Einleitung
Am 13. Oktober 1613 erließ er das konstituierende Mandat.123 Darin berief er sich auf die 1612/13
durchgeführte Visitation, deren Ergebnis zu dem Entschluss geführt habe, „etliche gottsfürchtige, verstän-
dige undt erfahrne persohnen“ als Oberkirchenräte einzusetzen. Der Graf berief ein vierköpfiges Gremium,
bestehend aus dem Drosten Adolf von Beesten, dem Hofmeister Berthold von Stampa, dem Burgsteinfurter
Theologieprofessor Hermann Ravensperg und dem dortigen Juraprofessor Johann Pagenstecher. Der Ober-
kirchenrat sollte die Aufsicht über die Presbyterien (Kirchenräte)124 sowie sämtliche Kirchen- und Schul-
diener der Grafschaft üben, die Schul- und Armengüter verwalten, streitige Ehesachen entscheiden „undt
waß fehrner zu obangemelter geistlicher regimentsverwaltung dienlich undt nöhtig, verrichten und ver-
schaffen“.125
Der Oberkirchenrat, der aus drei weltlichen und einem geistlichen Vertreter als Vorsitzendem bestand,
bildete die höchste Instanz der Bentheimer Kirchenleitung, die dem Grafen unmittelbar unterstellt war.
Dieser ernannte nicht nur 1613 die ersten Kirchenräte auf Lebenszeit, sondern berief die Amtsinhaber
vermutlich auch in späterer Zeit.126
Die Arbeitsweise des neuen Gremiums geht aus den Sitzungsprotokollen hervor, die seit 1613 vollstän-
dig erhalten sind. Hiernach war der Kirchenrat bei der Besetzung der geistlichen Ämter mit Examinierung
und Ordination der Pfarramtskandidaten betraut und übte die Disziplinargewalt über die Kirchen- und
Schuldiener sowie die einzelnen Gemeindeglieder aus. Desweiteren beriet er den Grafen in kirchlichen Ange-
legenheiten und führte dessen Verordnungen aus.127
Die Einrichtung des Oberkirchenrats brachte für die Klassenkonvente keine grundlegenden Verände-
rungen mit sich. Ihre Zusammenkünfte dienten nach wie vor der Bildung und Sittenzucht von Pfarrern und
Predigern. Neu war lediglich, dass die Inspektoren der Klasse die Ergebnisse ihrer Erkundigungen in den
einzelnen Gemeinden an den Oberkirchenrat weiterleiten mussten. Die Klassen wurden also zum Bindeglied
zwischen den Gemeinden und dem Oberkirchenrat und fungierten als dessen Beirat in allen die Landeskir-
che betreffenden Fragen.128 Auch die 1604 installierten Presbyterien behielten ihre Verfassung und Funktion
nach Einrichtung des Oberkirchenrats unverändert bei.129 Die im gleichen Jahr angeordneten regelmäßigen
Generalsynoden waren nach dem Tod Arnolds II. 1606 wieder in Abgang gekommen.130 Arnold Jost berief
diese Versammlungen nun nach Bedarf ein.
Anfang des 17. Jahrhunderts besaß die Bentheimer Landeskirche eine hierarchische Struktur: An der
Spitze stand uneingeschränkt der Landesherr, der die kirchlichen Hoheitsrechte ausübte. Ihm war der
Oberkirchenrat als kirchenleitende Behörde unterstellt. An der Basis standen die Presbyterien der einzelnen
Gemeinden und als Bindeglied zwischen Presbyterien und Oberkirchenrat fungierten die Klassenkonvente,
die Versammlungen sämtlicher Geistlicher des Landes. Die Verfassung der Bentheimer Landeskirche geht
auf die Strukturen in der Kurpfalz zurück, wo Presbyterien, Generalsynoden, Inspektoren und ein Ober-
kirchenrat bereits Ende des 16. Jahrhunderts tätig waren.131
123 Es ist tituliert als „Inscriptio commission undt bestallung
zum oberkirchraht“ bzw. als „fundation eines consistorii
in der graffschafft Bentheimb“. Der Abdruck im Anhang
der Kerkenordre der graafschap Benthem 1709, S. 69-72
ist überschrieben mit „Commission undt Bestallung zum
Obernkirchenraht“.
124 Siehe oben, S. 234.
125 Zum Inhalt siehe Schmidt, Classis, S. 34; ders., Einset-
zung, S. 220-222; ders., Arnold Jost, S. 59-62; Plasger,
Bedeutung, S. 45-47; ders., Gegenreformation, S. 70f.;
Smend, Kirchenverfassung, S. 27-29.
126 Plasger, Bedeutung, S. 47.
127 Smend, Kirchenverfassung, S. 29-32 referiert aus den
Protokollen. Auch die Kerkenordre der Graafschap Ben-
them, Utrecht 1709, S. 52-57 äußert sich im Kapitel „Van
den Overkerkenraed“ ausführlich zu den Aufgaben des
Gremiums, vgl. Schmidt, Kirchenordnung, S. 34f.
128 Smend, Kirchenverfassung, S. 32; Schmidt, Classis,
S. 34; Plasger, Gegenreformation, S. 71.
129 In einem Oberkirchenratsprotokoll von 1618 ist zwar eine
Ordnung für die Presbyterien erwähnt, sie scheint jedoch
verloren zu sein, Smend, Kirchenverfassung, S. 33.
