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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Dörner, Gerald [Bearb.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (23. Band = Schleswig-Holstein): Die Herzogtümer Schleswig und Holstein — Tübingen: Mohr Siebeck, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.41731#0157
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7. Kirchenordnung 1542

lesen hebben, sick vorwundern möthen, dat de un-
gelerden lüde solck erdichtet dinck und larven des
Düvels nicht seen können, Alse se van dem Evan-
gelisten Sünte Mattheus legen463, Dat he hefft eine
Kercken unde Altar gehat und sy vor dem Altar,
dar he Misse geholden, vam [ T 2r | Försten dodge-
schlagen, Darumme dat he apentlick yn syner Pre-
digte vorbaden hadde, de Förste scholde keine Nun-
nen thor Ee nemen464.
Wat hadden de Christen vor Kercken by tiden der
Apostel den allene de levendigen Kercken, dar Pau-
lus van secht: De Tempel Gades ys hillich, dat sint
gy465. Item, wete gy nicht, dat yuwe lichnam sint ein
Tempel des hilligen Geistes, de yn juw wanet?466
Solcke Kercken buweden de Apostel, de Kerckheren
und hilligen Doctores tho einer erfüllinge des Lich-
ammes Christi, alse Paulus secht tho den Ephesern,
Darvan he Schrifft, dat se gebuwet syn up dat Fun-
dament der Apostel unde Propheten, up den hogen
Eggestein Jhesum Christum467. Nicht dat ick straffe
de hüsere, welckere wy Kercken nömen, dar wy tho-
hope kamen, dat Evangelium Christi tho hörende,
ein gemein gebeth tho donde unde de Sacramente
tho entfangende, Averst ick strafe de lögenhafftigen
Historien. Denn van solcken Kercken wüste men yn
den tiden nichtes tho seggen.
So weren ock yn den tiden solcke Altäre nicht, alse
de unsern hernamals tho den offerhandelingen des
Vegevürs erdichtet hebben. Sondern se seden, alse
dar steit yn der Episteln tho den Hebreern: Wy heb-
ben einen Altar, dat ys Christus. Darvan mögen

r A, B: Ee.
463 Lügen.
464 Nach einer Überlieferung des Rufinus soll Matthäus die
Tochter des Königs Egippus, Ephigenia (unten S. 139:
Hypogenia), vom Aussatz geheilt haben. Matthäus wur-
de daraufhin eine Kirche errichtet, Ephigenia trat in ein
Kloster ein. Nach dem Tod des König Egippus begehrte
dessen Bruder Ephigenia zur Frau. Als Matthäus ihm
erklärte, daß Ephigenia die Braut eines höheren Königs
sei, brachte dieser ihn am Altar mit dem Schwert um.
Die Legende (s. auch unten S. 139) ist im Schleswiger
Breviar überliefert.
465 IKor 3,16-17.

nicht ethen de, welcker ym Tabernaculo denen468.
[T 2v|
Averst worher sint tho den tiden de Nunnen geka-
men?469 Hebben ock de Apostele darvan gelert, de
dar gesecht van den Junckfrouwen: Ick hebbe Gades
gebodt nicht, averst ick geve einen Radt, alse einer,
de Barmherticheit van Gade erlanget hefft, Dat ick
truwe syn möge470. Tho den tiden de Junckfrouwen,
de de Gnade, kusch tho levende, van Gade hadden
(den welcker solcke gnade nicht hadden, den redt
ock Paulus solckes nicht), de bleven yn den hüsern
by eren öldern uth fryem willen, ane gelöffte, ane
gesette, Dat ys, alse Paulus secht, ane ein strick,
dardorch se vorbunden edder vorknüppet wörden.
Den so luden syne word: Wol sick vorgesettet hefft,
syne Junckfrouwe tho holdende etc.471 Desulven
Jungfrouwen deneden eren öldern unde hülpen mit
thor hussholdinge, weren nicht leddich, alse de un-
sern, unde eten ock ere brodt nicht vorgeves gegen
de ordening Gades, hadden sick ock nicht vorplicht
an Godtlose Regulen unde wunderbarlike Ceremo-
nien, sonder behageden allene dem Heren Christo,
na dem Evangelio van der Erer Gades, dat Paulus
Predigede. Den se weren fry van sorgen desser werlt,
dörfften sick nicht bekümmern vor eren Man, vor
ere kinder, vor ere güder etc.4'2 Sonder einen Bueck
konden se mit erem Arbeide lichtlick erneren, De-
wile se wüsten, dat se keine kinder hinder sick leten,
de se konden edder möchten beleven473. Densulvigen
stundt ock apen hernamals allewege, dat se fryen
konden, wen se wolden. T 3r |

466 IKor 6,19.
467 Eph 2,20; s. auch Eph 4,11-12.
468 Hebr 13,10.
469 Vgl. dazu Bugenhagens Schrift: Wat me van dem Closter
levende holden schal, allermeyst vor den Nunnen unde
Bagynen geschreven. Uth der hilgen schrift, Hamburg:
Richolff 1529, vgl. Geisenhof, Bibliotheca Bugenha-
giana, Nr. 253; in frühneuhochdeutscher Sprache er-
schienen in Wittenberg 1529, ebd., Nr. 254.
470 IKor 7,25.
471 IKor 7,35-36.
472 Vgl. IKor 7,34.
473 Lieb gewinnen.

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