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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Dörner, Gerald [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0471
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40. Mandat zu den noch bestehenden Frauenklöstern

heit14, das die, so vergebenlich15, ohne einich zu- harren und denselben, auf das sie auch wider ge-
oder pfrundengelt, eingenhomen, biß in die achze- nieß16 haben, zu dienen schuldig sein.
hen jhar ihres alters inn den gottesheusern zuver-

Von christlicher übung

Dieweil alle christen sich billich deßen befleißen, das
all ihr leben, thun und laßen christlich gottgefellig,
und diße heußer fürnhamlich umb Gottes willen und
zu den ehren Gottes gestifft und darumb auch Gott
zu lob angerichtet werden sollen, welches füglich | nit
beschehen mag, dann so die jungen christlich und
gottselig aufferzogen und zu christlichem glauben
whol geübt werden, so sollen hinfüro die personen,
so in dißen dreyen heußern auffenthalt haben wer-
den, an den gemheinen tagen, sommerszeit zu sechs
und winterszeit zu siben uhr, in ihrem chor oder
conventstuben zusamen khomen und daselbst ihr
gebett sampt ettlich psalmen in deutscher ver-
stendtlicher sprach mit andacht mit einander spre-
chen, auch darauf jedes mhals eine kurtze christli-
che lection auß heiliger göttlicher schrifft nach guter
anrichtung durch eine oder zwo vorgeleßen. Des-
gleichen solle es abents, sommerszeit zu vier und der
winterszeit zu dreyen uhren, gehalten werden.

Darzu soll einem jeden closter oder hauß einer auß
den pfarrhern zugeordnet werden, der ihnen wo-
chentlich zwirent17 und darzu am Sontag ihnen ein
christlich predig und vermhanung thun, auch die sa-
cramenta inn ihrer kirchen christlich reichen soll, | so
lang, biß Gott, der allmächtig, weitter gnadh ver-
leihen würdt18. Es soll auch eine auß den ältesten
auß ihnen verordnet werden, die die jungen döch-
terlin im catechismo underweißen und lheren, die
auch von dem zugeordneten prediger alle vierthel
jhar, waß sie gelheret, verhöret werden sollen.
Sie sollen auch mit aller andacht zu tisch und vorn
tisch betten, auch über tisch nach anweißung der
mutter auß heiliger biblischer schrifft leßen laßen.
Dergleichen, so sie abendts ahn ihr ruh ghon wollen,
sollen sie abermhals ihr gebeth sprechen und darzu
von der priorin und andern, die ihnen vorgesetzt,
fleißig angehalten werden und ermhanet.

Von äußerlicher übung

Es sollen auch sonderlich diße personen zu aller
scham und züchtigen weßen aufferzogen und ihnen
nichts gestattet werden, das zu einiger bößen anreit-
zung ursach geben möchte. | In eßen und drincken
sollen sie aller mäßigkeit gezogen und für die alten
ein gemeiner, deßgleichen für die jungen auch ein
sonderer tisch gehalten werden. In kleidern soll auch
gleicher gestalt alle mäßigkeit gehalten und sie mit
gewohnlicher schwartzen oder grawen unterröcken,
schauben19, brust- oder kragenröcken, je nach ihrem
alter und stand, ohne allen üppigen geschmuckh, er-

14 Bestimmung, Bedingung, s. FWb 3, Sp. 1656f.
15 Unentgeltlich, s. Grimm, DWb 25, Sp. 390.
16 Nutzen, s. Grimm, DWb 5, Sp. 3452.
17 Zweimal.

barlich und mit keiner sonderen kleidung bekleidet
werden.
Wa man auch den jungen bißweilen etwas ergötz-
licheit undt kurtzweil vergunnen, soll doch solches
alles mit christlicher bescheidenheit und aller zucht
beschehen und angerichtet werden. Dieweil auch der
müßiggang ein anfang alles ubels, so sollen diese
personen nach vollendtem gebett zu weiblicher ar-
beit, als spinnen, nehen, würcken und was derglei-
chen, vleißig angehalten und sondere personen

18 Zu den seit 1536 (AMS II 41- 42a/2, Bl. 141) bestehen-
den Predigten evangelischer Geistlicher in den Frauen-
klöstern s. Leonard, Nails, S. 100-102.
19 Langes, weites Oberkleid.

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