63. Verfügung des Magistrats zu den Predigten bei Begräbnissen
63. Verfügung des Magistrats zu den Predigten bei Begräbnissena
29. April 1609
1609, 29. Aprilis. Die leichpredigten belangendt
Als vonb uns, dem rhat, und unsernn mitrhats
freünden, den XXI, durch verordnete unsers mit-
tels1 etlichen unsers alhieigen kürchen convents die
erinnerung2 beschehen, warumb derselb zweyer
abgestorbener verburgerter personen ehrlicher
freündtschafft die begerte leichtpredigten [sic] abge-
schlagen undt verwegert habe, cuns deßelben ent-
schuldigung, bericht und motiven schrifftlichen
uberreicht wordenc, wir aberd nach vleißiger erwe-
gung undt gehaptem reiffen bedacht solche, noch ei-
nige andere, der wichtigkeit3 nicht befunden, das
darumben bey der jenigen personen leichgengen und
begrebnußen, die inn ihrem leben nicht durchauß4
und in allen articuln unserer religion und confession
zugethan gewesen, den uberlebenden hochbekhüm-
merten efreunden, verwandten und christlichen zu-
hörerne keine predigten gehalten werden sollen,
dernhalben erkandt: Weil solche leichtpredigten an
ihnen selbst umb der zuhörer willen Gott wohlgefel-
a Textvorlage A (Handschrift): AMS 1 AST 81, Nr. 13
(Bl. 48-49). Reinschrift mit Siegel. Eintrag auf dem Um-
schlag: Decretum unserer herren, meisters, rhats und
XXI, wegen der leichtpredigten. 29ter Aprilis 1609.
Textvorlage B (Handschrift): AMS 1 AST 81, Nr. 14
(Bl. 50). Die Passage: Das hinfüro unsere pfarrer [...] ab-
schlagen noch verweigern, ist durch eine andere Schrift
hervorgehoben.
b Fehlt in B.
c-c Fehlt in B.
d B: auch.
e-e B. freünden unnd verwandten, auch christlichen zuhö-
rern.
1 Aus unserer Mitte, s. Grimm, DWb 12, Sp. 2407f.
2 Hier: ermahnende Anfrage, zu erinnerung = Ermahnung
s. Grimm, DWb 3, Sp.,860.
3 Als nicht gewichtig, bedeutsam, s. Grimm, DWb 29,
Sp. 834f.
lig, christlich, ehrlich und nutzlich, |48v| auch dem
buchstablichem inhalt unserer kürchen ordnung
nicht entgegen, sonder vilmehr gantz ähnlich und
gemeß, das hienfüero unsere pfarrer und kürchendie-
ner umb ungleicheit der religion willen eines verstor-
benen hinderlaßenen ehrlichen freünden und ver-
wandten, so darumb ansuchen, eine christliche, Gott
wohlgeföllige, ehrliche und aufferbauwliche leich-
predigt, den bekhümmerten und leidigen5 zu trost,
andern zuhörern aber zur lehr, erinnerung und
beßerung auß Gottes heiligem wortt, zuthun, nicht
abschlagen noch verwegern6.
Jedoch, wann solche personen und leichten begraben
werden, die bey gesundtem verstandt also gottloß
und unchristlich gestorben, das ihnen, andern zu ei-
nem exempel, khein leichtpredigt zuhalten, uff sol-
chen fall, gleich wie vermög unserer kürchen ord-
nung die helffer ihre pfarrer7, also auch die pfarrer
4 Gänzlich, s. Grimm, DWb 2, Sp. 1583f.
5 Leidtragenden, Betrübten, s. Grimm, DWb 12, Sp. 675.
6 Das Begräbnis und die sogenannten Leichenpredigten
werden im Kapitel XI der Kirchenordnung von 1598 be-
handelt: Die Predigt soll den Tod und die Auferstehung
zum Thema haben und zu Unterricht und Trost der Hin-
terbliebenen dienen. Am Ende der Predigt soll der ver-
storbenen Person gedacht werden, wobei lediglich vor
übermäßigem Loben und Rühmen gewarnt wird. Ein
möglicher Ausschluß bestimmter Personen (vor allem re-
formierter Gläubiger) wird an dieser Stelle in der Kir-
chenordnung nicht in Betracht gezogen (Nr. 61, S. 655).
Vgl. dazu aber die folgende Anmerkung.
7 Diese Anweisung findet sich in der Kirchenordnung von
1598 im Abschnitt über die Helfer und ihre Pflichten
(Nr. 61, S. 667): Für sechste, Diejenigen, die christlich im
Herren entschlaffen, sollen sie unbeschwerdt die Leichpre-
digten thun, die anders beschaffen, derselben halben ihre
Pfarrer rath fragen.
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63. Verfügung des Magistrats zu den Predigten bei Begräbnissena
29. April 1609
1609, 29. Aprilis. Die leichpredigten belangendt
Als vonb uns, dem rhat, und unsernn mitrhats
freünden, den XXI, durch verordnete unsers mit-
tels1 etlichen unsers alhieigen kürchen convents die
erinnerung2 beschehen, warumb derselb zweyer
abgestorbener verburgerter personen ehrlicher
freündtschafft die begerte leichtpredigten [sic] abge-
schlagen undt verwegert habe, cuns deßelben ent-
schuldigung, bericht und motiven schrifftlichen
uberreicht wordenc, wir aberd nach vleißiger erwe-
gung undt gehaptem reiffen bedacht solche, noch ei-
nige andere, der wichtigkeit3 nicht befunden, das
darumben bey der jenigen personen leichgengen und
begrebnußen, die inn ihrem leben nicht durchauß4
und in allen articuln unserer religion und confession
zugethan gewesen, den uberlebenden hochbekhüm-
merten efreunden, verwandten und christlichen zu-
hörerne keine predigten gehalten werden sollen,
dernhalben erkandt: Weil solche leichtpredigten an
ihnen selbst umb der zuhörer willen Gott wohlgefel-
a Textvorlage A (Handschrift): AMS 1 AST 81, Nr. 13
(Bl. 48-49). Reinschrift mit Siegel. Eintrag auf dem Um-
schlag: Decretum unserer herren, meisters, rhats und
XXI, wegen der leichtpredigten. 29ter Aprilis 1609.
Textvorlage B (Handschrift): AMS 1 AST 81, Nr. 14
(Bl. 50). Die Passage: Das hinfüro unsere pfarrer [...] ab-
schlagen noch verweigern, ist durch eine andere Schrift
hervorgehoben.
b Fehlt in B.
c-c Fehlt in B.
d B: auch.
e-e B. freünden unnd verwandten, auch christlichen zuhö-
rern.
1 Aus unserer Mitte, s. Grimm, DWb 12, Sp. 2407f.
2 Hier: ermahnende Anfrage, zu erinnerung = Ermahnung
s. Grimm, DWb 3, Sp.,860.
3 Als nicht gewichtig, bedeutsam, s. Grimm, DWb 29,
Sp. 834f.
lig, christlich, ehrlich und nutzlich, |48v| auch dem
buchstablichem inhalt unserer kürchen ordnung
nicht entgegen, sonder vilmehr gantz ähnlich und
gemeß, das hienfüero unsere pfarrer und kürchendie-
ner umb ungleicheit der religion willen eines verstor-
benen hinderlaßenen ehrlichen freünden und ver-
wandten, so darumb ansuchen, eine christliche, Gott
wohlgeföllige, ehrliche und aufferbauwliche leich-
predigt, den bekhümmerten und leidigen5 zu trost,
andern zuhörern aber zur lehr, erinnerung und
beßerung auß Gottes heiligem wortt, zuthun, nicht
abschlagen noch verwegern6.
Jedoch, wann solche personen und leichten begraben
werden, die bey gesundtem verstandt also gottloß
und unchristlich gestorben, das ihnen, andern zu ei-
nem exempel, khein leichtpredigt zuhalten, uff sol-
chen fall, gleich wie vermög unserer kürchen ord-
nung die helffer ihre pfarrer7, also auch die pfarrer
4 Gänzlich, s. Grimm, DWb 2, Sp. 1583f.
5 Leidtragenden, Betrübten, s. Grimm, DWb 12, Sp. 675.
6 Das Begräbnis und die sogenannten Leichenpredigten
werden im Kapitel XI der Kirchenordnung von 1598 be-
handelt: Die Predigt soll den Tod und die Auferstehung
zum Thema haben und zu Unterricht und Trost der Hin-
terbliebenen dienen. Am Ende der Predigt soll der ver-
storbenen Person gedacht werden, wobei lediglich vor
übermäßigem Loben und Rühmen gewarnt wird. Ein
möglicher Ausschluß bestimmter Personen (vor allem re-
formierter Gläubiger) wird an dieser Stelle in der Kir-
chenordnung nicht in Betracht gezogen (Nr. 61, S. 655).
Vgl. dazu aber die folgende Anmerkung.
7 Diese Anweisung findet sich in der Kirchenordnung von
1598 im Abschnitt über die Helfer und ihre Pflichten
(Nr. 61, S. 667): Für sechste, Diejenigen, die christlich im
Herren entschlaffen, sollen sie unbeschwerdt die Leichpre-
digten thun, die anders beschaffen, derselben halben ihre
Pfarrer rath fragen.
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