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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (23. Band = Schleswig-Holstein): Die Herzogtümer Schleswig und Holstein — Tübingen: Mohr Siebeck, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.41731#0156
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Die Ordnungen bis zur Teilung der Herzogtümer 1544

Desgeliken befliten se sick ock, alle andere hilligen
mit schendliken lögenen unde honspottinge nicht
tho eerende mit eren gesengen, alse se vorgeven,
sonder tho beschwerende456. Alse wen se singen van
Sünte Nicolaus457: Na dem alse de hillige Nicolaus
de averwinninge vorworven, hefft he synen denern
gelavet, dat he ene wolde geven hemmelsche nüt-
ticheit, de uth gantzem herten begeren syn gebeth.
Demsulvigen möten wy uns uth gantzer andacht
bevelen, dat wy dorch syn vorbiddent by Christo
gehulpen werden alle tidt. Lever, segge her: Wat vor
knechte hefft S. Nicolaus, Augustinus edder Frans-
ciscus? Hefft nicht Christus wedder den Duvel ge-
secht, dat dar geschreven sy: Du schalt Godt, dynen
Heren, anbeden unde eme allene denen?458 Wor ed-
der wanner hefft Sunte Nicolaus gelavet synen de-
nern tho gevende Hemmelsche nüttigheit? Ydt ys
alles erlagen. Unde so fordan alles, wat folget yn der
Historien, ys doch nichtes anders den ein gelove
unde vortruwent yn Sunte Nicolaus, Dat he uns den
Heren Christum vorsönen schal, So doch noch yn
Hemmel noch up erden Nemandt ys, de uns mer le-
| T lr | vet den Christus, wo he sulvest secht: Ne-
mandt hefft gröter leve, den dat he syne seele sette
vor syne Fründe459. So willen wy ock hyr seggen mit
Paulo: Ys den Paulus vor juw gecrutziget? Sint gy
den ym namen Pauliq, Nicolai edder Marie gedofft
worden?460
Dat hebben wy umme der willen so groff heruth ge-
streken, de dar seggen, wan se hdren, dat men ym
gesange dat Jennige, wat wedder Godt ys, vormiden
schal, Se weten nicht, wat wy vor gesenge menen, de
wedder Godt syn scholen. Darumme solcke unde
dergeliken Honspottinge mdthen wy faren laten,
Scholen ock hyr namals yn unsern mundt nicht ka-
men.

q A: Paulii, B: Pauli.
456 Hier: kränken, beschimpfen (s. im Glossar unter beswe-
ren).
457 Im Norden wurde Nikolaus vor allem als Patron der
Schiffer verehrt. Von der Verehrung des Heiligen zeugt
die große Zahl von Nikolaikirchen in norddeutschen Kü-

Se seggen averst: Lavet Godt yn synen Hilligen. So
sy dar geschreven461. Wol löchent dat? Ock wil ick
hyr nicht anfechten dat wordt Sanctus, efft ydt sy
Masculini edder Neutri Generis. Sondern hyr ghan
wy nu mit umme, Dat wy den Heren yn synen Hil-
ligen dorch unsere lögen unde ungödtliken Gades-
denst nicht Honspotten mögen.
Wo averst de Esele yo vaste darup stan willen, dat
wy de hilligen schollen anropen, Darumme dat ge-
schreven steith: Lavet den Heren yn synen hilligen,
So kan men na dersulvigen wyse uth dersulvigen
stede ock beweren, dat men de Basunen anropen
moste, den Psalter, de Harpe, de Trummen, dat
Chor, de Seiden, de örgeln unde thom lesten ock de
| T 1 v | Cymbalen. Den dar folget na: Lavet den He-
ren ym lüde der Basunen, lavet ene ym Psalter unde
yn der Harpen etc.462 Wat wolde hiruth werden?
Wille wy denne yo unsinnich syn? Averst ydt ys ge-
noch van dem, dat men yn der Kercken nichtes un-
gödtlikes, dat ys, welcker dem worde Gades unde
dem Christliken geloven frömde ys, singen schal.
Uth dersulvigen orsake möthen sick ock de Geistli-
ken entholden van den Legenden der hilligen, alse
men se nömet, Dat se de ock nicht apentlick lesen.
Efft se averst yemandt yn geheim lesen wil unde
also de tidt thobringen, Dat late wy wol gescheen,
Alse wy ock nicht vorbeden, de Fabulen Esopi tho
lesende. Averst desse Fabulen hebben dennoch gude
leren by sick. De Legenden sint thom grötesten dee-
le vull schendliker lögene, Ja ock gantze Meere vull
lögen, Ein herlick wercktüch, wordorch de Mönni-
cke konden ere Huchelie vormeren unde Christum
uns vordunckeln.
So syn ock yn den Legenden so grote lögene tho ti-
den, Dat ock de gelerden unde de, so Historien ge-
stenstädten. Vgl. HWDA 6, Sp. 1087; Franz, Benedik-
tionen 1, S. 627.
458 Mt 4,10.
459 Joh 15,13.
460 IKor 1,13.
461 Ps 149,1 (Vulgata): laus eius in congregatione sanctorum;
Ps 150,1 (Luther): Lobet Gott in seinem Heiligtum.
462 Ps 150,3-5.

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