Straßburg
65a. Anordnung des Magistrats zur Feier des Reformationsjubiläums1
15. Oktober 1617
Decretum eines ehrsamen unnd wolweisen raths wegen celebrirung des jubelfestes in der kirchen zu
Straßburg anno 1617
Unsere gnedige herren räth unndt Ein unndt
zwaintzig haben der lenge nach an- unndt abge-
hört1, auch seithero in reiffe berathschlagung unndt
deliberation gezogen, waß ein ehrwürdiger kirchen
convent alhier wegen deß vorhabenden christlichen
jubilaei auff empfangenen bevelch bedacht unndt
umb besserer nachrichtung willen schrifftlich uber-
geben. Die laßen ihnen solhen uberreichten unver-
greiflichen2 rathschlag, sovil die celebrirung dises
festes in der statt anlangt, durchauß gantz und wol
gefallen unndt haben darüber einhelliglich erkant,
daß vorberürt jubilaeum deß kirchen convents gut-
achten gemäß hochfeyerlich gehalten werden soll,
wollen sich auch darneben versehen3, es werden die
pfarrer sonderlich auff den Sambstag Omnium sanc-
torum4 bei verrichtung der amptpredigt5 die histo-
riam christianae reformationis den zuhörern nach
notturfft6 vortragen, damit menniglich das große
wunderwerckh der evangelischen reformation umb
desto besser unnd füglicher begreiffen, zugleich aber
die fürtreffliche gaben unnd großmütigkeit weilandt
herren D. Lutheri alß des werckzeugs Gottes zu
sampt der gefehrligkeit damahligen schweren zeiten
unndt demnach erfolgter göttlicher liberirung unnd
conservation erkennen unndt ins gemein die für-
nembsten geschichten, wie sich dieselbe diese hun-
a Textvorlage (Handschrift): AMS 1 AST 173 (Varia eccl.
VIII), Bl. 410r-411r. Das Mandat ist unterzeichnet:
Cantzley der statt Straßburg handtschrifft. Ein Entwurf
mit zahlreichen Streichungen findet sich in AMS 1 AST
81, Nr. 38 (Bl. 101r-104r).
1 Angehört und überprüft, s. FWb 1, Sp. 1243 und 174.
2 Ohne einer Entscheidung vorzugreifen, s. Grimm, DWb
24, Sp. 2041.
3 Sich versehen = etwas erwarten, s. Grimm, DWb 25,
Sp. 1237 und 1247.
4 1. November.
dert verflossene jahr uber verloffen, auff die heutige
gefahrliche zeiten unnd leüffen tröstlich appliciren
lernen mögen. |410v|
Auff daß auch dises fest mit besserer andacht gefey-
ert unndt der einfeltige man der eigentlichen inten-
tion solhes jubilaei wol berichtet unndt informiert
werdte, so soll zwar Sontags, am 26. huius, diese
festivitet krafft eines ehrwürdigen kirchen convents
überreichten bedenckhens von den cantzlen verkün-
diget werdten, daneben aber soll auch erinne-
rung7 geschehen, daß menniglich seine gäden8 unndt
werckhstatt, gleich wie an hohen festen zugeschehen
pfleget, in den selben beeden tag verschloßen behal-
ten, auch den selben angestelten andachten fleissig
abwarten9 unnd sich deß zechens, schwärmens10,
schreyens unndt gassen louffens bei vermeidung
ernstlicher straff müssigen unnd enthalten soll, denn
wolermelte unsere herren würden ihr heimliche
raths hütten11 anordnen, welche sonderlich auff die
jenige, so bei nechtlicher weil auff den gassen jauch-
zen, schreyen oder herum lauffen werdten, gutt ach-
tung nehmen unndt solhe gesellen in gefängnuß
unndt hafftung führen sollen, auf daß andere from-
me christen an ihren andachten ungeirrt12 unnd un-
gehindert pleiben mögen unndt auff das die feyerli-
5 Hauptgottesdienst.
6 Nach Erfordernis, s. Grimm, DWb 13, Sp. 924.
7 Ermahnung, s. Grimm, DWb 3, Sp. 860.
8 Verkaufsläden, -buden, s. FWb 6, Sp. 24f.; Wb. d. elsäss.
Mundarten 1, S. 198.
9 Nachkommen, s. FWb 1, Sp. 477.
10 Umherziehens, s. Grimm, DWb 15, Sp. 2287.
11 Neben der Nacht- bzw. Scharwacht und der Taghut gab
es noch die „Heimliche Hut“, eine Reihe besonderer
Wächter, die eine Art „Sitten- und Kriminalpolizei“ dar-
stellte, vgl. Crämer, Verfassung, S. 56.
