Die Ordnungen des Gottorfer Anteils
Gottorfer Anteils einbezogen werden (alle und jede unßer ämpter). Bei der Visitation ging es weniger um die
Lehre und das Bekenntnis, wie noch im Jahr 1557, als vielmehr um die Abstellung von Mängeln bei der
Amtsführung der Pfarrer und bei der Verwaltung der Kirchengüter. Bestandteil der Visitation war auch
eine Prüfung der Rechnung der Kirchgeschworenen in den einzelnen Gemeinden. Dazu sollten die beiden
Visitatoren durch einen Amtsschreiber begleitet werden, der Kopien der Kirchenregister anfertigte.
Der Visitation lag ein in lateinischer Sprache abgefaßter Katalog mit 35 Fragen zugrunde. Mit Hilfe der
Fragen sollten die Visitatoren die Amtsführung der Geistlichen prüfen. Bei dieser Prüfung ging es nicht nur
um den engen Bereich von Gottesdienst, Katechese und Kasualien, sondern auch um die Führung der
Kirchenregister, die Bestände der Pfarrbibliothek oder den Erhalt der Pfarrhäuser. In die Visitation ein-
bezogen waren auch die Schulen und die Armenversorgung99.
Got 4a. Bestallung Pauls von Eitzen zum Rat und Diener von Haus aus, 10. Juni 1561 (Text S. 339) / Got
4b. Eid des Schleswiger Superintendenten Paul von Eitzen, 1562 (Text S. 340)
Durch die Wahl zum Administrator des Schleswiger Bistums ergab sich für Herzog Adolf I. die Notwen-
digkeit, einen Stellvertreter für die in der Kirchenordnung beschriebenen geistlichen Funktionen des Bi-
schofsamtes zu finden. An das im Vertrag vom 31. Juli 1556 (Got Nr. 1) dem Domkapitel eingeräumte
Recht, nur mit dessen Zustimmung einen gelarten bischoffen oder Superintendenten zuerwelen100, sah sich der
Herzog nicht gebunden. Eigene Versuche, einen entsprechenden geistlichen Stellvertreter zu finden, schlu-
gen jedoch mehrfach fehl: So hatte sich der Herzog im Februar 1558 erfolglos bemüht, Philipp Melanchthon
für das Superintendentenamt in Schleswig zu gewinnen101. Ein entsprechendes Schreiben des Herzogs an
Melanchthon ist in einem Brief des Hofpredigers und Gottorfer Propstes Volquard Jonas (Jensen) an den
Tetenbüller Pfarrer Johannes Pistorius erwähnt102. Auch eine Anfrage Adolfs bei Joachim Mörlin scheiterte.
Nach Jahren der Auseinandersetzung und der Vertreibung aus seinen Ämtern in Arnstadt, Göttingen und
Königsberg hatte Mörlin mit dem Braunschweiger Rat eine ihm wohlgesonnene Obrigkeit gefunden und
war daher nicht bereit, die dortige Superintendentur gegen eine entsprechende Stelle in Schleswig einzu-
tauschen103. Der Herzog konnte Mörlin jedoch zumindest dazu bewegen, die Visitation der Pfarreien in den
nicht weit von Braunschweig entfernt gelegenen, ehemals zum Stift Hildesheim gehörenden Ämtern Peine
und Steuerwald (s. oben S. 295) zu übernehmen104. Mörlin verfaßte auch die „Kirchenordnunge in baiden
gerichten Steuerwoldt und Peine“, die 1561 in Hamburg und 1562 in Leipzig gedruckt wurde105.
Erst 1562, also sechs Jahre nach seiner Wahl zum Administrator des Bistums Schleswig, fand Herzog
Adolf mit Paul von Eitzen den geeigneten Mann für das Amt des geistlichen Stellvertreters. Eitzen war
1555 als Nachfolger von Johannes Aepin Superintendent in seiner Heimatstadt Hamburg geworden. Seine
Zeit als Superintendent fiel in eine Phase heftiger theologischer Auseinandersetzungen innerhalb der Ham-
burger Pastorenschaft106. Bereits 1557 beauftragte Herzog Adolf den Hamburger Superintendenten mit der
Leitung einer Visitationskommission (Got Nr. 2). Im Februar 1561 nahm Eitzen dann die Interessen des
Herzogs auf der Tagung des Niedersächsischen Kreises in Braunschweig wahr, bei welcher der Bremer
S. 123.
99 Es ist nicht ganz klar, ob die Generalvisitation wegen des
Todes von Herzog Friedrich II. im Juni 1587 überhaupt
zur Ausführung kam. Vgl. Schubert, Apenrader Kir-
chenordnung, S. 37.
100 Got Nr. 1, S. 330.
101 MBW R 8, Nr. 8541.
102 Pistorius, Quattuor centuriae epistolarum, ed. Ander-
sen, Nr. 79, S. 85: De Domino Praeceptore aliud tibi scri-
bam, quod jortassis nondum scis. Princeps noster literis ad-
modum ornate scriptis ipsum huc vocavit et multis verbis ab
ipso petiit, ut velit munus et labores superintendentis susci-
pere, obtulit quoque nongentas marcas et ultra pro stipendio
annuo.
103 Zu Joachim Mörlin s. NDB 17, S. 679f.; BBKL 6, Sp. 8-
11; Jürgen Diestelmann, Joachim Mörlin. Luthers
Kaplan - „Papst der Lutheraner“. Ein Zeit- und Lebens-
bild aus dem 16. Jahrhundert, Neuendettelsau 2003.
