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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0095
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6. Kirchenordnung 1573

11. Von liegen, trigen, affterreden231, bösen leu-
mund, Ehr abschneiden etc.
12. Ob er, der Pfarherr, ein Register halte, dar-
innen die getaufften Kinder, Hochzeit leut und Ab-
gestorbne personen verzeichnet werden. |66|
Was nun auff jeden Artickel mangelhafftigs vom
Pfarherr angezeigt, das wird in sonderheit auffge-
schrieben. Nach des Pfarherrs abtretten wird der
Amptman auff folgende Artickel befraget:
Vom Pfarherr:
1. Von seiner Lehr, was und wie er predige: Ob er
der Heiligen Schrifft und der Augspurgischen Con-
feßion gemeß lehre, Ob er etwas irriges, falsches
oder leichtfertigs auff die ban bring232. Item, ob er
nit die Predig mit holhiperey233, rachgirigen schmeh-
worten und dergleichen sachen zubring.
2. Ob er die heilige Sacrament recht fleißig und
williglich reiche, besonders in der not mit Kindern,
Kindbetterin, Krancken etc., und nicht etwan die
Kinder mit dem Tauff, die Alten mit dem Nachtmal
verseume234.
3. Ob er den Catechismum mit den Kindern am
Sontag und Feyertage fleißig treibe.
4. Ob er auch fleißig studire und nicht die zeit
mit spatziren, geselschafft, zechen oder sonst hand-
tirung zubring.
5. Ob er nit mit Papistischer, Zwinglischer, Wi-
derteufferischer und dergleichen irrthumb behafft
sey. |67|
6. Wie er daheimen mit Weib, Kind und Nach-
paurn, Item andern Pfarhern, seinen Mitbrüdern,
auch Amptleuten sich vertrage.
Wo nun der Amptman auff solche fragen geantwort,
sol er auch von den andern hieoben verzeichneten
und dem Pfarherr fürgetragnen Artickeln befragt
und sein bericht auffgezeichnet werden. Nach ge-

231 Übler Nachrede, s. FWb 1, Sp. 695f.
232 Etwas auf die ban bringen = „etwas zur Sprache bringen“,
s. FWb 2, Sp. 1800.
233 Spott, Verspottung, s. Wb. d. elsäss. Mundarten 1,
Sp. 360.
234 Vernachlässige.

thaner des Amptmans bekandtnus sol der Schulthes
und das Gericht, Item die Heimbürger und die Kir-
chenschöffen sampt den Censorn, allzusammen be-
ruffen und obgemelter Artickel wie der Amptman
befraget und die mengel auffgezeichnet werden.
So nun gemelte Personen alle verhort, sollen sie alle
zusammen gefordert und in gemein von disen Punc-
ten befragt werden:
1. Wie es mit den Kirchen und iren einkommen
ein gestalt hab.
2. Vom Almusen stock oder Gottskasten und wo
das Gelt hin gewendet werde.
3. Wie die Schul bestelt und derselbigen vorge-
standen werde. Item, wie es mit dem Sigristen235 ein
gestalt habe.
4. Vom Gebew der Kirchen, Pfarhauß und Schu-
len.
5. Von Spitäln und wie derselbigen gepflegt wer-
den, Item Gütenleut haus236.
6. Vom Kirchhoff und Begrebnuß. |68|
7. Von Hebammen.
8. Ob unter Amptleuten, Gerichten-, Kirchen-
und Schuldienern uneinigkeit oder zweytracht sey.
Was nun für mengel angezeigt, sol auch auffge-
schriben und alle abzutretten vermanet werden. Alß
dann sollen die Visitatores alle mengel erwegen und
die gemeinen klagen, sonderlich die privat Personen
belangen, auch sonderlich beschreiben237, nach den
beklagten Personen schicken und mit einem jeden in
sonderheit nach gelegenheit der sachen handlen,
Nemlich, die klag anzeichen, zur besserung verma-
nen und, so er dieselbig zusagt, hinzulassen238, Da er
aber halstarrig und unbußfertig vermerckt, ernst-
lich anzureden und mit der harten straff gegen im
zuverfahren.

235 Küster.
236 Haus zur Pflege der Aussätzigen, s. FWb 7, Sp. 763;
Wb. d. elsäss. Mundarten 1, S. 383.
237 Aufzeichnen, s. FWb 3, Sp. 1742f.
238 Fortgehen zu lassen, s. Grimm, DWb 10, Sp. 1450.

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