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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Dörner, Gerald [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0547
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59. Ehegerichtsordnung

59. Ehegerichtsordnunga
25. Juni 1589
Verzeichnuß der stadt Straßburg ehegerichts von unsern herren räth und XXI neu erläutert und
verbesserter ordnung, puncten und articul

Unsere herren, meister und rath und die Ein und
zwantzig, haben aus beweglichen ursachen, auch
ihren burgern, einwohnern und angehörigen zu
fürstand1 und gut und fürnemlich damit die ehre
Gottes gefürdert und geschwind2 und unbillige prac-
tiquen, auch gefährliche fürnehmen3 zwischen den
eheleuten und in händlen, die ehe betreffend, abge-
stellt und verhütet, verordnet und erkannt, daß hin-
fürter sieben persohnen, darunter fünf des stehen-
den regiments4 und zween aus den räthen, sollen
verordnet werden, welche alle ehesachen, so irrig
und spännig händel anzeigen würden, gerichtlich
verhören und in den selbigen nach verhör aller noth-
durft, wie recht und Gottes geheiß ist, entscheid ge-
ben sollen. Unter welchen sieben verordneten |349|
eherichtern soll einer des stehenden regiments zu ei-
nem meister gekosen5 werden, der den andern zu ge-
bieten und, so sie sitzen6, die frag7und alles, was
einem richter zu thun gebührt, macht haben soll zu
handlen. Und soll eines solchen richters oder mei-
sters amt zu zweyen jahren von neuem besetzt und
ein anderer darein gekosen werden, so dahin mag
tauglich seyn, es seye der abgehend oder ein ande-
rer, je nach dem unsere herren, meister und rath, für

a Textvorlage (Handschrift): AMS 1 R 37, S. 348-359.
Weitere Abschrift: Arch. Depart. du Bas-Rhin 1 G 371.
Nach Wendel unterscheidet sich diese nur wenig vom
Text in AMS 1 R 37. Abdruck: Wendel, Mariage,
S. 202-208 (es fehlt der Abschnitt „Die unterhaltung der
eherichter und des schreibers besoldung“).
b Hs.: zu beschicken.

1 Förderung, s. Grimm, DWb 4, Sp. 852.
2 Betrügerische, s. Grimm, DRW 5, Sp. 3998.
3 Pläne, Absichten.
4 Gemeint sind Mitglieder der Stuben der XIII und der
XV; in der Regel kamen drei der fünf Richter aus den
XIII und zwei aus den XV, s. Crämer, Verfassung,
S. 69.

gut ansiehet. Sodann sollen von den andern sechsen
alle jahr drey abgehen und an ihr statt aus dem
stehnden regiment oder dem rath, wie dann die ab-
gehnden gewesen sind, verordnet werden, also daß
ein jeder zwey jahr in solchem befehl8 seyn soll.
Es sollen auch dieselben eherichter macht und ge-
walt haben, so ihnen ein handel fürfällt, darinnen sie
raths bedürftig, daß sie einen oder zween aus den
praedicanten, so der geschrift am besten erfahren
seynd, beschickenb9 und ihnen den handel fürhalten
und ihren rath darüber begehren und hören10, auff
daß sie sich in ihrem sprechen |350| deren rechten
und gottlicher geschrift halten und darinn handeln
mögen.
Es sollen auch die eherichter bey ihren eyden, so sie
geschworen, kein mueth oder schenck11 von nie-
mand nehmen (wie dann im rath auch verbotten),
dadurch sie bewegt möchten werden, einem theil
mehr dann dem andern anzuhangen und zu willfah-
ren. Es soll auch keiner der verordneten herren die-
ser händel halb ein gesonderte red oder gespräch mit
solchen persohnen haben, so allda vor ihnen dieser

5 Gewählt, s. Grimm, DWb 11, Sp. 694f. (s.v. kiesen).
6 Zu Gericht sitzen.
7 Befragung, Verhör.
8 Amt, s. FWb 3, Sp. 460.
9 Herbeirufen, s. FWb 3, Sp. 1675f.
10 Zur Gutachtertätigkeit der Prädikanten in Fragen von
Ehe, Scheidung und Wiederverheiratung s. die Einlei-
tung zu Nr. 11, S. 48 sowie Bucer, Deutsche Schrif-
ten 10 (Schriften zu Ehe und Eherecht) mit zahlreichen
Beispielen.
11 Gaben und Geschenke zur Bestechung, s. DRW 9,
Sp. 614 und DRW 4, Sp. 436 (s.v. geschenk).

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