Metadaten

Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Dörner, Gerald [Oth.]; Arend, Sabine [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (23. Band = Schleswig-Holstein): Die Herzogtümer Schleswig und Holstein — Tübingen: Mohr Siebeck, 2017

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.41731#0340
License: Free access  - all rights reserved
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Die Ordnungen des Gottorfer Anteils

wurde Fabricius die neue Bestallung am 8. Januar. In seinen Aufzeichnungen notierte er die wichtigsten
Veränderungen gegenüber der bisherigen Form: Getreuw holdt und gewertig sein nicht allein zu Gottorff,
sondern wo wir ihn auch sonst hinbescheiden; Gottes wordt ohne menschliche opinio unangesehen einiges kir-
chenlehrers autoritet; Gottes wordt schlecht die Norma; kirchen ceremonien, dem Worte Gottes nicht zu wiedern;
Wordtgezencke und persönliche anzihung vermeiden; den Ordinanden fürgeschrieben Eidt jürhalten; bei con-
sistorialhandel wie auch ordination, Eidesleistung etc. sollen beiwohnen D. Schaffenrath, D. Peter Jucherts2iS.
Im April des darauffolgenden Jahres erfuhr Fabricius’ Bestallung nochmals eine Revision: Ihr wurde die
neue Formel des Predigereides eingefügt249. Darüber hinaus mußten die beiden genannten Räte nun nicht
mehr nur zur Ordination, sondern auch zum vorangehenden Examen hinzugezogen und an den Visitationen
beteiligt werden250. Die neue Bestallung bedeutete eine erhebliche Schwächung der Stellung des General-
propstes251.

Got 18. Verfügung gegen die Anhänger des David Joris und andere Täufer in der Landschaft Eiderstedt,
10. November 1608 (Text S. 420) / Got 21. Mandat gegen die Mennoniten und andere Täufer in Eiderstedt,
1. Dezember 1614 (Text S. 426)
In den fünfziger und zu Beginn der sechziger Jahre des 16. Jh. hatten König Christian III. und sein Nach-
folger Friedrich II. sowie die beiden Herzoge Johann d.Ä. und Adolf I. mehrere Mandate gegen die Täufer
und andere „Sektierer“ erlassen (Gern Nr. 1 und 2, Kön Nr. 4). Auf Befehl Herzog Adolfs waren 1566 auch
erstmals Täufer des Landes verwiesen worden. Die Vertriebenen kamen alle aus Orten der Landschaft
Eiderstedt (Kotzenbüll, Oldenswort, Tetenbüll und Tönning)252. Trotz Adolfs hartem Vorgehen entwickelte
sich Eiderstedt in der Folge mehr und mehr zu einem Zentrum des Täufertums, vor allem durch den
Zustrom zahlreicher Taufgesinnter aus den Niederlanden.
Zur Bekämpfung der Devianten wurde in das 1572 für Eiderstedt erlassene Landrecht ein Artikel zu
„Wiedertäuffern, Sacramentirern und anderen einschleichenden und verführerischen Secten“ (Art. 2) auf-
genommen. Dieser Artikel ging auch in die Neufassung des Landrechts von 1591 ein: Demnach hatten der
Staller und die Räte der Harden ihr besonderes Augenmerk auf das Eindringen von Sekten zu richten, die
mit dem Vergift ihrer verführerischen falschen Lehre die Lande [...] beschmitzen. Verdächtige sollten zur Prü-
fung ihres Glaubens dem Propst und den Pfarrern übergeben werden. Erwies sich bei der Prüfung, daß der
Betreffende in ungöttlicher Schwärmerey steckte und von seinem Irrthume nicht abließ, sollte er umgehend
des Landes verwiesen werden203. Aufgrund dieser Bestimmung des Landrechts mußten 1588 mehrere Nie-
derländer aus der Gemeinde Oldenswort Eiderstedt verlassen254.
In den Jahren 1602 und 1604 fanden Untersuchungen gegen Täufer statt. Die erste ging von dem
Tönninger Pastor Heinrich Möller250 aus. Im Fokus der Kommission, welcher der Staller Hermann Hoyer,
der Eiderstedter Propst Johannes Pistorius und der genannte Pfarrer angehörten, standen dabei anschei-
nend die Anhänger von David Joris. Zwei Jahre später richtete sich die Untersuchung hingegen vor allem
gegen die Mennoniten. Durchgeführt wurde sie von dem neuen Tönninger Pfarrer Habakuk Meier und
seinem Diakon Andreas Horn256. In beiden Fällen zogen die Ermittlungen jedoch keine Sanktionen nach
sich257.

248 Zitiert nach Feddersen, Kryptocalvinismus, S. 359f.
249 Da Auszüge des neuen Eides bereits im ersten Absatz der
Bestallung angeführt werden (daß lautere, reine wort Gottes
unverfelschet etc.; die kirchen ceremonien, dem Worte Gottes
nicht zuwiedern etc.), ergibt sich eine gewisse Doppelung.
250 Vgl. Andresen / Stephan, Gottorfer Hof- und Staats-
verwaltung 1, S. 336.
251 Vgl. Alwast, Kirchenregiment, S. 32.
252 Vgl. Dänische Bibliothec 9, S. 354.

253 Löw, Eiderstedter Landrechte, S. 199, 229 und 236.
254 Abdruck des Beschlusses in Hansen, Wiedertäufer in
Eiderstedt, S. 178f.
255 Zu ihm s. Arends, Gejstligheden 2, S. 96.
256 Zu Meier (er verließ Tönning nach nur 13 Wochen bereits
wieder) s. ebd. 2, S. 72, zu Horn ebd. 1, S. 362 sowie das
Schreiben von Johannes Pistorius an den Generalpropst
Fabricius, in: Pistorius, Quattuor centuriae epistola-
rum, ed. Andersen, Nr. 375, S. 325f.

320
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften