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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Dörner, Gerald [Bearb.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (23. Band = Schleswig-Holstein): Die Herzogtümer Schleswig und Holstein — Tübingen: Mohr Siebeck, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.41731#0337
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Einleitung

Einzelbeichte verzichteten. Um den Vorschriften der alten Kirchenordnung wieder Geltung zu verschaffen,
daß in allen kirchen die confitenten eintzeln und allein gehört und nicht viele confitenten in einem häufen
absolviret werden21s, sahen die Apenrader Kirchenordnung und das Mandat für die beiden holsteinischen
Ämter eine Verlegung der Beichte auf den Samstagnachmittag vor. Diese Ansetzung brachte aber neue
Probleme mit sich, weil am Samstag gearbeitet wurde und viele Herren ihrem Gesinde das „Laufen“ in die
Kirche verboten219.

Got 13. Befehl an den Propst von Eiderstedt, eine Person ohne vorhergehende öffentliche Kirchenbuße
wieder zum Abendmahl zuzulassen, 31. Mai 1602 (Text S. 387)
In dem zur Propstei Eiderstedt gehörenden Kirchspiel Garding hatten der Pfarrer Peter Goldschmidt
(Aurifaber) und der Diakon Sebastian Meyer220 ein Mitglied ihrer Gemeinde mit seiner Familie vom Abend-
mahl ausgeschlossen. Eine Wiederzulassung machten sie von der öffentlichen Kirchenbuße abhängig221. Bei
dieser hatte der Betreffende während des Gottesdienstes vor dem Altar zu knien. In der Beichte vor der
versammelten Gemeinde mußte er Reue wegen der von ihm begangenen Sünde zeigen, Gott und die Ge-
meinde, die er geärgert hatte, um Vergebung bitten und Besserung seines Lebens geloben. Der Pfarrer sprach
ihm dann die Absolution mit den Worten zu: Statht up im Frede des Heren und sündiget vordan nicht
mehr222.
Der vom Abendmahl ausgeschlossene Peter Thomsen hatte sich jedoch mit einer Supplik an den Got-
torfer Hof gewandt. In dieser behauptete er, von lossen weibern fälschlicherweise der Unzucht beschuldigt
worden zu sein. Nicht zuletzt durch die Unterstützung einflußreicher Fürsprecher erreichte er es, daß
Herzog Johann Adolf ihm die öffentliche Kirchenbuße aufgrund seines fortgeschrittenen Alters und seiner
Kinder wegen erließ223. Auf Thomsens Drängen hin sandte der Herzog am 31. Mai 1602 die hier abge-
druckte Weisung an den Eiderstedter Propst Johannes Pistorius (Becker )224, Thomsen ohne vorhergehende
Kirchenbuße wieder zum Abendmahl zuzulassen und den beiden Geistlichen in Garding jeglichen Wider-
stand gegen diese Entscheidung zu untersagen.
Pistorius erhielt das Schreiben Johann Adolfs am 4. Juni an seinem Amtssitz in Tetenbüll, wo er seit
1558 als Pfarrer tätig war. Vier Tage später teilte er den Geistlichen in Garding den Inhalt des herzoglichen
Mandats mit. Diese versprachen dem Propst, der Weisung des Herzogs Folge zu leisten, baten ihn aber
zugleich um eine Frist von acht Tagen, um eine Stellungnahme formulieren zu können. Diese Zeit wurde
ihnen von Pistorius gewährt225. Der Diakon Sebastian Meyer reiste daraufhin nach Husum, um mit dem
Generalpropst und Hofprediger Jakob Fabricius d.Ä. zu sprechen, der sich gerade in Husum aufhielt226.
Auf Fabricius’ Anraten hin verfaßten die beiden Gardinger Geistlichen innerhalb weniger Tage eine Bitt-
und Verteidigungsschrift227. Der Pfarrer Peter Goldschmidt sandte diese am 17. Juni an den Eiderstedter
Propst mit der Bitte, Pistorius möge sich zusammen mit Fabricius beim Herzog für sie verwenden. In der
auf den 15. Juni datierten Schrift228 rechtfertigten die beiden Gardinger Geistlichen ihre Entscheidung,
Thomsen ohne vorherige Kirchenbuße nicht wieder zum Abendmahl zuzulassen: Nach ihrer Darstellung
hatte Thomsen nicht nur ein ruchloses Leben innerhalb und außerhalb des Landes geführt, sondern war in

218 Got Nr. 11. S. 380.
219 Vgl. Tietz, Erscheinungsbild, S. 111.
220 Zum Gardinger Pfarrer Peter Goldschmidt (Aurifaber)
vgl. Arends, Gejstligheden 1, S. 286; zum Kaplan bzw.
Diakon Sebastian Meyer ebd. 2, S. 75.
221 Pistorius, Quattuor centuriae epistolarum, ed. Ander-
sen, Nr. 372a, S. 314 und Nr. 372g, S. 317.
222 Vgl. Feddersen, Kirchengeschichte 2, S. 523.
223 Pistorius, Quattuor centuriae epistolarum, ed. Ander-
sen, Nr. 372a, S. 314.

224 Zu Pistorius s. auch die Einleitung zu Got Nr. 9, oben
S. 313.
225 Notiz von Pistorius in Quattuor centuriae epistolarum,
ed. Andersen, Nr. 372c, S. 315.
226 Vgl. den Brief Goldschmidts an Pistorius vom 13. Juni
1602, ebd., Nr. 372d, S. 315f.
227 Ebd., Nr. 372d, S. 315.
228 Abdruck ebd., Nr. 372g, S. 316-320.

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