2. Zuchtordnung 1613
Von den Kindtauffen
Alß auch bishero viel unnützes Kostens und Uber-
fluß bey den Kindtauffen gebraucht und geübt wor-
den, darauß auch nicht ein geringer Mißbrauch und
unserer Burgerschafft großer Schaden und nachtheil
entstanden, da zu besorgen, wo demselben nicht
zeitlich60 begegnet, je länger je mehr sich einreissen
und erfolgen würdt, Solchem vor zu kommen und
allen uberflüssigen Unkosten abzustricken61, so ord-
nen und wollen wir, weil viel unnötiger, ja merkli-
cher Pracht mit den Kindsbeltzlin und Röcklin, wie
auch Geltschenck, so man in Säckel thut, bißhero
gebraucht worden, also unnd damit der gemein Bur-
gersman, so es allzeit dem vermöglichen will nach-
thun, nicht so hoch beschwerth, so sollen zwar hie-
mit die Kindsbeltzlin und Röcklin (bey welcher
uberliefferung der geringste Unkosten nicht ge-
macht, sondern gäntzlich verbotten sein solle62)
gleichwoln nicht in höherm werth und Preiß alß zu
zwantzig Batzen oder aufs höchst zu anderthalb
Gulden zuverehren63 erlaubt und zugelassen, Aber
auch den Kirschnern keine in höherm Gelt zu ma-
chen befohlen sein, bey straff, so viel die ubermaß
deß Kindtsbeltz oder Röcklins anlaufft64, vom Ge-
ber unnd Kirschner ohne nachlaß und Respect der
Personen abzufordern, Und keiner mehr alß Sechs
Batzen in Säckel geben. Welcher Gevatter65 aber sei-
ne Verehrung lieber in Gelt thun will, soll dieselbige
auch nicht höher alß auff ein Taler oder zum höch-
sten zwen Gulden gespandt und gereicht werden.
Weniger soll oder mag ein jeder seiner gelegenheit
nach wol in den Tauffsäckel thun oder sonsten ver-
ehren.
Ingleichen mögen die nechsten Verwanthen und
Nachbaren wohl zum Kindtauff beruffen66 werden,
60 Recht- bzw. frühzeitig, s. Grimm, DWb 31, Sp. 589.
61 Abzuschaffen, s. FWb 1, Sp. 424f.
62 Hier ist wohl gemeint: Beim Überreichen des Geschenks
soll den Eltern eine Gegengabe vollkommen verboten
sein.
das Kind in und auß der Kirchen zu begleiten und
der Kindbeterin glück zu wünschen, Aber den Ge-
vattern Zücker, Lebkuchen unnd dergleichen, es ge-
schehe vor oder nach dem Tauf, zu geben bei straff
eines Guldens gäntzlich verbotten sein. Es sollen
auch der Gevatterin nicht mehr als Zwo oder auffs
höchste Drey Weibspersonen ihr das geleidt zu
Hauß geben unnd die uberigen alle wiederumb nach-
her Haus ziehen, bey straff zehen Schilling, von je-
der verbrechenden Person zuerlegen.
Und nachdem der Kindbeterin bißhero allerhand
ungemach zugefügt worden, Indem sie der Gevat-
terin nach der Tauff ein Abendzehren oder Nacht
Imbis geben müssen, Soll dasselbig gantz abgethan
unnd bey vier Gulden straff solch zehren verbotten
sein. Aber der Ammen und den Jenigen, so in den
Nöhten beystandt geleist, soll der Kindbeterin ein
Imbiß zugeben ohnbenommen sein, Doch daß aller
uberfluß vermitten bleibe. Ebenermaßen soll hin-
füro bey den Kindschencken67 auff den Zünfften we-
der vom Gevatter noch Vatter kein Essen oder Wein
zum Nachtrunck zugeben zugelassen, sonder, weil es
ein Ueberfluß und dieselbigen mit solchem Un-
kosten beschwert werden, hiemit bey straff zweyer
Gulden verbotten sein, Worüber der Zunfftmeister
aufsehens haben und rügen und die Straff halb dem
Rhat unnd halb der Zunfft heimgefallen sein und
zustehen soll.
Ingleichen, unnd damit der Gevatter nicht weiter
beschwerth, soll niemants nach gehaltner Schenck
mit demselbigen zu Hauß ziehen, sonder Vater und
Gevatter auf der Zunfftstuben ein Abscheid von ein-
ander nemmen, alles bey straff zehen Schilling, so
jede hier wieder handlete Person dem Rhat verfallen
sein unnd verwürckt haben soll.
