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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0227
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8. Gutachten zu den Gottesdiensten in der Karwoche [1528]

Zum vierden: Am Karfreitag, dash die lectanesi
[sic]7, ouch die collecten, so man fur die stätt, nem-
lich fur heiden, turcken, certassen8 und juden bet-
tet9 , ze dütsch gelesen wurden. Des glichen die be-
grebniß des herrn yn dasj grab mitt andern brüchen
abgestelt werdek10, ouch, das man nit mitt den hul-
zernen tafeln klöpfet11, sunder wie andere mol mitt
den gloggen zu den ämptern lüte. Man möcht auch
wol das crucifix, so dann lan dem selbigen tag in
dem amptl zeigt wirdt12, mitt etlichen gsangen un-
derlassen.
Zum fünften: Am helgen obend der Ostern ist unser
meinung, das man den touff conserver wie bisher,

h Gestr.: man.
i Gestr.: ze deutsch.
j Gestr.: h.
k Gestr.: ouch das tafeln.
l-l Erg. am Rand.
m Gestr.: das man die selbigen.
n-n Korr. aus: fur zehalten.
o Gestr.: üch witter ze betrachten.

7 = lectiones. Zu den Lesungen des Karfreitags (aus Hos
6,1-6, 2Mos 12,1-12 und Joh 18,1-40 u. 19,1-42) und
ihrer Verteilung vgl. Römer, Liturgie des Karfreitags,
S. 54-57.
8 Tscherkessen.
9 Zu den Großen Fürbitten für die Kirche und Welt (ora-
tiones sollemnes) in der Karfreitagsliturgie zählen die
Bitten für die Bekehrung der Juden (pro perfidis Iudae-
is) und für die Bekehrung der Ungläubigen (pro paga-
nis). Zur mittelalterlichen Gestalt der Orationes s.
Klaus Gamber, Sacramentarium Gregorianum 1, Re-
gensburg 1966, S. 63f. Vgl. Römer, Liturgie des Kar-
freitags, S. 66-70.
10 Die Grablegung Christi wurde in der Karfreitagsliturgie

ouch nit von nöten achtend, das man ein oster-
stock13 dar zu habe. Des glichen, das für ze se-
gen14, mag mitt gutem fug underlassen werden.
Und zum letsten: Das visitiern zum touff mitt der
procession die acht tag on alle irrung und gfar wol
mag ab gethon werden, doch so witt, das man die
halb Vespern, die man vor by dem touff hatt gesun-
genm, im chor sing, wie andere vesperen.
Nitt me habend wir uff diß mol üwer wissheit
nwollen furhaltenn. Sonder dise artickelo, was minder
oder mer do begriffen wurd, wöllen wir üch lassen
vollenden und eins berichts warten sin.

im Früh- und Hochmittelalter zunächst durch die Bei-
setzung eines Kreuzes oder einer Hostie im Heiligen
Grab nachgestellt. Ab dem 12. Jh. trat dann anstelle der
Sinnbilder eine oft lebensecht nachgestaltete Christus-
figur. Vielfach wurden bei der Beisetzung auch Grab-
truhen verwendet, die mit Szenen der Passion bemalt
waren. Vgl. Lex. d. MA. 4, Sp. 2029 (s.v. Heiliggrab);
Reinle, Ausstattung Kirchen, S. 228-237.
11 Kinder bzw. die Helfer des Priesters zogen mit Klappern
oder Ratschen durch die Gassen, um die Gottesdienst-
und Gebetszeiten auszurufen, da die Kirchenglocken
während der Zeit der Grabesruhe Christi nicht geläutet
werden sollten.
12 Zur Enthüllung des Kreuzes (in der Fastenzeit waren
Bilder und Kreuze verhüllt worden) und dessen Vereh-
rung in der Messe am Karfreitag vgl. Römer, Liturgie
des Karfreitags, S. 70-81.
13 (Die am Karsamstag geweihte) Osterkerze, s. Grimm,
DWb 13, 1379.
14 Die Weihe des Osterfeuers fand seit des 12. Jh. am
Abend des Karsamstags statt, vgl. HWDA 2,
Sp. 1439-1441; Römer, Liturgie des Karfreitags, S. 47f.

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