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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0244
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Straßburg

16. Anordnung eines Bettags wegen der Bedrohung durch die Osmanena
24. August 1532

Unsere Herren, Maister, Rath und Einundzwentzig,
haben betrachtet die manigfaltig und schwere uber-
trettung der gepot Gottes, so (wie leyder auch an-
ders wo) in dieser Statt volnprocht wurdet, deren
wegen der almechtig Gott nun lange zeit seinen göt-
lichen zorn gegen der wellt mit schweren endtpörun-
gen1, theurungen und vielerhand kranckheyten er-
zeygt, uns zur besserung und bußwirckung zu be-
wegen, So das aber bei uns, als die in allen sünden
und üppigkeyt verharret und erstorben seint, gar
nichts erschossen2, Zu letst diesen wütenden und ty-
rannischen erbfeind, den Türcken, abermals und
schwerer dann hievor nie, uber uns zuziehen und zu-
straffen beweckt hatb3. Was harte straff und bürde
das sei, man tägliches bei denen, so solchen on-
menschlichen feindt und dessen herschung4 mit
brandt, raubnamb und darzu hinschleiffung5 und
verderbung man, weib und kinder, auch sonst aller
ander schand, laster und üppigkeyt entpfunden ha-
ben, zusehen hat.
Die weil dann deß almechtigen Gotts und himeli-
schen vatters barmhertzigkeyt unergründtlich, der
auch alle die, so in durch unsern eynigen mitler und
heyland, seinen eynigen son Jesum Christum6, mit
bußvertigem hertzen und rechten waren glauben
und vertrawen bitten und anrüffen, erhören und nit

a Textvorlage A (Einblattdruck): AMS 1 MR 3, Bl. 209
(alte Zählung), S. 357 (neue Zählung). Das Mandat ist
unterzeichnet: Jofhannes] Mayer prothonotarius sub-
scripsit. Textvorlage B (Handschrift): AMS 1 MR 3,
Bl. 210v-212v (alte Zählung), S. 359-362 (neue Zäh-
lung).
b Fehlt in B.
c Hs. Erg. am Rand von A: sieben.
d B: gotlichen zorn.

1 Aufruhr, s. Grimm, DWb 3, Sp. 442.
2 Nichts bewirkt, genützt, s. Grimm, DWb 3, Sp. 961f.
3 Im Juni 1532 waren osmanische Truppen unter Suley-
man I. durch Ungarn auf Wien vorgerückt. Ein habs-
burgisches Friedensangebot wurde vom Sultan zurück-

verlassen will, wie er das in seiner götlichen schrifft
verheyssen7 und nimmer liegen wirt8, Haben obge-
melt unser Herrn, Maister, Rath und Einundzwent-
zig, als ein götliche obergkait und der es inn solchen
hohen nöten der Christlichen kirchen und volck von
ampts wegen zuthun gebürt, ein gemain Christlich
und andechtig gebett, in der kirchen Gotts auff jetz
künfftigen Sambstag, den letsten dieses monats,
umb achtc uren vor mittag zuhalten, fürgenommen.
Darauff ist ir ernstlich will, meynung und befelch,
Gebieten auch allen und j[e]den iren burgern, hin-
dersassen und einwonern dieser statt Straßburg, sie
seien geystlich oder weltlich, fraw oder man, jung
oder alt, niemants harin ußgenommen, das ein jedes
sich uff obgemelten tag und stund in die pfar, dar-
inn er gehörig, verfugen, den almechtigen umb ver-
zeihung und vergebung unser schweren sünd und
missethat und demnach den almechtigen Gott zu-
bitten, das er seinen zornd ablassen, diesen un-
menschlichen feind von seinem armen völcklin und
fürnemlich denen unsern nechsten unnd mitchristen
menschen, die mit dem selbigen jetzo mit der that
am hartesten beschwert seint, abwenden, Auch allen
denen, so zu schutz und schirm der Christenheyt
jezo außzogen und zu feld liegen9, sein götlich krafft
und sieg, der dann alleyn von im kompt, mitteylen

gewiesen. Die osmanische Bedrohung zwang Kaiser
Karl V. im sogennanten Nürnberger Anstand zu einer
Einigung mit den protestantischen Reichsständen (s.
Nr. 61, Anm. 126). Auf dem Regensburger Reichstag ge-
währten ihm die protestantischen Stände dafür die ge-
wünschte Türkenhilfe. Vgl. Politische Correspondenz 2,
Nr. 126, S. 103; Nr. 134, S. 105f; Nr. 144, S. 146f.;
Nr. 148-150, S. 154f. und Nr. 155-160, S. 158-171;
Matschke, Kreuz und Halbmond, S. 252-257.
4 Gewaltherrschaft, s. FWb 7, Sp. 1895f.
5 Verschleppung, s. Grimm, DWb 10, Sp. 1471.
6 Vgl. 1Tim 2,5.
7 Vgl. Mt 7,7-8; Mk 11,24.
8 Vgl. Tit 1,2 und Hebr 6,18.
9 Auf dem Regensburger Reichstag war beschlossen wor-

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