104 Vgl. Sehling, EKO VII,2,2,1, S. 760f.
105 Abdruck ebd., S. 769-786.
106 Vgl. Schilling, Paul von Eitzen, S. 45f.
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Gottorfer Anteils einbezogen werden (alle und jede unßer ämpter). Bei der Visitation ging es weniger um die
Lehre und das Bekenntnis, wie noch im Jahr 1557, als vielmehr um die Abstellung von Mängeln bei der
Amtsführung der Pfarrer und bei der Verwaltung der Kirchengüter. Bestandteil der Visitation war auch
eine Prüfung der Rechnung der Kirchgeschworenen in den einzelnen Gemeinden. Dazu sollten die beiden
Visitatoren durch einen Amtsschreiber begleitet werden, der Kopien der Kirchenregister anfertigte.
Der Visitation lag ein in lateinischer Sprache abgefaßter Katalog mit 35 Fragen zugrunde. Mit Hilfe der
Fragen sollten die Visitatoren die Amtsführung der Geistlichen prüfen. Bei dieser Prüfung ging es nicht nur
um den engen Bereich von Gottesdienst, Katechese und Kasualien, sondern auch um die Führung der
Kirchenregister, die Bestände der Pfarrbibliothek oder den Erhalt der Pfarrhäuser. In die Visitation ein-
bezogen waren auch die Schulen und die Armenversorgung99.
Got 4a. Bestallung Pauls von Eitzen zum Rat und Diener von Haus aus, 10. Juni 1561 (Text S. 339) / Got
4b. Eid des Schleswiger Superintendenten Paul von Eitzen, 1562 (Text S. 340)
Durch die Wahl zum Administrator des Schleswiger Bistums ergab sich für Herzog Adolf I. die Notwen-
digkeit, einen Stellvertreter für die in der Kirchenordnung beschriebenen geistlichen Funktionen des Bi-
schofsamtes zu finden. An das im Vertrag vom 31. Juli 1556 (Got Nr. 1) dem Domkapitel eingeräumte
Recht, nur mit dessen Zustimmung einen gelarten bischoffen oder Superintendenten zuerwelen100, sah sich der
Herzog nicht gebunden. Eigene Versuche, einen entsprechenden geistlichen Stellvertreter zu finden, schlu-
gen jedoch mehrfach fehl: So hatte sich der Herzog im Februar 1558 erfolglos bemüht, Philipp Melanchthon
für das Superintendentenamt in Schleswig zu gewinnen101. Ein entsprechendes Schreiben des Herzogs an
Melanchthon ist in einem Brief des Hofpredigers und Gottorfer Propstes Volquard Jonas (Jensen) an den
Tetenbüller Pfarrer Johannes Pistorius erwähnt102. Auch eine Anfrage Adolfs bei Joachim Mörlin scheiterte.
Nach Jahren der Auseinandersetzung und der Vertreibung aus seinen Ämtern in Arnstadt, Göttingen und
Königsberg hatte Mörlin mit dem Braunschweiger Rat eine ihm wohlgesonnene Obrigkeit gefunden und
war daher nicht bereit, die dortige Superintendentur gegen eine entsprechende Stelle in Schleswig einzu-
tauschen103. Der Herzog konnte Mörlin jedoch zumindest dazu bewegen, die Visitation der Pfarreien in den
nicht weit von Braunschweig entfernt gelegenen, ehemals zum Stift Hildesheim gehörenden Ämtern Peine
und Steuerwald (s. oben S. 295) zu übernehmen104. Mörlin verfaßte auch die „Kirchenordnunge in baiden
gerichten Steuerwoldt und Peine“, die 1561 in Hamburg und 1562 in Leipzig gedruckt wurde105.
Erst 1562, also sechs Jahre nach seiner Wahl zum Administrator des Bistums Schleswig, fand Herzog
Adolf mit Paul von Eitzen den geeigneten Mann für das Amt des geistlichen Stellvertreters. Eitzen war
1555 als Nachfolger von Johannes Aepin Superintendent in seiner Heimatstadt Hamburg geworden. Seine
Zeit als Superintendent fiel in eine Phase heftiger theologischer Auseinandersetzungen innerhalb der Ham-
burger Pastorenschaft106. Bereits 1557 beauftragte Herzog Adolf den Hamburger Superintendenten mit der
Leitung einer Visitationskommission (Got Nr. 2). Im Februar 1561 nahm Eitzen dann die Interessen des
Herzogs auf der Tagung des Niedersächsischen Kreises in Braunschweig wahr, bei welcher der Bremer
S. 123.
99 Es ist nicht ganz klar, ob die Generalvisitation wegen des
Todes von Herzog Friedrich II. im Juni 1587 überhaupt
zur Ausführung kam. Vgl. Schubert, Apenrader Kir-
chenordnung, S. 37.
100 Got Nr. 1, S. 330.
101 MBW R 8, Nr. 8541.
102 Pistorius, Quattuor centuriae epistolarum, ed. Ander-
sen, Nr. 79, S. 85: De Domino Praeceptore aliud tibi scri-
bam, quod jortassis nondum scis. Princeps noster literis ad-
modum ornate scriptis ipsum huc vocavit et multis verbis ab
ipso petiit, ut velit munus et labores superintendentis susci-
pere, obtulit quoque nongentas marcas et ultra pro stipendio
annuo.
103 Zu Joachim Mörlin s. NDB 17, S. 679f.; BBKL 6, Sp. 8-
11; Jürgen Diestelmann, Joachim Mörlin. Luthers
Kaplan - „Papst der Lutheraner“. Ein Zeit- und Lebens-
bild aus dem 16. Jahrhundert, Neuendettelsau 2003.
104 Vgl. Sehling, EKO VII,2,2,1, S. 760f.
105 Abdruck ebd., S. 769-786.
106 Vgl. Schilling, Paul von Eitzen, S. 45f.
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