Edition
1a. Armenordnung, längere Fassunga
4. August 1523
Nüwe ordenunge der armen
[1.] Nochdem sich bytzhar ein grosse mennige des
bettels zuo Straßburg ernert unnd von vil landen har-
gezogen, uff den bettel sich verburgert hat unnd das
almuosen von vilen ungöttlichen1 genommen worden,
sich lichtvertig und sundtlich gehalten, ire kynde uff
den bettel gezogen unnd den böß exempel vorge-
tragen, ouch ettwan2 sie unnd ire kynder wintter zyt
vor den kyrchen erfroren, unnd zuo armen durfftigen
worden, unnd aber dannocht das almuosen den jhen-
nen, so des zum notturfftigsten gewesen, nit oder
wenig, sunder den durch oberzelte unredlich lut ent-
zogen worden ist, deßhalb, so hat ein ersammer rat
der stat Straßburg inn betrachtung brüderlicher
lieb, die Got zum hechsten gebotten3 unnd dem
menschen zuoerlangung göttlicher gnaden unnd selig-
keit das best unnd erschießlichst gutt werck istb,
vier herren von Drytzehen, Funfftzehen, Ein und
zwentzig unnd dem rat verordnet4, ordnunge zuo set-
zen unnd bedencken, wie es nun furtter mit den
bettlern, frömbden und heimschen, ouch hußarm-
men luten gehalten werden soll, domit der bettel vor
a Textvorlage (Handschrift): AMS 1 AH 1195, Bl. 1r-6v.
Konzept mit den vom Magistrat beschlossenen Ände-
rungen, einzig datierte Vorlage. Weitere Handschriften:
AMS 1 AH 1193 IV (Abschrift von Hackfurt mit Än-
derungen von der Hand des Schaffners Johann Feltz aus
der Zeit 1586-88); AMS 1 AH 1194; AMS 1 AH 1316.
Die meisten Abschriften tragen den Titel: Ordnung des
gemeinen Almusens uf Michaelis anno 1523 angefangen.
Abdruck: Brucker, Zunft- und Polizei-Verordnungen,
S. 3-11; Winckelmann, Fürsorgewesen 2, Nr. 43,
S.97-104.
b Gestr.: dise ordnung furgenommen.
1 Ungerechterweise.
2 Bisweilen.
unnd inn den kirchen, ouch sunst uff den gassen
unnd vor den husern abgestelt unnd vil böses, so
daruß erwachssen, furkommen werde.
[2.] Unnd umb das solche ordnunge desto baß5ge-
handthabt unnd man nit alle zit ein ersammen rat
mit solchen händeln, so sich inn diser ordnungen be-
geben unnd furfallen möchten, bekumbern dörff, so
sollent allwegen vier herren von den XIII, XV, XXI
unnd räten, als obstat, zuo oberpflegern6 genommen
unnd verordnet werden unnd deren yeder zwey jar
pfleger sin, es were dann, das es ir einer umb Gots
willen gern lenger thuon unnd pfleger blyben wolt.
Und |1v| sollent noch ußgang des nehsten jars der
XIII unnd der von dem rat abgen unnd zwen andere
an der selben statt durch rete unnd XXI gekosen'
unnd verordent werden, unnd das ander jar der XV
unnd der XXI unnd aber zwen andere an ir statt
gekosen, und donach fur und fur solcher gestalt ge-
halten unnd durch sie, in mossen nochstet, gehan-
delt werden.
3 Vgl. 3Mos 19,18; Mk 12,31par.
4 Zu den Verordneten gehörten von den XIII Daniel Mieg,
von den XV Matthys Pfarrer, von den XXI Jakob Spen-
der und vom Rat Melchior Zuckmantel. Nach AMS 1
AH Prot. 145 zählte auch der XV Jakob Meyer zu dieser
Kommission. Bei den Genannten handelt es sich um die
ersten nach der Almosenordnung tätigen Oberpfleger.
Vgl. Winckelmann, Fürsorgewesen 1, S. 79 und 87f.
5 Besser, eher.
6 Zu den Oberpflegern, für die sich auch die Bezeichnun-
gen Oberherren und Almosenpfleger finden, vgl.
