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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0183
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6. Mandat gegen die Täufer

6. Mandat gegen die Täufera
27. Juli 1527

Wir, Jacob Sturm, der Meister1, und der Rathe zu
Straßburg, thun khundt: Nach dem sich diser zeit
zu verhinderung und abwendung des göttlichen be-
velchs vil Secten und irriger leere erheben und ereü-
gen2, und nämlichen mit ettlichen personen, die wi-
derteüffer genant, so under irem schein vor andern
Christen ein fromm leben zufüren für geben, Aber
dobey zuwider aller göttlicher und Evangelischer
geschrifft die oberkeit, so den guten zu schutz und
den bösen zur straff von Gott ingesetzt3, Christlich
zusein ballein nitb bekennen, sonder auch darneben
ettliche ungegründte, böse fürnemen4 entgegen den
Artickeln, so zu underhaltung gemeins nutzes, lieb,
frid und einigkeit dienstlich uffgesetzt und von Gott
zuthun nit verbotten sindt, fürhaben und als zer-
trenner und beleydiger eins Christlichen und einhel-

a Textvorlage (Einblattdruck): AMS 1 MR 4, Bl. 86 (alte
Zählung), S. 107 (neue Zählung). Handschriftlich ist auf
dem Blatt eingetragen: Unnser herrn meister unnd rath
haben erkanth, obangeregt vor ußgangen mandat wider
zuernewern. Wollen und gebieten auch allen irn burgern,
angehorigen unnd verwannten in stat unnd lannd, die-
sem irm gebot seins inhalts bei vermeidung swerer straf
gehorsamlich zugeleben. Des wiß sich meniglich zuhal-
ten. Actum Samstags, den XXIIII. Septembris, anno
etc. XXX. Weitere Exemplare des Drucks: AMS 1 AST
76, Nr. 1; AMS AA 399, Nr. 6, und BNU R 22 (19).
Handschrift: AMS 1 MR 29, Bl. 97 (Kanzleivorlage für
den Drucker). Das Mandat wurde aufgenommen in die
Disziplinarordnung von 1535, Bl. B 3v-4r (Titel dort im
Inhaltsverzeichnis: Mandat, das sich die Burger der Sec-
ten unnd fürnemlich der Widertäuffer entschlahen sol-
len) und in die Kirchenordnung von 1598, S. 324f.
(Überschrift: Mandat wider die Widerteuffer). Abdruck:
Röhrich, Mittheilungen 1, S. 255f. (nach der Diszi-
plinarordnung); QGT Elsaß 1, Nr. 92, S. 122f.
b-b KO 1598: nit allein nit.
c KO 1598: heiligen.

1 Jakob Sturm, * 10. August 1489 in Straßburg, † 30. Ok-
tober 1553 ebendort. Studium in Heidelberg (1501-04)
und Freiburg i. Br. (1505-09), danach Aufenthalt in

ligenc wesens uff iren hartnickigen köpffen beharren
unnd keiner underwysung sich settigen5 wöllen las-
sen, Dwil nun uns als einer fürgesetzten oberkeit
solichem ungegründten, sträflichen inrissendem
handel von Gott und ampts halb vor zusein gebürt,
zympt und bevolen ist, Dem nach so gepieten wir
mit hohem ernst allen unnd yeden unsern Burgernn,
hindersossen, angehörigen und verwandten, Geistli-
chen und weltlichen, in Stadt und lande, das sy sich
sollicher irrigen unnd der heiligen geschrifft wider-
wertigen verfüerung verhieten6, der widerteüffer
oder irer anhenger sich entschlagen, deren einen
noch keinen bey inen husen, herbergen, etzen7 oder
trencken noch underschleyff8 geben, Sonder die sel-
bigen, alß so irs irrigen synns nit gestrafft oder un-
derwysen wöllen werden, abwysen. Dann welcher

Straßburg, wo er sich der von Jakob Wimpfeling und
Sebastian Brant geprägten humanistischen Sodalitas
litteraria anschloß. 1517-21 Sekretär und Bibliothekar
des Pfalzgrafen und Straßburger Dompropstes Heinrich
von Wittelsbach. Nach der Hinwendung zur Reforma-
tion Aufgabe des geistlichen Standes, Heirat und Ein-
tritt in den Rat der Heimatstadt. 1524 Mitglied des Kol-
legiums der XV, 1526 des für die Außenpolitik zustän-
digen Gremiums der XIII, ab 1527 mehrfach Stettmei-
ster. Sturm vertrat die Stadt auf zahlreichen Reichsta-
gen (u.a. 1530 in Augsburg) und auf den Tagungen des
Schmalkaldischen Bundes, bei dessen Zustandekommen
er eine wichtige Rolle gespielt hatte. Aufgrund seiner
Prägung durch den Humanismus zählte Sturm als Schol-
arch zu den wichtigsten Förderern des Straßburger
Schulwesens. Vgl. RGG4 7, Sp. 1807f; BBKL 11,
Sp. 141-145; GK 5, S. 289-306; Brady, Gott und
Mammon, passim.
2 Offenbar werden.
3 Vgl. 1Petr 2,13-14.
4 Vorhaben, Pläne.
5 Sich genügen lassen.
6 Sich hüten vor, s. Grimm, DWb 25, Sp. 594.
7 Jemandem zu essen geben, s. FWb 2, Sp. 290f.
8 Unterschlupf gewähren, s. Grimm, DWb 24, Sp. 1790.

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