Einleitung
Got 7. Ordinationsbescheinigungen, 22. März 1583 / 7. April 1611 (Text S. 366)
Die Ordination wird in der lateinischen Kirchenordnung von 1537 und in der Schleswig-Holsteinischen
Kirchenordnung von 1542 als Berufung zum Dienst des Wortes und der Sakramente verstanden und nicht
mehr als Weihe167. Der Ordination voraus gingen die Berufung (vocatio) und die Prüfung (examinatio) des
Kandidaten.
Eine erste Überprüfung des Kandidaten fand bereits im Zusammenhang mit dessen Nominierung bzw.
Wahl statt. Durchgeführt wurde sie vom Propst des Amtes, zu dem die Pfarrei gehörte, deren Besetzung
anstand. Auf diese Weise sollte verhindert werden, daß ungeeignete Personen auf die Stelle gelangten. Vom
Propst wurde der Kandidat dann mit einem entsprechenden Zeugnis (certum testimonium bonae vitae et
morum) an den Bischof bzw. Superintendenten gesandt168. Dieser nahm das eigentliche Examen vor. Dabei
stand die Feststellung der von dem Kandidaten vertretenen Lehre im Vordergrund (examinandum de doc-
trina), vor allem dessen Haltung zu den besonders umstrittenen Lehrfragen169. Vielerorts bediente man sich
für die Befragung bestimmter Examensformulare, in denen die wichtigsten theologischen Themen zusam-
mengefaßt waren170. Derartige Formulare sind aber für Schleswig-Holstein im 16. Jh. nicht überliefert.
Nach der lateinischen Kirchenordnung von 1537 wurde der Ordinand im Anschluß an das Examen vom
Superintendenten an den Amtmann (praefectus loci) gesandt. Vor diesem legte der Ordinand einen Eid ab,
in welchem er dem König Treue und Gehorsam gelobte und Gewissenhaftigkeit bei der Ausführung des ihm
übertragenen Amtes versprach. Der Eid ist in der „Ordinatio ecclesiastica“ im Wortlaut abgedruckt; in der
Schleswig-Holsteinischen Kirchenordnung fehlt er. Im Gottorfer Anteil wurde ab 1574 der von Paul von
Eitzen verfaßte Predigereid (Got Nr. 6) bei der Ordination benutzt171.
Der Weisung der lateinischen Kirchenordnung entsprechend sollte die Ordination am Sitz des Superin-
tendenten stattfinden (eum superattendentem in templum civitatis, ubi habitat)172. Der Ablauf der Ordination
selbst ist nur in der lateinischen Kirchenordnung beschrieben, während er in der Kirchenordnung von 1542
ausgelassen ist. Er orientiert sich an der von Luther Mitte der dreißiger Jahren des 16. Jh. entworfenen
Form für Wittenberg, in deren Zentrum die Fürbitte und die Handauflegung stehen173.
Im Unterschied zu Luther läßt die lateinische Kirchenordnung die Ordination jedoch bereits nach der
Epistellesung beginnen und nicht erst nach der Predigt. Einer der anwesenden Pfarrer ruft die Gläubigen
zur Fürbitte für den Ordinanden auf. Mit dem Gesang „Veni Sancte Spiritus“ wird um die Gegenwart des
Heiligen Geistes gebeten. Dann spricht der Superintendent die Kollekte „Deus, qui corda fidelium Sancti
Spiritus illustratione docuisti“. Nach der Verlesung von Tit 1,7-9 über die Einsetzung der Bischöfe werden
dem Ordinanden die Amtspflichten vorgehalten, die dieser mit Gottes Hilfe zu erfüllen verspricht. Zusam-
men mit anderen Geistlichen legt der Superintendent dem Ordinanden die Hände auf und betet das Vater
unser. Die Zeremonie schließt mit dem gemeinsam gesungenen Lied „Nun bitten wir den Heiligen
Geist“174.
167 Lateinische Kirchenordnung, S. 26 bzw. Kirkeordinansen,
S. 112: ritus ecclesiasticus vocandi aliquem in ministerium
verbi et sacramentorum; in diesem Band Nr. 7, S. 100: tho
esschende [...] thom denste der Wördes und der Sacramente.
Zur Abgrenzung der Ordination von der Priesterweihe
vgl. TRE 25, S. 347f.
168 Lateinische Kirchenordnung, S. 27; Kirkeordinansen,
S. 112; Nr. 7, S. 100.
169 Lateinische Kirchenordnung, S. 27; Kirkeordinansen,
S. 112.
170 Vgl. Arend, Pfarreranstellung, S. 42.
171 Siehe oben S. 309f.
172 Lateinische Kirchenordnung, S. 28; Kirkeordinansen,
S. 113. Zu der in anderen Gebieten verbreiteten Ordina-
tion am Dienstort, die häufig mit der Introduktion ver-
bunden war, vgl. Arend, Pfarreranstellung, S. 47.
173 Luther, WA 38, S. 401ff.; vgl. dazu Martin Krarup,
Ordination in Wittenberg. Die Einsetzung in das kirchli-
che Amt in Kursachsen zur Zeit der Reformation, Tübin-
gen 2007 (= BHTh 141), S. 247-263.
174 Lateinische Kirchenordnung, S. 28f.; Kirkeordinansen,
S. 113. Vgl. die Beschreibung bei Feddersen, Kirchen-
geschichte 2, S. 408f.
