Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Dörner, Gerald [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0557
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
61. Kirchenordnung

das er Sünde vergibt, auff das er allein gerecht seie
und gerecht mache den, der da ist des Glaubens an
Jesu. |5|
Auß solchem Glauben aber als einem guten Baum
folgen auch gute Früchte20 des newen Gehorsams,
wie geschrieben steht: μWir seind Gottes werck, ge-
schaffen in Christo Jesu zu guten wercken, zu wel-
chen uns Gott zuvor bereitet hat, das wir darinnen
wandlen sollen. Und abermals: νEs ist erschienen die
heilsame Gnade Gottes allen Menschen und züchti-
get uns, das wir sollen verleugnen das ungöttliche
wesen unnd die weltlichen lüste und züchtig, Ge-
recht und Gottselig leben in diser welt und warten
auff die Selige hoffnung und Erscheinung der Herr-
ligkeit des grossen Gottes und unsers heilands Jesu
Christi, Der sich selbs für uns gegeben hat, auff das
Er uns erlöset von aller ungerechtigkeit und reiniget
ihm selbs ein volck zum Eigenthumb, das fleißig
were zu guten wercken.
Diß ist die Summa und das Hauptstuck, dahin alle
andere Artickel der rechten himmlischen und Gött-
lichen lehre von Gott, von dem Gesatz, von der Sün-
de, von dem Evangelio, vom Glauben, von den Sa-
cramenten, von guten Wercken und den Geschäfften
eines jeglichen Christlichen Standes und Beruffs,
von der Aufferstehung der Todten, von der ewigen
Seligkeit und kurtzlich von allen nützlichen und
nohtwendigen Stucken unserer einigen, rechten,
warhafftigen Christlichen Religion entlich gerichtet
und geleitet werden.
ξNun ist die bemelte Lehr und was derselben anhan-
get in der heiligen Göttlichen Schrifft, nemlich in
den Schrifften der heiligen Propheten und Aposteln,

μ Ephes. 2,10.
ν Tit. 2,11 [-14].
ξ I. Die reine Lehr ist in hl. Schrifft gnugsam verfasset.
ο Gal. 1,8.
π Kirchendiener sollen in der Bibel fleißig studieren.
ρ I. Welches die warhaffte, unzweivelige Bücher seien im
Alten und Newen Testament.
20 Vgl. Mt 7,17.

so genennet werden die Biblia deß Alten und Newen
Testaments, dermaßen gnugsam verfasset und
außgefuhret und mit Göttlichen, himmlischen Wun-
derzeichen versichert |6| und bestätigt, οdas der
h. Apostel Paulus auch einen Engel vom himmel, so
er anderst, dann die jetz bemelte Schrifft außweiset,
predigte, verfluchet.
πDarumb sollen billich alle Kirchendiener, welche
das Lehrampt führen, allen ihren möglichen fleiß, so
tags, so nachts, mit ernstlicher Anruffung Gottes da-
hin richten und wenden, das sie die Schrifft der
h. Propheten und Aposteln embsiglich lesen, recht
verstehn und alle ihre Predigten in Lehr, Ermahnung
und Straff darauff gründen und darauß bestättigen.
ρDieweil aber beides21 von Alters hero und auch heu-
tigs tags nit geringer Streit ist, welches die rechte,
warhaffte und unzweivelige Bücher seien des Alten
und Newen Testaments, die man Canonicos libros
nennet22, und welches Apocryphi, das ist, solche Bü-
cher seien, die zwar den heil. Prophetischen und
Apostolischen Schrifften nit gleich zuhalten und
doch nutzlich und gut zu lesen seind23, So erklären
wir uns dahin, das wir deßhalben gäntzlich der mei-
nung seien, wie davon Doct. Martinus Lutherus in
ettlichen seinen Vorreden uber die selbe Bücher leh-
ret24, Nemlich das im Alten Testament die Bücher
Judith, der Weißheit, Tobiae, Syrach, Baruch, Mac-
cabaeorum und die Stuck in Esther und Daniel
sampt dem gebett Manasse, deß Königes Juda, da
er gefangen war zu Babel, nit under die rechte
Hauptbücher gehören, Viel weniger aber das dritte
und vierdte buch Esra, Im Newen Testament aber
die Epistel an die Hebreer, wie auch Jacobi und
Judae und die Offenbarung Johannis nicht so

21 Hier wie im folgenden erscheint beide(s) häufig im Sinne
von sowohl [...] als auch, s. FWb 3, Sp. 880-992.
22 Luther schließt sich beim AT dem Kanon der hebräi-
schen Bibel an und scheidet eine Reihe von in der Sep-
tuaginta und Vulgata enthaltenen Schriften aus, behält
aber deren Anordnung der Bücher bei.
23 Siehe Luther, WA Bibel 12, S. 2f.
24 Ebd., S. 4-7, 48-55, 108-111, 144-149, 290f., 314-317,
416-419 und 492f.

541
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften