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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0464
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Hagenau

Von Kupplerey und heimlichem auffenthalten16 etc.
Dieweil aber zum Ehebruch und Hurerey das Kupp-
len oder zutreiben ursach unnd gelegenheit gibt,
welches dann ein sonder schädlich laster ist, Dann
die Kuppler unnd Kupplerin, so durch ihre bott-
schafften und brieff hien und her tragen Jungfra-
wen, Frawen unnd Döchter oder andere verfüren,
hauß, hoff und gemach (solche unehrliche, schandt-
liche und leichtfertige werck zuvolbringen) darlei-
hen und also dardurch offtermals frommer leüt
kinder zur boßheit verursachen, die sonsten ihr le-
benlang fromm und erbar bliben, Solches gleichfals
zu fürkommen, So verbeut17 demnach hiemit ein
Ersamer Rhat ernstlich unnd will, Das niemand
forthien einige verdechtige, unehrliche personen be-
hausen, beherbergen oder underschleiffen18, |A 5r| Vil
weniger auch ihr bottschafften und Brieff hien unnd
her tragen oder sonsten in andere weg zu solchem
schandtlichen laster, Jungfrawen, Frawen und
Döchter verkupplen zutreiben, fürschub und hilff
thun sollen. Dann, wer hierinn schuldig erfunden
würt, der oder die selben sollen hierumb an ihrem
Leib, Leben und Gutt, nach gestalt der sachen und
eins Ersamen Rhats erkennen, ernstlich gestrafft
werden.
So ferr aber gleichwol solch Kupplen zu den Ehren
und doch hinderrucks ihrer Eltern, Vögt oder nech-
ster verwandten und freünd, inn deren verwaltung
sie dann seind, beschehen würde, die sollen gleich-
fals nach gestalt der sachen mit ernst gestrafft und
hierinn niemands verschont werden.
Von leichtfertiger Eheberedung
Es kompt auch unsern Herren, Meister unnd Rhat,
für, Wie das sich offtermals bei ledigen personen al-
lerley leichtfertige Eheberedung zutragen, Als das
sich etwann personen Ehelichen miteinander ver-
sprechen unnd solche zusagung widerumb ires gefal-

16 Unterkünften, Schlupfwinkeln, s. FWb 2, Sp. 374.
17 Verbietet.
18 Unterschlupf gewähren, s. Grimm, DWb 24, Sp. 1793.

lens auffsagen, Item, das sich auch etliche mit zwei-
en und auch dreien verehelichen, Welches dann dem
Heiligen unnd Göttlichen Ehestand gantz schmäh-
lich, auch Göttlichen, Geistlichen unnd Weltlichen
Rechten gantz zuwider ist, Daher dann auch solche
leichtfertigkeit bei straff Leibs und Lebens verbot-
ten19.
Wiewol nun, wie jetzt vermeldt, inn allen Rechten
dises Punctens halben hievor gnugsam versehen ist,
Jedoch, damit meniglich auch hierin sich zuhalten
wisse, so verbeüt demnach ein Ersamer Rhat zum
uberfluß solche leichtfertige Eheberedungen mit al-
lem ernst und gedenckt auch, dieselbige an Leib und
Leben nach gestalt der uberdrettung, meniglich zu
einem exempel unnd erhaltung deß Ehelichen unnd
Göttlichen stands, unabläßlich unnd ernstlich
zustraffen. [A 5v|
Von Unehelichem Beisitz20
Dieweil unnd auch zweiffels ohn unehelicher Beisitz
nichts anderst dann ein offentliche Hurerey, damit
dann der Almechtig ernstlich erzürnt würt, und
auch noch sovil desto grösser dann Hurerey ist, die-
weil dasselbig ohn alle scheüh under dem schein
Geistlichs Rechtens getriben würt, So ist demnach
ein Ersamer Rhat auch verursacht, hierin ein ernst-
lichs einsehen zuhaben und das inn allweg
abzuschaffen. Und derohalben, so wöllen unsere
Herren, Meister unnd Rhat, solchen offentlichen
Beisitz hiemit ernstlich verbotten haben. Und so
irer Burger oder Hindersaßen einer were (er sei wer
er wölle, niemandts außgenommen), der inn solchem
unehelichen und unehrlichen Beisitz biß anhero ge-
lebt, dem gebieten sie hiemit inn krafft irer Oberkeit
ernstlich und vestiglich, solches Beisitz fürohien sich
gentzlich zu enteussern. Würde aber nach publicie-
rung diser Christenlichen Ordnung jemandts in sol-
chem unehelichen Beisitz nachmals halßstarriger
weiß befunden, der solle mit verweisung der Statt

19 Vgl. Constitutio criminalis Carolina, hrsg. von Koh-
ler / Scheel, Art. 121, S. 63.
20 Konkubinat.

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