Winckelmann, Fürsorgewesen 1, S. 87f. Namens-
listen der zu Oberpflegern gewählten Ratsherren in AMS
1 AH 1193 IV und 1 AH 1239.
7 Gewählt, s. Grimm, DWb 11, Sp. 694 (s.v. kiesen).
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1a. Armenordnung, längere Fassunga
4. August 1523
Nüwe ordenunge der armen
[1.] Nochdem sich bytzhar ein grosse mennige des
bettels zuo Straßburg ernert unnd von vil landen har-
gezogen, uff den bettel sich verburgert hat unnd das
almuosen von vilen ungöttlichen1 genommen worden,
sich lichtvertig und sundtlich gehalten, ire kynde uff
den bettel gezogen unnd den böß exempel vorge-
tragen, ouch ettwan2 sie unnd ire kynder wintter zyt
vor den kyrchen erfroren, unnd zuo armen durfftigen
worden, unnd aber dannocht das almuosen den jhen-
nen, so des zum notturfftigsten gewesen, nit oder
wenig, sunder den durch oberzelte unredlich lut ent-
zogen worden ist, deßhalb, so hat ein ersammer rat
der stat Straßburg inn betrachtung brüderlicher
lieb, die Got zum hechsten gebotten3 unnd dem
menschen zuoerlangung göttlicher gnaden unnd selig-
keit das best unnd erschießlichst gutt werck istb,
vier herren von Drytzehen, Funfftzehen, Ein und
zwentzig unnd dem rat verordnet4, ordnunge zuo set-
zen unnd bedencken, wie es nun furtter mit den
bettlern, frömbden und heimschen, ouch hußarm-
men luten gehalten werden soll, domit der bettel vor
a Textvorlage (Handschrift): AMS 1 AH 1195, Bl. 1r-6v.
Konzept mit den vom Magistrat beschlossenen Ände-
rungen, einzig datierte Vorlage. Weitere Handschriften:
AMS 1 AH 1193 IV (Abschrift von Hackfurt mit Än-
derungen von der Hand des Schaffners Johann Feltz aus
der Zeit 1586-88); AMS 1 AH 1194; AMS 1 AH 1316.
Die meisten Abschriften tragen den Titel: Ordnung des
gemeinen Almusens uf Michaelis anno 1523 angefangen.
Abdruck: Brucker, Zunft- und Polizei-Verordnungen,
S. 3-11; Winckelmann, Fürsorgewesen 2, Nr. 43,
S.97-104.
b Gestr.: dise ordnung furgenommen.
1 Ungerechterweise.
2 Bisweilen.
unnd inn den kirchen, ouch sunst uff den gassen
unnd vor den husern abgestelt unnd vil böses, so
daruß erwachssen, furkommen werde.
[2.] Unnd umb das solche ordnunge desto baß5ge-
handthabt unnd man nit alle zit ein ersammen rat
mit solchen händeln, so sich inn diser ordnungen be-
geben unnd furfallen möchten, bekumbern dörff, so
sollent allwegen vier herren von den XIII, XV, XXI
unnd räten, als obstat, zuo oberpflegern6 genommen
unnd verordnet werden unnd deren yeder zwey jar
pfleger sin, es were dann, das es ir einer umb Gots
willen gern lenger thuon unnd pfleger blyben wolt.
Und |1v| sollent noch ußgang des nehsten jars der
XIII unnd der von dem rat abgen unnd zwen andere
an der selben statt durch rete unnd XXI gekosen'
unnd verordent werden, unnd das ander jar der XV
unnd der XXI unnd aber zwen andere an ir statt
gekosen, und donach fur und fur solcher gestalt ge-
halten unnd durch sie, in mossen nochstet, gehan-
delt werden.
3 Vgl. 3Mos 19,18; Mk 12,31par.
4 Zu den Verordneten gehörten von den XIII Daniel Mieg,
von den XV Matthys Pfarrer, von den XXI Jakob Spen-
der und vom Rat Melchior Zuckmantel. Nach AMS 1
AH Prot. 145 zählte auch der XV Jakob Meyer zu dieser
Kommission. Bei den Genannten handelt es sich um die
ersten nach der Almosenordnung tätigen Oberpfleger.
Vgl. Winckelmann, Fürsorgewesen 1, S. 79 und 87f.
5 Besser, eher.
6 Zu den Oberpflegern, für die sich auch die Bezeichnun-
gen Oberherren und Almosenpfleger finden, vgl.
Winckelmann, Fürsorgewesen 1, S. 87f. Namens-
listen der zu Oberpflegern gewählten Ratsherren in AMS
1 AH 1193 IV und 1 AH 1239.
7 Gewählt, s. Grimm, DWb 11, Sp. 694 (s.v. kiesen).
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