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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Dörner, Gerald [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0506
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Colmar

schrift“. Nach der Verlesung sollten die Geistlichen sich äußern, ob sie diesem Entwurf nach lehren wollten
oder nicht (categorice mit Ja oder Nein [...] erklären)120.
Magnus weigerte sich, das Dokument zu unterzeichnen, und wurde aus dem Dienst der Stadt Colmar
entlassen121. Aufnahme fand er zunächst im benachbarten Horburg; dann kehrte er nach Württemberg
zurück, wo er als Pfarrer in Unterensingen (bei Wendlingen a. N.) und später dann als Stadtpfarrer in
Laufen a. N. erwähnt ist122. Auch Bartholomäus Haller, ein Schüler von Johannes Pappus, verlor seine
Stelle als Diakon, weil er die „Deklarationsschrift“ nicht anerkennen wollte123. In einem Brief vom 21.
Januar 1590 protestierte Herzog Ludwig von Württemberg scharf gegen die Entlassung von Magnus und
übte dabei auch Kritik an der „Deklarationsschrift“, die er als unannehmbar für jeden rechtgläubigen
Pfarrer bezeichnete, da sie eine Mischung der Lehre der Confessio Augustana und der Lehre Zwinglis und
Calvins darstelle124. Einige Tage vor dem Schreiben des Herzogs, am 13. Januar 1590, hatte sich bereits
Johannes Pappus als Präsident des Straßburger Kirchenkonvents an den Colmarer Rat gewandt und
beklagt, daß das concept viel frommer Christen [...] nicht wenig betrübet und geergert, denn ob wol in demselbigen
auch etliche Puncten mit eingebracht sind, welche der reinen Lehr deß heiligen Evangelii und dem rechten
Verstand der Augspurgischen Conjession gemäß [...], so stimmet doch das mehrer theil deß concepts mit Zwinglii
und Calvini Meynung uberein und ist wie Gottes heiligem Wort also auch der Augspurgischen Confession, dero
Apologia und Schmalcaldischen Articuln, ja ihme selbst, stracks entgegen und zu wider125.
Die in den Schreiben von Johannes Pappus und von Herzog Ludwig geäußerten Kritikpunkte kehren in
dem Gutachten der drei Geistlichen der Reichsstadt Weißenburg zur „Deklarationsschrift“ vom 25. Juli
1590 wieder. Den Weißenburgern war die Schrift von Johann Georg Magnus zur Untersuchung zugesandt
worden, möglicherweise durch die Vermittlung von Johannes Pappus126. So fällt auch das Resümee der drei
Geistlichen zur „Deklarationsschrift“ ähnlich dem von Pappus aus: Neben den puncten [...], welche dem
reinen wort Gottes gemäß und für gut lutherisch wol passiren mögen, enthalte sie zahlreiche Stellen, die mit der
zwinglischen und calvinischen lehr und meinung gantz uberein kommen und dem gutten stracks entgegen und zu
wider lauffen. Von rechtgläubigen Pfarrern darf sie deshalb nicht unterzeichnet werden. Konkret richtete
sich die Kritik der Weißenburger bei den Erläuterungen zum Artikel 10 der Confessio Augustana auf das
Fehlen der manducatio oralis und die Ablehnung der manducatio impiorum, bei den Erläuterungen zum
Artikel 13 vor allem auf die Verwerfung der Ubiquitätslehre127.
Bereits einen Tag vor der Fertigstellung des Gutachtens teilte der Weißenburger Pfarrer Peter Bilfinger
seinem Kollegen Johannes Pappus das Ergebnis der Untersuchung der „Deklarationsschrift“ mit. Am fol-
genden Tag erhielt dann auch der zu diesem Zeitpunkt noch in Horburg tätige Magnus eine entsprechende
Mitteilung128.
9. Eid der Prediger, [3. Februar 1590] (Text S. 523)
Siehe hierzu die Erläuterungen unter Nr. 2.

120 Vgl. Schmidt, Widerlegung, S. 140.
121 Ebd., S. 148f.
122 Vgl. Bopp, Geistliche, Nr. 1823.
123 Vgl. Schmidt, Widerlegung, S. 169.
124 AM Colmar GG 158, Nr. 25. Das Schreiben ist abge-
druckt bei Schmidt, Widerlegung, S. 156-160.
125 Der Brief von Johannes Pappus findet sich in Schmidt,
Widerlegung, S. 160-164 (das Zitat ebd. auf S. 161f.).
126 Im Unterschied zur „Deklarationsschrift“ ist das Gut-

achten jedenfalls nur im Bestand 1 AST 98 des AMS
überliefert.
127 Selbst sah man die Ubiquitätslehre durch den Artikel 3
des Augsburger Bekenntnisses und das Apostolicum
gesichert.
128 Vgl. Greyerz, City reformation, S. 135, Anm. 51, wo
die beiden Schreiben aus 1 AST 98 und 1 AST 154
erwähnt sind.

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