12 Ungestört, s. FWb 8, Sp. 214f und DRW 6, Sp. 318.
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65a. Anordnung des Magistrats zur Feier des Reformationsjubiläums1
15. Oktober 1617
Decretum eines ehrsamen unnd wolweisen raths wegen celebrirung des jubelfestes in der kirchen zu
Straßburg anno 1617
Unsere gnedige herren räth unndt Ein unndt
zwaintzig haben der lenge nach an- unndt abge-
hört1, auch seithero in reiffe berathschlagung unndt
deliberation gezogen, waß ein ehrwürdiger kirchen
convent alhier wegen deß vorhabenden christlichen
jubilaei auff empfangenen bevelch bedacht unndt
umb besserer nachrichtung willen schrifftlich uber-
geben. Die laßen ihnen solhen uberreichten unver-
greiflichen2 rathschlag, sovil die celebrirung dises
festes in der statt anlangt, durchauß gantz und wol
gefallen unndt haben darüber einhelliglich erkant,
daß vorberürt jubilaeum deß kirchen convents gut-
achten gemäß hochfeyerlich gehalten werden soll,
wollen sich auch darneben versehen3, es werden die
pfarrer sonderlich auff den Sambstag Omnium sanc-
torum4 bei verrichtung der amptpredigt5 die histo-
riam christianae reformationis den zuhörern nach
notturfft6 vortragen, damit menniglich das große
wunderwerckh der evangelischen reformation umb
desto besser unnd füglicher begreiffen, zugleich aber
die fürtreffliche gaben unnd großmütigkeit weilandt
herren D. Lutheri alß des werckzeugs Gottes zu
sampt der gefehrligkeit damahligen schweren zeiten
unndt demnach erfolgter göttlicher liberirung unnd
conservation erkennen unndt ins gemein die für-
nembsten geschichten, wie sich dieselbe diese hun-
a Textvorlage (Handschrift): AMS 1 AST 173 (Varia eccl.
VIII), Bl. 410r-411r. Das Mandat ist unterzeichnet:
Cantzley der statt Straßburg handtschrifft. Ein Entwurf
mit zahlreichen Streichungen findet sich in AMS 1 AST
81, Nr. 38 (Bl. 101r-104r).
1 Angehört und überprüft, s. FWb 1, Sp. 1243 und 174.
2 Ohne einer Entscheidung vorzugreifen, s. Grimm, DWb
24, Sp. 2041.
3 Sich versehen = etwas erwarten, s. Grimm, DWb 25,
Sp. 1237 und 1247.
4 1. November.
dert verflossene jahr uber verloffen, auff die heutige
gefahrliche zeiten unnd leüffen tröstlich appliciren
lernen mögen. |410v|
Auff daß auch dises fest mit besserer andacht gefey-
ert unndt der einfeltige man der eigentlichen inten-
tion solhes jubilaei wol berichtet unndt informiert
werdte, so soll zwar Sontags, am 26. huius, diese
festivitet krafft eines ehrwürdigen kirchen convents
überreichten bedenckhens von den cantzlen verkün-
diget werdten, daneben aber soll auch erinne-
rung7 geschehen, daß menniglich seine gäden8 unndt
werckhstatt, gleich wie an hohen festen zugeschehen
pfleget, in den selben beeden tag verschloßen behal-
ten, auch den selben angestelten andachten fleissig
abwarten9 unnd sich deß zechens, schwärmens10,
schreyens unndt gassen louffens bei vermeidung
ernstlicher straff müssigen unnd enthalten soll, denn
wolermelte unsere herren würden ihr heimliche
raths hütten11 anordnen, welche sonderlich auff die
jenige, so bei nechtlicher weil auff den gassen jauch-
zen, schreyen oder herum lauffen werdten, gutt ach-
tung nehmen unndt solhe gesellen in gefängnuß
unndt hafftung führen sollen, auf daß andere from-
me christen an ihren andachten ungeirrt12 unnd un-
gehindert pleiben mögen unndt auff das die feyerli-
5 Hauptgottesdienst.
6 Nach Erfordernis, s. Grimm, DWb 13, Sp. 924.
7 Ermahnung, s. Grimm, DWb 3, Sp. 860.
8 Verkaufsläden, -buden, s. FWb 6, Sp. 24f.; Wb. d. elsäss.
Mundarten 1, S. 198.
9 Nachkommen, s. FWb 1, Sp. 477.
10 Umherziehens, s. Grimm, DWb 15, Sp. 2287.
11 Neben der Nacht- bzw. Scharwacht und der Taghut gab
es noch die „Heimliche Hut“, eine Reihe besonderer
Wächter, die eine Art „Sitten- und Kriminalpolizei“ dar-
stellte, vgl. Crämer, Verfassung, S. 56.
12 Ungestört, s. FWb 8, Sp. 214f und DRW 6, Sp. 318.
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