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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0546
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Straßburg

Es soll auch kein Ammeister, so im ampt sein würt,
auff solche Monatliche Bettäg die Herren des Rahts
oder Regiments vor siben oder acht uhren Sommer
oder Winters zeit erfordern17, es fielen dann solche
sachen gemeine Statt betreffend für, die von noht
wegen ein anders erforderten.
Und damit gemeine Rahts geschefft und andere
Burgerliche sachen, auch vor den undern Gerich-
ten18, auff sollche Bettag desto weniger gehindert
werden, wie bißher sonderlich geklagt worden, So
sollen unnd mögen auff vorgemeldte stunden der ge-
endeten Predigt auch wol offene Rahts- unnd Ge-
richtstag mit leuttung der Rahtsglocken angeordnet
und gehalten werden.
Es sollen auch auff solche Bettäg unsere Werckhöff
biß nach geendeter Predigt beschlossen bleiben und
allen Arbeitern an allen der Statt wercken nicht al-
lein frey gelassen, sonder befohlen sein, solche stun-
den zufeyren unnd die Predigten zubesuchen, aber
nach Endung derselben an ihre Arbeit auffs fürder-
lichst sich wider zuverfügen. |A 4r|
Gleicher gestalt sollen auch auff gemeldten tag kei-
ne Hochzeiten mehr eingesegnet oder mit jhemand
deßwegen dispensirt werden19, Dieweil durch solche
Kirchgäng, sonderlich der stattlichen Hochzeitten,
alle geladene Gäst an haltung des Bettags verhin-
dert werden.

17 Einberufen, s. Grimm, DWb 3, Sp. 804.
18 Was hier konkret zu den undern Gerichten gezählt wird,
läßt sich aus der Ordnung selbst nicht erschließen. Zu
den niederen Gerichten zählten das Stadtgericht, das
Schultheißengericht und das Burggrafengericht. Das
Burggrafengericht war 1557 vom Bischof mit dem
Schultheißengericht vereinigt worden; 1597 verpfändete
der Bischof dieses dann an die Stadt, die es 1606 aufhob.
Das Stadtgericht war schon im Mittelalter durch Pfand-
schaft an die Stadt gekommen. Über diesen Gerichten
gab es als städtische Sondergerichte für Zivil- bzw. Kri-
minalsachen das Vogtei-, das Ehe- sowie das Siebener-
und das Zuchtgericht. Siehe hierzu das Schema der
Straßburger Gerichte in Crämer, Verfassung, S. 80.

Und dieweil solchs zu befürderung der ehren Gottes
fürnemmlich gemeint, So wöllen wir uns zu allen
den unsern des billichen gehorsams versehen, sie
werden auß Christlichem eyfer nit allein an besu-
chung solcher Bettags predigten sich nichts abhal-
ten oder verhindern lassen, sonder auch ihr gesind
und die ihrige darzu anhalten und weisen. Da aber
uber zuversicht20 mit verbottner ergerlicher enthei-
ligung des Sonntags oder auff die Bettäg mit öff-
nung der Gäden, aussetzung der Kräm oder offent-
licher treibung der Händel und Handt arbeit, mit
weschen auff der Preusch21 oder auff den Gassen mit
Müller oder Holtz kärchen zufahren vor geendeter
Bettags predigt wider dise unsere Verordnung ge-
handelt werden solt, Wöllen wir gegen dem- oder
denselben mit obgesetzter oder auch fernerer straff
nach gelegenheit befundener verbrechung zu vol-
faren bey uns nichts erwinden lassen22. Deßwegen
auch unsern verordneten siben Züchtigern23, ihr ge-
bürlich auffsehen zuhaben und der straff niemandt,
so schuldig befunden, zu erlassen, hiemit befohlen
sein soll. Darnach ein jeder sich zurichten.
Actum et Decretum Sambstag, den Fünffzehenden
Martii, im Jar nach Christi, unsers Herren und Er-
lösers geburt, Tausent, Fünffhundert, Achtzig unnd
Neun.

19 Das mit ist hier wohl als „durch“ zu übersetzen, s.
Baufeld, S. 172: oder deswegen [wegen der Hochzeit]
durch jemand [vom Bettag] befreit werden.
20 Trotz (aller) Zuversicht.
21 Die Breusch (Bruche) ist ein Nebenfluß der Ill, in die sie
oberhalb von Straßburg mündet. Nach Clauss, Histo-
risch-topographisches Wörterbuch, S. 165 trug aber auch
der Lauf der Ill durch die Stadt Straßburg bis ins 17. Jh.
hinein den Namen Brüsch.
22 An nichts fehlen lassen.
23 Mit den siben Züchtigern sind die Mitglieder des soge-
nannten Siebenergerichts gemeint.

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