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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0492
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Straßburg

47. Mandat zu den großen und kleinen Bettagena
11. Oktober 1564

Wegen der bettag, so woch- und monatligen alhie soll gehalten werden

Es hatt ein ersamer, löblicher magistrat und ober-
keyt diser statt vor etlichen verschinen jaren der
damalen eingerißner unnd seither vast1 immerweh-
render gefarlicher und sorglicher zeit und leuff,
kriegs und anderer mehr ubels halber, welches der
allmechtig Gott sonder zweiffel umb unser sunden
willen zu wolverdienter straff uber unß verhenckt,
auß christlichem, guthertzigemb eiffer und getreu-
wer, vätterlicher wolmeinung gegen iren burgern fur
rathsam und nothwendig angesehen, statuirt, geord-
net und erkandt, daß neben dem sibenden tag, den
Gott, der allmechtig, selbst ingesetzt und seinem
volck gebotten zufeyren, daß ist, von allen zeitli-
chen geschefften und wercken abzustehn und ime
allein zu dienen2, alle monat uff den Zinstag3 in allen
pfarren ein predig göttlichs worts zu halten, dahin
sich meniglich, unverhindertc anderer geschefft, ver-
fuegen unnd in gemeiner versamlung Gott, den all-
mechtigen, mit demuthigem hertzen, auch wahrer
rew und buß seiner sünden umb verzeihung unserer
missethat unnd |238v| nachlassung seiner straff an-
ruffen und bitten, daß auch neben demselben wo-
chenlich im Münster auch uff den Zinstag ein son-
derliche ernstliche vermanung zum gebett gehalten,
bey dem sich menglich, der es geschickhen4 kan, fin-
den unnd gleicher gestallt mit rheumitigem hertzen
und rechtem gleuben umb das gemein anligen der

a Textvorlage (Handschrift): AMS 1 AST 80, Nr. 61
(Bl. 238r-240v). Eintrag unter dem Text: S[imon] Emp-
finger subscripsit. Weitere Handschrift: AMS 1 MR 18,
Bl. 26r-28r (alte Zählung), S. 30-34 (neue Zählung).
Entwurf mit zahlreichen Streichungen.
b Erg. am Rand.
c Erg. am Rand.

1 Beinahe.
2 Vgl. 2Mos 20,8-11 und 31,13-17.
3 Dienstag.

christenheyt und sonderlich diser statt anruffen und
bitten solt, alls daß einig mittel, dardurch wir arme
sundige menschen bey Gott, unserm himmelischen
Vatter, durch den unaußsprechlichen verdienst un-
sers Herren und einichen erlösers Jehsu Christi,
gnad und barmhertzikeyt erlangen mögen, und daß
uff solche monatliche unnd, wie mans nennet, grosse
bettag den morgen, so lang der Gottesdinst wehret,
alle zeitliche arbeit eingestellet, auch alle offne gä-
den5, krähm6 und werckstatt zugehalten werden sol-
len, wie dan dasselbig ein zeitlang gehalten worden.
Weil aber, wie der welt geprauch, daß sie in göttli-
chen sachen bald leb7 würt und erkal- |239r| tet, das-
selbig wider in etwas unordnung unnd abgang
khommen, unangesehen der noch vor augen schwe-
benden schweren straff Gottes, nicht allein die ver-
gangne zeit der geweßne teuwrung8, sonder auch jet-
zige gefahrliche sterbenden leuff9, da ein jeder christ
für sich selbst billich zu gemüt und hertzen füren,
sich vor dem angesicht Gottes demütigen unnd mit
wahrer rew und buß zu Gott ruffen und umb ver-
zeihung unserer sünden und nachlassung seiner
gleichwol unserthalben wolverdienter straff bitten
solt, weil aber, wie gemeldet, vil in dem etwas leb
und fahrlessig, so haben unsere herren meister und
rath und die herren XXI nicht underlassen wöllen,

4 Einrichten, s. FWb 6, Sp. 1281f.
5 Kaufläden, -buden, s. FWb 6, Sp. 24f.
6 Warenauslagen, Läden, s. Wb. d. elsäss. Mundarten 1,
S. 517
7 Lau, s. Schmidt, Wb. Straßburger Mundart, S. 65f.
8 Vgl. Saladin, Chronik, S. 384 und 386.
9 Vgl. dazu das in Saladin, Chronik, S. 390 abgedruckte
„Statut [...] der leichpredigten“, welches vorsah, daß die
Pfarrer und Helfer wegen der großen Anzahl von Toten
durch die Pest bei den Begräbnissen von Studenten ent-
lastet werden sollten.

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