63 Zu verschenken, s. Wb. d. elsäss. Mundarten 1, S. 61.
64 Soviel der Preis über den 1 1/2 Gulden liegt.
65 Pate.
66 Eingeladen, s. FWb 3, Sp. 1551f.
67 Taufschmäuse, s. FWb 8, Sp. 905.
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Von den Kindtauffen
Alß auch bishero viel unnützes Kostens und Uber-
fluß bey den Kindtauffen gebraucht und geübt wor-
den, darauß auch nicht ein geringer Mißbrauch und
unserer Burgerschafft großer Schaden und nachtheil
entstanden, da zu besorgen, wo demselben nicht
zeitlich60 begegnet, je länger je mehr sich einreissen
und erfolgen würdt, Solchem vor zu kommen und
allen uberflüssigen Unkosten abzustricken61, so ord-
nen und wollen wir, weil viel unnötiger, ja merkli-
cher Pracht mit den Kindsbeltzlin und Röcklin, wie
auch Geltschenck, so man in Säckel thut, bißhero
gebraucht worden, also unnd damit der gemein Bur-
gersman, so es allzeit dem vermöglichen will nach-
thun, nicht so hoch beschwerth, so sollen zwar hie-
mit die Kindsbeltzlin und Röcklin (bey welcher
uberliefferung der geringste Unkosten nicht ge-
macht, sondern gäntzlich verbotten sein solle62)
gleichwoln nicht in höherm werth und Preiß alß zu
zwantzig Batzen oder aufs höchst zu anderthalb
Gulden zuverehren63 erlaubt und zugelassen, Aber
auch den Kirschnern keine in höherm Gelt zu ma-
chen befohlen sein, bey straff, so viel die ubermaß
deß Kindtsbeltz oder Röcklins anlaufft64, vom Ge-
ber unnd Kirschner ohne nachlaß und Respect der
Personen abzufordern, Und keiner mehr alß Sechs
Batzen in Säckel geben. Welcher Gevatter65 aber sei-
ne Verehrung lieber in Gelt thun will, soll dieselbige
auch nicht höher alß auff ein Taler oder zum höch-
sten zwen Gulden gespandt und gereicht werden.
Weniger soll oder mag ein jeder seiner gelegenheit
nach wol in den Tauffsäckel thun oder sonsten ver-
ehren.
Ingleichen mögen die nechsten Verwanthen und
Nachbaren wohl zum Kindtauff beruffen66 werden,
60 Recht- bzw. frühzeitig, s. Grimm, DWb 31, Sp. 589.
61 Abzuschaffen, s. FWb 1, Sp. 424f.
62 Hier ist wohl gemeint: Beim Überreichen des Geschenks
soll den Eltern eine Gegengabe vollkommen verboten
sein.
das Kind in und auß der Kirchen zu begleiten und
der Kindbeterin glück zu wünschen, Aber den Ge-
vattern Zücker, Lebkuchen unnd dergleichen, es ge-
schehe vor oder nach dem Tauf, zu geben bei straff
eines Guldens gäntzlich verbotten sein. Es sollen
auch der Gevatterin nicht mehr als Zwo oder auffs
höchste Drey Weibspersonen ihr das geleidt zu
Hauß geben unnd die uberigen alle wiederumb nach-
her Haus ziehen, bey straff zehen Schilling, von je-
der verbrechenden Person zuerlegen.
Und nachdem der Kindbeterin bißhero allerhand
ungemach zugefügt worden, Indem sie der Gevat-
terin nach der Tauff ein Abendzehren oder Nacht
Imbis geben müssen, Soll dasselbig gantz abgethan
unnd bey vier Gulden straff solch zehren verbotten
sein. Aber der Ammen und den Jenigen, so in den
Nöhten beystandt geleist, soll der Kindbeterin ein
Imbiß zugeben ohnbenommen sein, Doch daß aller
uberfluß vermitten bleibe. Ebenermaßen soll hin-
füro bey den Kindschencken67 auff den Zünfften we-
der vom Gevatter noch Vatter kein Essen oder Wein
zum Nachtrunck zugeben zugelassen, sonder, weil es
ein Ueberfluß und dieselbigen mit solchem Un-
kosten beschwert werden, hiemit bey straff zweyer
Gulden verbotten sein, Worüber der Zunfftmeister
aufsehens haben und rügen und die Straff halb dem
Rhat unnd halb der Zunfft heimgefallen sein und
zustehen soll.
Ingleichen, unnd damit der Gevatter nicht weiter
beschwerth, soll niemants nach gehaltner Schenck
mit demselbigen zu Hauß ziehen, sonder Vater und
Gevatter auf der Zunfftstuben ein Abscheid von ein-
ander nemmen, alles bey straff zehen Schilling, so
jede hier wieder handlete Person dem Rhat verfallen
sein unnd verwürckt haben soll.
63 Zu verschenken, s. Wb. d. elsäss. Mundarten 1, S. 61.
64 Soviel der Preis über den 1 1/2 Gulden liegt.
65 Pate.
66 Eingeladen, s. FWb 3, Sp. 1551f.
67 Taufschmäuse, s. FWb 8, Sp. 905.
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