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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0544
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Straßburg

58. Ordnung der Sonn- und Bettagea
15. März 1589
Ordnung Unser Meister und Rahts sampt unserer Freund, der Einundzwentzig, Wie der Sonntag und
Monatliche grosse Bettag soll gehalten werden
MDLXXXIX. |A 2r|

Auß allen in der Welt hin und wider fürlauffenden
handlungen ist leichtlich abzunemmen, wo jhe Bet-
ten unnd Ruffen zu Gott, dem Allmechtigen, von
nöthen gewesen, das es zu disen unsern letsten zeit-
ten vil nöhtiger von tag zu tag werde als es immer
hievor gewesen sein mag.
Dieweil ein jedes Christlich gemüt wol erkennen
kan, das wir nit allein Gott, dem Allmechtigen, un-
auffhörlichen Danck zusagen umb der scheinbarli-
chen1 Rettung willen, so durch seine gewaltige hand
seiner lieben Christenheit inn kurtzer zeit an under-
schiedlichen orten, uber alle menschliche zuversicht,
wider allerhand understandene und mit grosser Ty-
ranney betrauhete2 undertruckung und gäntzliche
außrottung derselben, widerfahren, Sonder das wir
auch noch vil mehr ursach haben, den Allmechtigen
ferner unnachlässig anzuruffen und zubitten, wie
der leidige Sathan, dieweil er das end der Welt sich
nähern sihet, durch seine glyder und werckzeug jhe
unrüwiger und wüttiger in der Welt sich erzeigt, das
auch Gott, der Herr, mit seinen genaden desto näher
und reichlicher bey seiner Kirchen sein und, unge-
achtet unserer vilfaltigen Sünden und Ohndanck-
barkeit, uns mit dem hellen Liecht seines Heiligen
Evangelii jhe mehr und mehr erleuchten, rechten
verstand seines allein seligmachenden worts und

a Textvorlage (Druck): AMS 1 MR 18, Bl. 20r-23r (Zäh-
lung innerhalb des Bandes).
1 Kostbaren, s. Grimm, DWb 14, Sp. 2437.
2 Drohende, s. FWb 3, Sp. 425f. (s.v. bedrauen).
3 Vgl. Mt 9,38; Lk 10,2.
4 Mühsal, s. Grimm, DWb 1, Sp. 544.

willens allenthalben mit gnaden verleihen und ge-
ben, uns dabey bestendig erhalten, allem unrechten
gewalt und Tyranney widerstehn, alle irrige und
verfürte widerbringen, trewe Diener allenthalben
inn seine Ernd senden3, seinen Geist und Krafft zum
wort geben unnd dasselb nit wölle lassen widerfech-
ten, auch bey disen so schweren läuffen und zeitten
und |A 2v| auch sonsten inn zeitlichem Frieden vor
allem ungemach bewaren, Unnd dann unsere liebe
Vorfahren, die den Last, die Gefahren, Arbeitselig-
keit4 und Trübsall ihrer zeiten auch erkandt, auß
Christlichem gütten Eyfer und Fürsatz, Gottes uber
uns gefaßten zorn mit ernstlichem gebett, seinem
selbs befelch nach, zumiltern unnd dann auch für
empfangene Gutthaten desto danckbarer sich zu-
erzeigen, Wie er solchs an unzalbaren orten Heiliger
Schrifft, Alten und Newen Testaments, befilht5, uns
auch mit gantz genedigen reichlichen Verheissungen
darzu anreitzt und verursacht, darzu genediger Er-
hörung uns vertröstet: Ruffe mich an in der noht, so
will ich dich erhören, so solt du mich preisen6, nit
allein Christliche mandata und ordnungen, die Hei-
ligen Sonntag mit hörung der Predigten und andern
Christlichen ubungen zuzubringen, auff allen Zünff-
ten järlich zuverlesen befehlen lassen7, sonder auch
die Monatlichen grossen Bettag also angeordnet,
daß auff dieselben die gantze Gemeind diser Statt

5 Vgl. z.B. Ps 107,8.15; Ps 118,1; Ps 136,1.
6 Ps 50,15.
7 Auf den Zunftstuben wurde jedes Jahr die Disziplinar-
ordnung von 1535 (in diesem Band Nr. 19a) und zehn
dieser Ordnung beigegebene Mandate verlesen. Zu die-
sen Mandaten zählte auch die Verfügung zur Sonntags-
heiligung vom 28. Dezember 1534 (Nr. 18).

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