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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (23. Band = Schleswig-Holstein): Die Herzogtümer Schleswig und Holstein — Tübingen: Mohr Siebeck, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.41731#0278
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Die Ordnungen des königlichen Anteils

sprechenden Fälle entscheiden zu können. Die beiden anderen Domherren fungierten dann als Beisitzer97.
Die Kontrolle des Konsistoriums lag beim Schleswiger Bischof, der yn groten nodtsaken auch an dessen
Sitzungen teilnehmen konnte98. Um die Kompetenz des Konsistoriums in der komplizierten Materie der
Verwandtenehe zu stärken, sah die Kirchenordnung vor, daß der Bischof oder ein Mitglied des Kapitels
anhand von Melanchthons Schrift „De arbore consanguinitatis et affinitatis sive de gradibus“ die erlaubten
und verbotenen Grade der Verwandtschaft und Schwägerschaft erläutern sollte99.
Im Unterschied zum Herzogtum Schleswig ist in der Kirchenordnung für das Herzogtum Holstein kein
Konsistorium erwähnt. In seiner Eheordnung vom 24. Juni 1544 (Nr. 9) spricht König Christian III. aber
von Konsistorien in der Mehrzahl100, als hätte es neben dem in der Stadt Schleswig beheimateten Kon-
sistorium noch weitere Kirchengerichte in den Herzogtümern gegeben. Spätestens mit der Aufteilung der
beiden Herzogtümer zwischen dem König und seinen Brüdern erhielt dann aber auch Holstein ein Kon-
sistorium. Es hatte seinen Sitz in Münsterdorf bei Itzehoe.
Das Münsterdorfer Konsistorium war nur für den königlichen Anteil Holsteins zuständig101. Es bestand
aus dem Propst, der den Vorsitz führte, und 14 Pfarrern als Assessoren102. Im Unterschied zu anderen
Gebieten, wo sich die Konsistorien in der Regel aus geistlichen und weltlichen Vertretern zusammensetzten,
vielfach mit einem deutlichen Übergewicht auf seiten letzterer, läßt sich für das Münsterdorfer Konsisto-
rium bis zur Mitte des 17. Jh. keine Beteiligung weltlicher Mitglieder erkennen103. Der königliche Statt-
halter und der Amtmann zu Steinburg wurden zwar als Gäste zu den Sitzungen eingeladen104, gehörten dem
Konsistorium selbst aber nicht als Mitglieder an. Lediglich die Protokollführung bei den Verhandlungen lag
von Beginn an in den Händen des Steinburger Amtsschreibers105. Erst 1686 ging mit dem Amtmann zu
Steinburg Friedrich von Ahlefeld der Vorsitz des Münsterdorfer Konsistoriums an einen weltlichen Präses
über106.
Bis zur Mitte des 17. Jh. trat das Konsistorium zweimal im Jahr in Münsterdorf zusammen. Die Ver-
handlungen fanden jeweils zusammen mit den Sitzungen der Synode des Münsterdorfer Kalands statt. Wie
den Statuten des Kalands von 1574 zu entnehmen ist (Kön Nr. 9), diente die von der Kalandsbruderschaft
im Mittelalter errichtete Kapelle als Sitzungssaal für die Verhandlungen. Dorthin wurden bei Ehesachen die
im Streit liegenden Parteien nach ihrer Zitation ordentlich eingeruffen. Zunächst trugen die Kläger oder ihre
Anwälte die Klagepunkte vor; zu diesen nahmen die Beschuldigten bzw. deren Anwälte dann Stellung. Das
Urteil des Konsistoriums wurde mit gleichstimmenden votis gefällt, vom Amtsschreiber protokolliert und
schließlich öffentlich bekannt gemacht107.
Vermutlich wurden 1644 die Kapelle und das Kalandshaus bei der Einnahme der Ortschaft Münsterdorf
durch fremde Truppen zerstört. 1650 kam es außerdem zum Verkauf des Kirchspiels Münsterdorf an Chri-
stian Rantzau. Vermutlich hängt damit die Entscheidung König Friedrichs III. zusammen, die Synode und
das Konsistorium zukünftig an den Sitz des jeweiligen Propstes zu verlegen. Das war in den Jahren 1652 bis
1697 die Stadt Krempe, ab 1697 dann Itzehoe108. Nach 1652 trat das Konsistorium zunächst nurmehr

97 Nr. 7, S. 121f.
98 Nr. 7. S. 121.
99 Nr. 7, S. 121 mit Anm. 347.
100 Nr. 9, S. 155: de berichtinge van de consistorien.
101 Der Zuständigkeitsbereich des Münsterdorfer Konsisto-
riums verringerte sich mit der Zeit durch die Zunahme der
Propsteien mit eigenen Konsistorien. Vgl. Lutz, Ehe-
paare vor Gericht, S. 67.
102 Vgl. Schröder, Geschichte des Münsterdorfischen Con-
sistoriums, S. 55.
103 Vgl. Lutz, Ehepaare vor Gericht, S. 68.

104 Kön Nr. 9, S. 286. Vgl. auch Hoffmann, Konsistorial-
verfassung, S. 20.
105 Kön Nr. 9, S. 286. Vgl. Feddersen, Kirchengeschichte
2, S. 236fHoffmann, Konsistorialverfassung, S. 20.
106 Vgl. Schröder, Geschichte des Münsterdorfischen Con-
sistoriums, S. 65.
107 Zum Ablauf der Verfahren vgl. Lutz, Ehepaare vor Ge-
richt, S. 70-76.
108 Vgl. Schröder, Geschichte des Münsterdorfischen Con-
sistoriums, S. 62f.

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