieden werden, die von Jo-
hannes Sturm, Konrad Hubert und anderen in der Aus-
einandersetzung mit Marbach gern als (unsere) Augs-
purgische confession bezeichnet wurde.
6 Zur Eingabe Marbachs und des Kirchenkonvents vom
24. Juni 1562 s. Nr. 44, Anm. 13.
7 Zur Vermittlung des Streits zwischen den beiden Partei-
en waren die Theologen Jakob Andreä aus Württemberg
und Konrad Flinsbach aus Pfalz-Zweibrücken sowie die
Basler Simon Sulzer und Ulrich Coccius nach Straßburg
entsandt worden, s. die entsprechenden Biogramme in
Nr. 46, Anm. 47-50. Zu erregt worden - geltend gemacht
worden s. DRW 3, Sp. 266.
8 Wenn etwa, s. Grimm, DWb 30, Sp. 972 (s.v. wofern).
9 Zum Naumburger Fürstentag von 1561 und der Neu-
unterzeichnung der Confessio Augustana s. Nr. 61,
S. 571f. mit Anm. 163.
10 Zur Wittenberger Konkordie von 1536, in der neben dem
Abendmahl auch die Taufe und die Absolution behandelt
werden, s. Nr. 61, S. 558-561.
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