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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Dörner, Gerald [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0548
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Straßburg

sachen halben zu handlen haben, dann also12 einer
vom gegentheil argwöhnisch13 und partheyisch ge-
achtet möchte werden. Wa aber einer also mit einem
zu reden anfienge, soll ihme nicht gestattet werden,
sonder den oder die für die verordneten herren wei-
sen und also gemeiniglich handeln.
Es sollen auch die eherichter allen Zinstag14, so ih-
nen aus befelch des meisters verkündet würd, in
sommers und winters zeiten zu einer uhren, in der
großen raths stuben seyn, da dann solch gericht
gehalten |351| werden soll. Und welcher der verord-
neten herren also nit erschiene oder etwas lang-
sam15 nach der stunden und die andern herren ge-
sessen und eine sach angefangen hätten, der soll ein
schilling pfenning zu zahlen verfallen seyn. Wa aber
einer aus ehehaften ursachen nicht erscheinen möch-
te, der soll es einem regierenden ammeister ansagen,
damit er einen andern die zeit an sein statt verord-
ne. Wann aber ein herr verordnet würde, von der
stadt wegen zu reiten oder zu seinen geschäften aus
der stadt müßte, der soll solcher gestalt auch dem
ammeister es anzeigen, ein andern zu verordnen,
ihne zu verwesen16, damit diese geschäft nicht ver-
hindert und die leut also aufgehalten werden.
So auch den verordneten herren verkündet würde
und sich es zutrüge, daß nit mehr dann sechs herren
kämen, sollen solche sechs herren gewalt haben, in
den sachen zu handlen und fortzufahenn, auch er-
kanndtnußen zu geben oder urthel zu |352| sprechen.
Wa aber minder dann sechs herren erschienen, sollen
sie kein endurthel sprechen. Klag und antwort17,
dergleichen kundschaften mögen sie wohl hören und
solche in die feder kommen lassen bis auf nächst-
künftigen Zinstag, so ihr mehr würden. Und soll
man den herren jeglichen geben den Zinstag ein

12 Denn auf solche Weise, s. Grimm, DWb 2, Sp. 742f.
und FWb 1, Sp. 853.
13 Verdächtig, s. FWb 2, Sp. 89-91.
14 Dienstag.
16 Spät, s. FWb 9, Sp. 266.
16 Vertreten, s. Grimm, DWb 25, Sp. 2236.
17 Verteidigung des Beklagten auf die Klage hin, s. FWb 1,
Sp. 1558f. und DRW 1, Sp. 756.

schilling pfenning, so sie also erscheinen und in den
ehesachen handlen.
Es sollen auch die verordnete eherichter mögen und
macht haben, zwo fromme persohnen, dazu ge-
schickt, so eine liebe zu der ehre Gottes und seinem
wort hätten, zu fürsprechen18 anzunehmen, desglei-
chen, wa sie sich nicht geschickt und wohl halten,
wieder zu beurlauben und andere an ihre statt zu
verordnen. Desgleichen sollen die eherichter auch
macht haben, einen frommen gesellen zu ihrem bot-
ten anzunehmen.
Der fürsprechen ordnung
Die fürsprechen sollen bey ihren eyden |353| ihrem
zugestellten befelch getreulich nachkommen und,
wann ihnen gebotten oder verkundt würd, fürder-
lich erscheinen, der verordneten eherichter und der
partheyen gewarten19, auch sie mit fleiß ihres anlie-
gens verhören und, wie sie bericht von ihnen wer-
den, das also fürtragen und, wa sie einigen betrug
hinter einer partheyen befunden, solche davon güt-
lich weisen, damit die sach desto fürderlich ausge-
tragen möchte werden.
Und obwohl die alt ordnung20 vermag, daß die ehe-
gerichts procuratores von keiner parthey mehr dann
ein schilling pro arrha21 nehmen sollen, jedoch die-
weilen sie sich anno 72 derselben beschwert, auch
allerhand erhebliche ursachen fürbracht und seither
zehn schilling von den partheyen genommen, so
lasst man sie bey solchem herbringen22 der 10 schil-
ling auch hinfürter verbleiben.
Was aber sonsten advocaten und procurator lohn
belangen thut, soll auf der partheyen begehren der-

18 Mit fürsprecher sind hier die Vertreter der beiden Streit-
parteien (s. DRW 3, Sp. 1088-1090) gemeint.
19 Zur Verfügung stehen, s. DRW 4, Sp. 730f.
20 Vermutlich ist mit der alt ordnung die nicht mehr erhal-
tene Ehegerichtsordnung aus dem Jahr 1529 gemeint (s.
dazu die Einleitung zu Nr. 11).
21 Als Handgeld, s. FWb 1, Sp. 161 (s.v. arre).
22 Gewohnheit, s. Grimm, DWb 10, Sp. 1066.

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