Einleitung
der Kranken gestattet sein sollte. Daraufhin erhoben die Pfarrer der Propstei in einem ausführlichen Schrei-
ben scharfen Protest gegen die Entscheidung des Königs. Zwei Jahre später, am 25. April 1654, kam jedoch
eine Einigung zwischen beiden Seiten zustande: Den Kaplänen bzw. Diakonen wurde fortan das Beichte-
hören gestattet, ebenso das Taufen und der Besuch der Kranken. Bei der Beichte mußten sie sich aber auf
das Gesinde und auf die Gruppe der Neuvermählten beschränken. Weiterhin den Pfarrern allein Vorbehal-
ten blieb in der Propstei Münsterdorf die Einsegnung der Ehen89. In der ebenfalls zum königlichen Anteil
gehörenden Propstei Flensburg war den Kaplänen bzw. Diakonen dagegen auch diese Amtshandlung ge-
stattet90.
Wie die Kapläne understanden auch die Küster dem jeweiligen Kirchherrn. In der Heiligenstedtener
Kirchenordnung ist das Tätigkeitsfeld des Küsters nur grob Umrissen: de up dat Klockenwerk lüdent und
syngent, ock andere kostere empter bynnen und buten der kerken wahret. Von der Unterweisung der Buren
kinder im Katechismus, wie sie die Schleswig-Holsteinische Kirchenordnung vom Küster forderte91, oder
gar vom Unterricht im Lesen, wie sie die Schulordnung von 1544 neben der Vermittlung des Katechismus
vorsah92, ist hier nicht die Rede.
Dem Heiligenstedtener Küster sollte ein ehemaligesVikarienhuß zugewiesen werden, das nach den An-
gaben des alten Missale am Kirchhof lag und der Marienkirche gehörte93. Von dem ursprünglich zur Kü-
sterpfründe zählenden Land war anscheinend in den Anfangsjahren der Reformation ein Teil entfremdet
worden94. Auf langer Gewohnheit (so uth dem Caspel stendich by dem kosterien denste gewesen) beruhten die
Einnahmen des Küsters von den Bewohnern der Marsch- und der Geestgebiete in Form von Getreide sowie
von Eiern, Brot und Wurst. Hinzu kamen die Gelder, die der Küster für die Bereitstellung des Taufwassers
sowie für das Läuten bei den Beerdigungen erhielt.
In der Heiligenstedtener Ordnung war vorgesehen, daß der Kaplan die Aufgaben des Küsters übernahm,
wenn die Stelle nicht besetzt werden konnte. Anscheinend trat dieser Fall auch bald ein. In dem Heiligen-
stedtener Missale ist jedenfalls für das Jahr 1573 eine Anweisung für die Kirchgeschworenen überliefert,
wonach diese das ursprünglich als Wohnung für den Küster vorgesehene Haus anderweitig vermieten soll-
ten95.
Kön 7. Bestimmungen des Münsterdorfer Konsistoriums zur Eheschließung, 13. Januar 1565 (Text S. 280)
In Kursachsen war es 1539 unter Johann Friedrich dem Großmütigen zur Einrichtung eines Konsistoriums
in Wittenberg gekommen. Gedacht war das Konsistorium als Kirchengericht für geistliche Personen und
für kirchliche Vergehen von Laien sowie für Ehesachen. Es setzte sich aus Juristen und Theologen zusam-
men96. Nur drei Jahre später schuf der dänische König Christian III. mit der Kirchenordnung von 1542
(Nr. 7) ein Konsistorium am Sitz des Bischofs von Schleswig. Es bestand aus vier Mitgliedern des Schles-
wiger Domkapitels, deren Auswahl der Bischof traf. Nach den Vorgaben der Kirchenordnung hatte sich das
Konsistorium der haderigen Eesaken [anzunehmen] unde wen Kercken unde Prester edder Pastorn klagen edder
vorklaget werden. Zwei der vier Domherren sollten mit dem Eherecht besonders vertraut sein, um die ent-
89 Abdruck der königlichen Ratification des Vertrags zwi-
schen den Pfarrern und Diakonen der Münsterdorfer
Propstei in Cronhelm, Corpus constitutionum Regio-
Holsaticorum 2, S. 108-110; darauf folgt ebd., S. 110-112
eine Nähere Declaration der Vereinbarung.
90 Vgl. Feddersen, Kirchengeschichte 2, S. 395.
91 Nr. 7, S. 113.
92 Nr. 8, S. 154: welche de lüttgen buren kinder lesen unde den
catechismus leren.
93 Vgl. Jensen, Einführung der Reformation, S. 297, Anm.
20.
94 Ebd., S. 295: Hebben demna de Kerkswaren klagende vorge-
bracht, wo dat ehn und ehrem Karspel sy yn vortyden eyn
stücke landes, so tho erer Kosterie behorich, [...] entwendet.
95 Ebd., S. 297, Anm. 20.
96 Vgl. TRE 19, S. 484. Siehe dazu auch die „Constitution
und artikel des geistlichen consistorii zu Wittenberg“ aus
dem Jahr 1542 in Sehling, EKO I, S. 200-209.
