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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0721
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65a. Anordnung des Magistrats zur Feier des Reformationsjubiläums

chen begängnuß dises jubilaei einem fürnehmen
houptfest13 in allem ähnlich seyen. So verstehens
auch unsere herren dahin, daß beides14, am Samstag
unnd Sontag, in allen siben pfarrkirchen daß hoch-
würdtig abendtmal gehalten werdte. So soll auch
der pfarrer im Münster am 1. unndt 2. Nov[embris]
die abendtpredigt selbst halten15, unndt vor solhen
abendtpredigten die kirchen litania auff weiß unndt
gestalt, alß wie bei der nüwlichsten rathspre-
digt16 auch geschehen ist, gesungen werdten.
Ferners sollen auch auff diß fest zweierlei geistreiche
gebett ehester tagen17 gefertiget unndt unsern her-
ren zeitlich zuvor copialiter zugestelt werdten18.
Darin soll daß eine etwaß umbstendig19 unndt auß-
führlich sein, dessen man sich beim fest unndt in der
gantzen wochen hernach uff den cantzeln in den kir-
chen gebrauchen könnt. Daß ander aber soll etwaß
kürtzer unnd eingezogener20 sein, auf das es die ju-
gendt außwendig lernen unndt am folgenden Sontag
hernach in der kinderlehr auffsagen mögen unndt
also dem allerhöchsten auch durch den mundt der
unschuldigen jungen kinder gedanckt werdt21. |411r|
Zu dessen mehrer befürderung unndt damit die liebe
jugendt hierzu desto frewdiger unndt williger sey,

13 Mit (fürnehmen) houptfest sind vermutlich Weihnachten,
Ostern und Pfingsten gemeint, s. DRW 5, Sp. 282 (Be-
lege zu „Hauptfest“ erst aus dem 18. Jh.).
14 An beiden Tagen.
15 Nach der Kirchenordnung von 1598 wurden die Abend-
predigten im Münster am Sonntag und in der Woche
durch einen der sieben Straßburger Pfarrer oder einen
der Freiprediger gehalten (Nr. 61, S. 590 und 666f.).
16 Die Ratspredigt fand jeweils Anfang des Jahres am
Mittwoch nach der Wahl des neuen Ammeisters und des
Rates und der Beschwörung der Verfassung statt. Zur
Gestaltung des Gottesdienstes vgl. die Bestimmungen in
der Kirchenordnung von 1598 (Nr. 61, S. 592f.). Ob eine
besondere Form der Litanei bei der Ratspredigt im Jahr
1617 verwendet worden war und - wenn ja - welche, ließ
sich nicht ermitteln.
17 In den nächsten Tagen, s. Grimm, DWb 3, Sp. 49f.
18 Die beiden Gebete sind unter Nr. 65b ediert.
19 Weitläufiger, s. Grimm, DWb 23, Sp. 1176f.
20 Beschränkter.

wollen unsere herren daß kürtzer gebett truck-
hen22, wie auch ein sonderbare23 kleine müntz zu be-
ßerer erinnerung gegenwertiger zeiten verferti-
gen24 unndt in nothwendiger anzahl in jegliche kirch
verschaffen laßen, damit Sambstags, am 1. No-
vemb[ris], in der kinderlehr einem jeglichen kindt
ein exemplar deß gebettes sampt einem stückhlin
der newen müntz durch die prediger unndt helffer
zur gedechtnuß gereicht werdte.
Wegen der pfarrer in diser stat oberkeit auff dem
landt ist dise wolberürter unserer herren resolution,
daß es nemblich daselbst auch allerdings25 als wie in
der stat, so vil alß müglich, gehalten werde, ahn al-
lein26 soll man das h. abendtmahl nur Sambstags
auff Omnium sanctorum daselbst ausspenden.
Endtlichen will, hiemit27 die berathschlagung de
modo celebrandi jubilaei auch ihre erledigung hat
unndt das gantze werckh nunmehr an rechter effec-
tuation unndt vollziehung gelegen, so würdt ein ehr-
würdiger kirchen convent nothwendige verfügung
zuthun wissen, damit alles zu den ehren des höch-
sten unnd bezeugung unser aller schuldiger danckh-
barkeit gegen Gott, nach inhalt dises decrets und
sein (dises kirchen convents) übergebenen eigenen

21 Vgl. Ps 8,3; Mt 21,16.
22 Ein solcher Druck des Gebets läßt sich in VD 17 nicht
nachweisen.
23 Besondere.
24 Zum Reformationsjubiläum von 1617 wurden in Straß-
burg zwei Münzen geprägt, eine Dickklippe (also eine
eckige Münze) und ein Taler. Im Text dürfte die Dick-
klippe (20,6 mm) gemeint sein: Auf der Vorderseite trägt
sie die Aufschrift: Post tenebras lux 1517, auf der Rück-
seite: Iubilaeum Argentoratense 1617. Abb. der Münze in
Hugo Schnell, Martin Luther und die Reformation
auf Münzen und Medaillen, München 1983, S. 141,
Nr. 66.
25 Ganz und gar, s. FWb 1, Sp. 790f.
26 Zur Verbindung an(e) allein = außer, ausgenommen s.
FWb 1, Sp. 783.
27 Hiemit ist an dieser Stelle als Konjunktion verwendet:
auf daß. Vgl. dazu Grimm, DWb 10, Sp. 1311 und
DWb 2, Sp. 706.

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