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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (22. Band = Nordrhein-Westfalen, 2): Das Erzstift Köln - die Grafschaften Wittgenstein, Moers, Bentheim-Tecklenburg und Rietberg - die Städte Münster, Soest und Neuenrade - die Grafschaft Lippe (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.33493#0131
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3. Kirchenordnung [1565]

muten ist. Unnd soll in allem mit diesenn der tauff
und gevattern halber wie mit ehekindern gehalten
werden.
Dieweil auch der mißverstandt bey den leuten die-
ses orts nicht ohngemein, da sie dem eusserlichen
werck die krafft zuschreiben, Gottes gnade und ge-
meinschafft mitzutheilen, und auß solchem nicht al-
lein die leichtfertigkeit, da der vatter daheim blei-
bendt, etwa sein kindt mit zwey oder dreyen
weibern allein, auch offt, wenn keine christliche ver-
samlung und ohn nott, zur kirchen schickt, sondern
auch zu geh-38 oder nottauff geeilet wird, soll ein
jeder diener der sacramenten die eltern dahin be-
richten, das sie ire kinder in tempel, wenn christli-
che versamlunge sein, mit gleubiger andacht zur
tauff bringen, die wehemütter und andere weiber
auch mit allem ernst dahin halten, das sie sich des
tauffens nit leichtlich underwinden. Wo aber nott
vorfiele, das die kinder auß schwacheit in die kirche
nicht möchten getragen werden, und man sich zu-
besorgen hette, das sie mit dem todt ubereilet wur-
den, sollen die diener in die hause[r] folgen und die
krancken kinder auch privatim, doch in beysein et-
licher frommen christen, wie viel man der nach ge-
legenheit zusamen bringen kan, zuteuffen be- |58r|
reit seinn.
Die Form aber zu teuffen belangendt, soll die
jenige behalten werden, welche man bißher ge-
braucht unnd in der kirchen agenda hertzog Hen-
richs von Sachsen39 ist beschriebenn, ohn das der
exorcismus, als ein menschen gedicht und zusatz,
gentzlich und von allen soll underlassen werden. | 58v
leer, 59r|
Von dem heiligen nachtmal
Damit auch die selige gemeinschafft Christi nit ohn
gebürlich und zum gericht40, sondern mit warem
glauben und christlicher gebür zu ewigem heyl be-

38 Jähtaufe = Nottaufe.
39 Kirchenordnung Herzog Heinrichs von Sachsen 1539,
Sehling, EKO I, S. 266f.
40 Vgl. 1Kor 11,28-29.

gert und entpfangen werde, dahin dann vornemlich
zu sehen ist, sollen die diener des worts und der sa-
cramenten allen ernst und fleiß mit berichten und
vermanen gegen denen uben, die zum tisch des her-
ren gehen wöllen, also das sie alle die, welche sie der
geheimnuß Christi zuvor nicht gnugsam underrich-
tet und recht verstendig sein wissenn, beforschen,
freundlich underrichten, vermanen und zum ver-
trawen auff die hohe zusagen des herren stercken,
denn es inn keinem wege zugestatten, das ohnbe-
kandte, ohnverhorte leute, von welcher glaube,
meynung, leben und wandel man kein gewiß zeug-
nuß hat, das nachtmal des herren mit andern gleu-
bigen entpfangen. |59v-60r leer, 60v|
Von der kirchen zucht undt straffe
Die beforschung, auff welche underricht und ver-
manung folget, kan geschehen auff diese weise:
Den sontag oder acht tage zuvor, ehe man das
nachtmal helt, welches in etlichen kirchen alle vier-
zehen tage, in andern allen monat geschehenn soll,
nach dem viel oder wenig leute in der gemein sein,
soll der pfarherr morgens vor der predigt die elte-
sten zu sich bescheiden und foddern lassen, nachfol-
gende articul verlesenn und ein jedern darauß, was
sündliches, lesterlichen und ergerlichen thuns er bey
und under seinen nachbauren vernomen, abfragen
und als bald in ein sonder buch, welches er darzu
haben soll, verzeichnen.41
1. Erstlich, ob auch noch unter ihnen seienn oder
befunden werden ohngleubige, die inn abgötterey
bleiben und verharren und nebenn dem waren got-
tesdienst falsche götzendienst verrichtenn.
2. Zum andern, die grewliche gotteslesterung
mutwillig uben, durch öffentlich fluchen und schwe-
ren Gottes namen mißbrauchen und andere ergern
oder mit abergleubischen segen42, warsagen und | 61r |
zauberey umbgehen, mit allen den, so solchem glau-
ben gebenn.

41 Die folgenden Punkte 1 bis 9 wurden zumeist fast wört-
lich aus der Kirchenordnung 1563 übernommen, siehe
oben, S. 104.
42 Benediktionen.

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