257
der Kranken gestattet sein sollte. Daraufhin erhoben die Pfarrer der Propstei in einem ausführlichen Schrei-
ben scharfen Protest gegen die Entscheidung des Königs. Zwei Jahre später, am 25. April 1654, kam jedoch
eine Einigung zwischen beiden Seiten zustande: Den Kaplänen bzw. Diakonen wurde fortan das Beichte-
hören gestattet, ebenso das Taufen und der Besuch der Kranken. Bei der Beichte mußten sie sich aber auf
das Gesinde und auf die Gruppe der Neuvermählten beschränken. Weiterhin den Pfarrern allein Vorbehal-
ten blieb in der Propstei Münsterdorf die Einsegnung der Ehen89. In der ebenfalls zum königlichen Anteil
gehörenden Propstei Flensburg war den Kaplänen bzw. Diakonen dagegen auch diese Amtshandlung ge-
stattet90.
Wie die Kapläne understanden auch die Küster dem jeweiligen Kirchherrn. In der Heiligenstedtener
Kirchenordnung ist das Tätigkeitsfeld des Küsters nur grob Umrissen: de up dat Klockenwerk lüdent und
syngent, ock andere kostere empter bynnen und buten der kerken wahret. Von der Unterweisung der Buren
kinder im Katechismus, wie sie die Schleswig-Holsteinische Kirchenordnung vom Küster forderte91, oder
gar vom Unterricht im Lesen, wie sie die Schulordnung von 1544 neben der Vermittlung des Katechismus
vorsah92, ist hier nicht die Rede.
Dem Heiligenstedtener Küster sollte ein ehemaligesVikarienhuß zugewiesen werden, das nach den An-
gaben des alten Missale am Kirchhof lag und der Marienkirche gehörte93. Von dem ursprünglich zur Kü-
sterpfründe zählenden Land war anscheinend in den Anfangsjahren der Reformation ein Teil entfremdet
worden94. Auf langer Gewohnheit (so uth dem Caspel stendich by dem kosterien denste gewesen) beruhten die
Einnahmen des Küsters von den Bewohnern der Marsch- und der Geestgebiete in Form von Getreide sowie
von Eiern, Brot und Wurst. Hinzu kamen die Gelder, die der Küster für die Bereitstellung des Taufwassers
sowie für das Läuten bei den Beerdigungen erhielt.
In der Heiligenstedtener Ordnung war vorgesehen, daß der Kaplan die Aufgaben des Küsters übernahm,
wenn die Stelle nicht besetzt werden konnte. Anscheinend trat dieser Fall auch bald ein. In dem Heiligen-
stedtener Missale ist jedenfalls für das Jahr 1573 eine Anweisung für die Kirchgeschworenen überliefert,
wonach diese das ursprünglich als Wohnung für den Küster vorgesehene Haus anderweitig vermieten soll-
ten95.
Kön 7. Bestimmungen des Münsterdorfer Konsistoriums zur Eheschließung, 13. Januar 1565 (Text S. 280)
In Kursachsen war es 1539 unter Johann Friedrich dem Großmütigen zur Einrichtung eines Konsistoriums
in Wittenberg gekommen. Gedacht war das Konsistorium als Kirchengericht für geistliche Personen und
für kirchliche Vergehen von Laien sowie für Ehesachen. Es setzte sich aus Juristen und Theologen zusam-
men96. Nur drei Jahre später schuf der dänische König Christian III. mit der Kirchenordnung von 1542
(Nr. 7) ein Konsistorium am Sitz des Bischofs von Schleswig. Es bestand aus vier Mitgliedern des Schles-
wiger Domkapitels, deren Auswahl der Bischof traf. Nach den Vorgaben der Kirchenordnung hatte sich das
Konsistorium der haderigen Eesaken [anzunehmen] unde wen Kercken unde Prester edder Pastorn klagen edder
vorklaget werden. Zwei der vier Domherren sollten mit dem Eherecht besonders vertraut sein, um die ent-
89 Abdruck der königlichen Ratification des Vertrags zwi-
schen den Pfarrern und Diakonen der Münsterdorfer
Propstei in Cronhelm, Corpus constitutionum Regio-
Holsaticorum 2, S. 108-110; darauf folgt ebd., S. 110-112
eine Nähere Declaration der Vereinbarung.
90 Vgl. Feddersen, Kirchengeschichte 2, S. 395.
91 Nr. 7, S. 113.
92 Nr. 8, S. 154: welche de lüttgen buren kinder lesen unde den
catechismus leren.
93 Vgl. Jensen, Einführung der Reformation, S. 297, Anm.
20.
94 Ebd., S. 295: Hebben demna de Kerkswaren klagende vorge-
bracht, wo dat ehn und ehrem Karspel sy yn vortyden eyn
stücke landes, so tho erer Kosterie behorich, [...] entwendet.
95 Ebd., S. 297, Anm. 20.
96 Vgl. TRE 19, S. 484. Siehe dazu auch die „Constitution
und artikel des geistlichen consistorii zu Wittenberg“ aus
dem Jahr 1542 in Sehling, EKO I, S. 200-209.
257