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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Dörner, Gerald [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0399
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38. Kirchenordnung von Johannes Marbach

ir nicht ins hymelreich kommen. Solches zeuget
klar, das die kinder glauben, denn on glauben ists
nicht möglich, das yemandt in das reych Gottes
kommt, welches doch Christus sagt, es sey der kin-
der. Unnd der herr sagt es hernach lautter, da er
spricht: Wer aber ergert diser geringsten einen, die
an mich glauben, dem were besser, das ein mülstein
an seinem halß hinge unnd er im mer |37| erseuffet
würde, da es am tieffesten ist70. Das ist ye klar gnug
geredet: Die an mich glauben.
Dise volgende ursach ist auch fest und gewiß:
Die verhaissung Gottes kan man allein mit dem
glauben fassen. Die jungen kinder, acht tag alt, im
Alten Testament haben die verheyssung gehabt,
Gott wölle ir Gott sein, und haben darüber das zei-
chen solcher verhaissung, die beschneidung, an irem
leib empfangen71. Auß dem muß je volgen, weil sol-
che verhaissung inen zu nutz kummen, das sie der-
selben geglaubt haben. Denn so der glaub an solche
verhaissung allein den alten und gewachsenen72 hat
können widerfaren oder gegeben werden, was ists
vonnötten gewesen, die kindlein beschneyden, so
nur acht tag sind alt gewest?
Wer nun eygentlich wissen will, wie die kinder
glauben, der mag den heiligen geyst drumb fragen,
welcher allein ein außteiler des glaubens ist. Denn
das man sagt, die kinder haben keinen verstand
noch vernunfft, solchs soll uns nicht irren, sintemal
der glaub nicht auß |38| der vernunfft, sonder durch
den h. geyst kumbt, unnd die vernunfft allweg mer
den glauben hindert denn fürdert. So müste auch
der heylig geyst ein schwacher armer geyst sein, so
er sein werck nicht so wol fin einem new getaufften
kindlin alsf in einem alten haben und außrichten
könde. Johannes, da er noch in muter leib war unnd
Christus newlich durch den h. geyst empfangen, fü-
let er in doch und hupffet im leib seiner mutter Eli-
sabeth für freuden, die er an seinem herrn und selig-
macher Christo het73. Wer dises exempel verachten
unnd für ein solchs wunderwerck halten will, das

f-f Erg. am Rand.
g Korr. aus: grewel.

70 Mk 9,42par.
71 Vgl. 1Mos 17,1-14.

nur ein mal geschehen sey, derselb helt den h. geyst
nit für einen almechtigen, ewigen Gott, der sein
werck allenthalben füren und üben kan und weder
alters noch verstandts halben kan verhindert wer-
den. Nun ists aber des heyligen geysts ampt, die
hertzen durch den glauben heyligen und reynigen.
Solches wercks dürffen ye74 die kinder, sintemal sie
von der empfengnus an sündthafft unnd unreyn
seyn, wo der heylige geyst sie nit reyniget. |39|
Weyl nun solches mit gutem gewisen grundt er-
halten ist, das es recht sey, die kinder tauffen, so
volget weytter, das es ein grewlicheg Gottes leste-
rung muß sein, sich noch ein mal lassen tauffen,
denn die tauff, die geschicht im namen Gottes, des
vatters, des sons und des heyligen geysts, solche
tauff hat Gottes wort und zusagung, wie Christus
klar spricht: Wer glaubt unnd getaufft würdt, der
würdt selig75. Wer sich nun wider lasset tauffen, der
lugenstrafft Gott in solchem seinem wort und zusa-
gung. Denn warumb wolte er sich sunst lassen tauf-
fen, wenn ers dafür hülte und glaubte, Gott het im
zuvor vergebung der sünden und ewigs leben zuge-
sagt? Derhalb soll ein christ für solcher gottesleste-
rung sich hütten unnd sich nit wider taufen lassen,
sonder sol durch rechten glauben an sein erste tauffe
unnd die zusagung, die Gott im dabey gethan, sich
fest halten und in allerley engsten und anfechtung
derselben sich trösten.
Von dem sacrament des altars ist oben76 |40| gnug-
sam undericht beschehen, warzu es eingesetzt und
warumb wir es sollen niessen, nemlich, das wir der
vergebung der sünden dest gewisser mögen sein, sin-
temal der leib und blut Christi uns selb zu essen und
zu trincken geben wirdt. Derhalb soll niemandt sich
dise grobe unchristliche einrede lassen anfechtenn,
das man sagt, der heylige geyst muß alle in den
glauben geben und sünde vergeben, darumb wirdts
das sacrament nicht thun. Denn ob wol der heylige
geyst allein sünde vergibt und den glauben gibt, so

72 Erwachsenen, s. FWb 6, Sp. 1780.
73 Vgl. Lk 1,41-44.
74 Bedürfen jedenfalls.
75 Mk 16,16.
76 Siehe S. 381f.

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