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Got 7. Ordinationsbescheinigungen, 22. März 1583 / 7. April 1611 (Text S. 366)
Die Ordination wird in der lateinischen Kirchenordnung von 1537 und in der Schleswig-Holsteinischen
Kirchenordnung von 1542 als Berufung zum Dienst des Wortes und der Sakramente verstanden und nicht
mehr als Weihe167. Der Ordination voraus gingen die Berufung (vocatio) und die Prüfung (examinatio) des
Kandidaten.
Eine erste Überprüfung des Kandidaten fand bereits im Zusammenhang mit dessen Nominierung bzw.
Wahl statt. Durchgeführt wurde sie vom Propst des Amtes, zu dem die Pfarrei gehörte, deren Besetzung
anstand. Auf diese Weise sollte verhindert werden, daß ungeeignete Personen auf die Stelle gelangten. Vom
Propst wurde der Kandidat dann mit einem entsprechenden Zeugnis (certum testimonium bonae vitae et
morum) an den Bischof bzw. Superintendenten gesandt168. Dieser nahm das eigentliche Examen vor. Dabei
stand die Feststellung der von dem Kandidaten vertretenen Lehre im Vordergrund (examinandum de doc-
trina), vor allem dessen Haltung zu den besonders umstrittenen Lehrfragen169. Vielerorts bediente man sich
für die Befragung bestimmter Examensformulare, in denen die wichtigsten theologischen Themen zusam-
mengefaßt waren170. Derartige Formulare sind aber für Schleswig-Holstein im 16. Jh. nicht überliefert.
Nach der lateinischen Kirchenordnung von 1537 wurde der Ordinand im Anschluß an das Examen vom
Superintendenten an den Amtmann (praefectus loci) gesandt. Vor diesem legte der Ordinand einen Eid ab,
in welchem er dem König Treue und Gehorsam gelobte und Gewissenhaftigkeit bei der Ausführung des ihm
übertragenen Amtes versprach. Der Eid ist in der „Ordinatio ecclesiastica“ im Wortlaut abgedruckt; in der
Schleswig-Holsteinischen Kirchenordnung fehlt er. Im Gottorfer Anteil wurde ab 1574 der von Paul von
Eitzen verfaßte Predigereid (Got Nr. 6) bei der Ordination benutzt171.
Der Weisung der lateinischen Kirchenordnung entsprechend sollte die Ordination am Sitz des Superin-
tendenten stattfinden (eum superattendentem in templum civitatis, ubi habitat)172. Der Ablauf der Ordination
selbst ist nur in der lateinischen Kirchenordnung beschrieben, während er in der Kirchenordnung von 1542
ausgelassen ist. Er orientiert sich an der von Luther Mitte der dreißiger Jahren des 16. Jh. entworfenen
Form für Wittenberg, in deren Zentrum die Fürbitte und die Handauflegung stehen173.
Im Unterschied zu Luther läßt die lateinische Kirchenordnung die Ordination jedoch bereits nach der
Epistellesung beginnen und nicht erst nach der Predigt. Einer der anwesenden Pfarrer ruft die Gläubigen
zur Fürbitte für den Ordinanden auf. Mit dem Gesang „Veni Sancte Spiritus“ wird um die Gegenwart des
Heiligen Geistes gebeten. Dann spricht der Superintendent die Kollekte „Deus, qui corda fidelium Sancti
Spiritus illustratione docuisti“. Nach der Verlesung von Tit 1,7-9 über die Einsetzung der Bischöfe werden
dem Ordinanden die Amtspflichten vorgehalten, die dieser mit Gottes Hilfe zu erfüllen verspricht. Zusam-
men mit anderen Geistlichen legt der Superintendent dem Ordinanden die Hände auf und betet das Vater
unser. Die Zeremonie schließt mit dem gemeinsam gesungenen Lied „Nun bitten wir den Heiligen
Geist“174.
167 Lateinische Kirchenordnung, S. 26 bzw. Kirkeordinansen,
S. 112: ritus ecclesiasticus vocandi aliquem in ministerium
verbi et sacramentorum; in diesem Band Nr. 7, S. 100: tho
esschende [...] thom denste der Wördes und der Sacramente.
Zur Abgrenzung der Ordination von der Priesterweihe
vgl. TRE 25, S. 347f.
168 Lateinische Kirchenordnung, S. 27; Kirkeordinansen,
S. 112; Nr. 7, S. 100.
169 Lateinische Kirchenordnung, S. 27; Kirkeordinansen,
S. 112.
170 Vgl. Arend, Pfarreranstellung, S. 42.
171 Siehe oben S. 309f.
172 Lateinische Kirchenordnung, S. 28; Kirkeordinansen,
S. 113. Zu der in anderen Gebieten verbreiteten Ordina-
tion am Dienstort, die häufig mit der Introduktion ver-
bunden war, vgl. Arend, Pfarreranstellung, S. 47.
173 Luther, WA 38, S. 401ff.; vgl. dazu Martin Krarup,
Ordination in Wittenberg. Die Einsetzung in das kirchli-
che Amt in Kursachsen zur Zeit der Reformation, Tübin-
gen 2007 (= BHTh 141), S. 247-263.
174 Lateinische Kirchenordnung, S. 28f.; Kirkeordinansen,
S. 113. Vgl. die Beschreibung bei Feddersen, Kirchen-
geschichte 2, S. 408f.
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