130 Ebd., S. 25f.
131 Ebd., S. 33-35.
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Am 13. Oktober 1613 erließ er das konstituierende Mandat.123 Darin berief er sich auf die 1612/13
durchgeführte Visitation, deren Ergebnis zu dem Entschluss geführt habe, „etliche gottsfürchtige, verstän-
dige undt erfahrne persohnen“ als Oberkirchenräte einzusetzen. Der Graf berief ein vierköpfiges Gremium,
bestehend aus dem Drosten Adolf von Beesten, dem Hofmeister Berthold von Stampa, dem Burgsteinfurter
Theologieprofessor Hermann Ravensperg und dem dortigen Juraprofessor Johann Pagenstecher. Der Ober-
kirchenrat sollte die Aufsicht über die Presbyterien (Kirchenräte)124 sowie sämtliche Kirchen- und Schul-
diener der Grafschaft üben, die Schul- und Armengüter verwalten, streitige Ehesachen entscheiden „undt
waß fehrner zu obangemelter geistlicher regimentsverwaltung dienlich undt nöhtig, verrichten und ver-
schaffen“.125
Der Oberkirchenrat, der aus drei weltlichen und einem geistlichen Vertreter als Vorsitzendem bestand,
bildete die höchste Instanz der Bentheimer Kirchenleitung, die dem Grafen unmittelbar unterstellt war.
Dieser ernannte nicht nur 1613 die ersten Kirchenräte auf Lebenszeit, sondern berief die Amtsinhaber
vermutlich auch in späterer Zeit.126
Die Arbeitsweise des neuen Gremiums geht aus den Sitzungsprotokollen hervor, die seit 1613 vollstän-
dig erhalten sind. Hiernach war der Kirchenrat bei der Besetzung der geistlichen Ämter mit Examinierung
und Ordination der Pfarramtskandidaten betraut und übte die Disziplinargewalt über die Kirchen- und
Schuldiener sowie die einzelnen Gemeindeglieder aus. Desweiteren beriet er den Grafen in kirchlichen Ange-
legenheiten und führte dessen Verordnungen aus.127
Die Einrichtung des Oberkirchenrats brachte für die Klassenkonvente keine grundlegenden Verände-
rungen mit sich. Ihre Zusammenkünfte dienten nach wie vor der Bildung und Sittenzucht von Pfarrern und
Predigern. Neu war lediglich, dass die Inspektoren der Klasse die Ergebnisse ihrer Erkundigungen in den
einzelnen Gemeinden an den Oberkirchenrat weiterleiten mussten. Die Klassen wurden also zum Bindeglied
zwischen den Gemeinden und dem Oberkirchenrat und fungierten als dessen Beirat in allen die Landeskir-
che betreffenden Fragen.128 Auch die 1604 installierten Presbyterien behielten ihre Verfassung und Funktion
nach Einrichtung des Oberkirchenrats unverändert bei.129 Die im gleichen Jahr angeordneten regelmäßigen
Generalsynoden waren nach dem Tod Arnolds II. 1606 wieder in Abgang gekommen.130 Arnold Jost berief
diese Versammlungen nun nach Bedarf ein.
Anfang des 17. Jahrhunderts besaß die Bentheimer Landeskirche eine hierarchische Struktur: An der
Spitze stand uneingeschränkt der Landesherr, der die kirchlichen Hoheitsrechte ausübte. Ihm war der
Oberkirchenrat als kirchenleitende Behörde unterstellt. An der Basis standen die Presbyterien der einzelnen
Gemeinden und als Bindeglied zwischen Presbyterien und Oberkirchenrat fungierten die Klassenkonvente,
die Versammlungen sämtlicher Geistlicher des Landes. Die Verfassung der Bentheimer Landeskirche geht
auf die Strukturen in der Kurpfalz zurück, wo Presbyterien, Generalsynoden, Inspektoren und ein Ober-
kirchenrat bereits Ende des 16. Jahrhunderts tätig waren.131
123 Es ist tituliert als „Inscriptio commission undt bestallung
zum oberkirchraht“ bzw. als „fundation eines consistorii
in der graffschafft Bentheimb“. Der Abdruck im Anhang
der Kerkenordre der graafschap Benthem 1709, S. 69-72
ist überschrieben mit „Commission undt Bestallung zum
Obernkirchenraht“.
124 Siehe oben, S. 234.
125 Zum Inhalt siehe Schmidt, Classis, S. 34; ders., Einset-
zung, S. 220-222; ders., Arnold Jost, S. 59-62; Plasger,
Bedeutung, S. 45-47; ders., Gegenreformation, S. 70f.;
Smend, Kirchenverfassung, S. 27-29.
126 Plasger, Bedeutung, S. 47.
127 Smend, Kirchenverfassung, S. 29-32 referiert aus den
Protokollen. Auch die Kerkenordre der Graafschap Ben-
them, Utrecht 1709, S. 52-57 äußert sich im Kapitel „Van
den Overkerkenraed“ ausführlich zu den Aufgaben des
Gremiums, vgl. Schmidt, Kirchenordnung, S. 34f.
128 Smend, Kirchenverfassung, S. 32; Schmidt, Classis,
S. 34; Plasger, Gegenreformation, S. 71.
129 In einem Oberkirchenratsprotokoll von 1618 ist zwar eine
Ordnung für die Presbyterien erwähnt, sie scheint jedoch
verloren zu sein, Smend, Kirchenverfassung, S. 33.
130 Ebd., S. 25f.
131 Ebd., S. 33-35.
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