Metadaten

Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Dörner, Gerald [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0545
License: Free access  - all rights reserved

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
58. Ordnung der Sonn- und Bettage

zusamen kommen, zu solchem gebett und dancksa-
gung durch darzu dienliche Predigten ermanet, und
dasselb mit desto mehrerm Eyfer und gemeinlich
zuverrichten, Auch alle Handtierungen, Handtar-
beit unnd was den Menschen vom gebett abhalten
möcht, in mittels8 und biß zu endung solcher Pre-
digten stillstehn und underlassen werden solt9, Sol-
che Christliche ordnungen aber so wol auff die Hei-
ligen Sonntag als auff die Bettag nun ein gute zeit
leider durchauß in diser Statt bey allen Ständen we-
nig angesehen und gehalten, sonder auß unserer an-
gebornen unart und selbs eingebildeter sicherheit
fast inn vergeß gestelt und auch umb geringer ur-
sachen willen die Predigten zubesuchen underlassen
worden. Diser nun an ihr selbs gefährlichen nachläs-
sigkeit zubegegnen, uns selbs, gemeine Burger-
schafft und alle derselben angehörige zu mehrerm
Eyfer und ernst nohtwendigen Gebetts und Danck-
sagung zuerinnern, auch alle eingerissene ergerliche
ent- |A 3r| unehrung des Heiligen Sonntags, verach-
tung und verhinderung der geordneten Monatlichen
Bettag, sovil an uns, unserer lieben vorfahren exem-
plo nach abzuschaffen, So wöllen wir zuvorderst ge-
dachter unserer lieben vorfahren lobliche Constitu-
tiones von Heiligung des Sonntags, wie die auff allen
Zünfften järlich gelesen, widerholt und darob zuhal-
ten mit ernst befohlen haben.
Demnach ordnen, statuiren und wöllen wir, das ne-
ben den wochenlichen Bettagen auch die Monatli-
che Bettag auff den bestimpten Zinstag10, wie der
vor jaren geordnet, hinfüro gehalten und nit auff
andere Apostel- oder Feirtag gelegt werden sol.
Damit aber solche Predigten mit desto mehrerm
Eyfer und minderer verhinderung11 der Obrigkeit
und der gantzen Gemeind inn gemeiner Statt unnd
auch anderen Burgerlichen sachen, Handthierungen

8 Während, s. Grimm, DWb 10, Sp. 2123.
9 Vgl. z.B. das Mandat zu den kleinen und großen Bet-
tagen vom 11. Oktober 1564 (Nr. 47).
10 Dienstag.
11 Aufhalten, s. Lexer 3, Sp. 130 und Grimm, DWb 25,
Sp.569.
12 29. September.

und Handtarbeit mögen besucht, Gott, der All-
mechtig, desto einmündiger von der gantzen Ge-
meind umb alle der Seelen und des Leibs nohtdurfft
angeruffen und ihm für alle wolthaten gedanckt
werden, So sollen solche Bettags predigten dahin ge-
richtet werden, dieweil ohne das der Mensch des
morgens früe, wie zu allen sachen, also auch zum
gebett und hörung Göttlichs worts geschickter, das
sie von Ostern biß Michaelis12 zu sechß uhren ange-
fangen und zu sibnen mit dem gebett und gesang
geendet, Deßgleichen von Michaelis biß wider
Ostern die stund von sibnen bis achten damit zuge-
bracht, die Predigten aber in allen Pfarren, dieweil
sonsten das gantze jar uber andere text und mate-
rias zutractieren gelegenheit genug, fürnemlich da-
hin gerichtet, daß den Zuhörern die noht gemeiner
Christenheit fürgetragen, die täglich zunemmende
Laster und Sünden zuerkennen gegeben und sie zu
eyferigem gebett umb mittheilung seiner genaden,
zu verbesserung alles sträfflichen, Sündtlichen le-
bens und abwendung Göttlichs zorns ermant und
bewegt, unnd das doch |A 3v| die Zuhörer uber die
stund nicht auffgehalten werden.
Darauff gebieten wir auch allen unsern Burgern und
Inwohnern diser Statt, daß sie ihre Gewerbgä-
den13, Handtwercksläden, Kräm14 oder was derglei-
chen zu vorgemelten stunden, nemblich von Ostern
biß Michaelis vor siben uhren und von Michaelis
biß wider Ostern vor acht uhren, nit öffnen noch
etwas zu feilem Marckt15 aussetzen, sondern damit,
auch auff dem wasser mit weschen, deßgleichen mit
Holtz oder Müller kärchen16 auff den Gassen zu-
faren, biß zu vorgemelter stund und zeit inngehal-
ten, bey straff dreissig schilling, so ein jeder, der
darwider handlet, unfehlbar zuerlegen schuldig sein
oder auß mangel gelts drey tag mit dem Thurn ge-
strafft werden soll.

13 Verkaufsläden, -buden, s. FWb 6, Sp. 24f.; Wb. d. elsäss.
Mundarten 1, S. 198.
14 Warenauslagen, Läden, s. Wb. d. elsäss. Mundarten 1,
S. 517.
15 Zum Verkauf.
16 (Zweiräderiger) Karren, s. Schmidt, Hist. Wb. elsäss.
Mundart, S. 188f. (s.v. karrich, karch).

529
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften