Got 15. Zuchtordnung für Nordstrand 1605
Got 15. Zuchtordnung für die Landschaft Nordstrand3
10. Februar 1605
Wir, von Gottes gnaden, Johan Adolff etc., entbie-
ten den erbarn unnd ersahmen, unsern lieben ge-
trewen stallern1, der funff harde2 räthen unnd
semptlichen eingeseßenen, sowoll geistlichen allß
weltlichen Standes, unsers landes Nordtstrandt, un-
sere gnad unnd fuegen euch hiemitt zuwißen:
Nachdem eß die tägliche erfahrung bezeugett, waß
maßen bey den vorlobnußen, hochzeitenn, frawen-
samblungen, kindeil- unnd grabbieren3 eine zeithero
große mißbrauche eingerißen unnd dermaßen uber-
flüßige zehrungen unnd Unkosten geschehen, daß
dadurch menniger, weih eß der eine dem andern
ohne unterscheidt allewegeb zuvor thun will, in un-
gedey seiner nharung unnd entliches verderben ge-
reth, zu dem sich befindett, das der ubermeßige
prachtt in kleidung sowoll bey manß allß frawens
persohnen fast sehr zu- unnd uberhandt genhom-
men, dadurch dan nichtt alleine Gott, der allmech-
tige, erzürnet, besondern auch menniger, der so gro-
ßes vermüegens nichtt ist unnd dennoch andern sich
gleich halten will, in die euserste armuth gesezet, ja
endtlich gahr an den betteistab gebrachtt wirdt, daß
wir derwegen auß vätter- [ licher sorgfeltigkeitt, so
wir für unsere underthanen billig tragen, für hoch
nötig erachtett, zu abschaffung solcher eingerißenen
mißbreuche euch nachfolgende Ordnung furzustel-
lenn, darnach sich ein jeder bey Vermeidung unser
schweren ungnade unnd den einvorleibten poenen
a Textvorlage (Handschrift): LA Schleswig, Abt. 7,
Nr. 5063 (ohne Blattzählung; Eintrag auf einem beige-
fügten Blatt von and. Hd.: Copia der Strandinger poli-
cey ordenungh von kleidung, hochzeiten, kindelbieren
unnd dergleichen. 10. Feb. A[nn]o 1605).
b Erg. über der Zeile.
1 Zu den Stallern der Landschaft Nordstrand vgl. Had
Nr. 3, Anm. 2.
2 Die fünf Harden von Nordstrand: die Beltringharde, die
Edomsharde, die Pellwormharde und die Wiriksharde
sowie die südöstlich gelegene Lundenbergharde finden
bereits 1231 Erwähnung. Im Jahr 1593 - also eigentlich
allenthalben zurichten. Setzen, ordnen und wollen
demnach:
[1.] Erstlich, daß hinfuro alle verlobnußen in der kir-
chen eines jeden carspeis, da breutegam oder brautt
geseßen, öffentlich geschloßen unnd darauf her-
nacher durchauß4 keine vesterey gehaltten werden
solle, bey straffe 100 thaler, unns 70, den staller
unnd rhatsleuten 30, unnachleßig davon zuentrich-
ten.
[2.] Soviell furß ander, den hochzeiten belanget, soll
des Sontags, wan der breutegam altem gebrauch
nach die braudtt auß dem hause nach der kirchen
fuhrett, nur alleine ein tisch gedeckett und nicht
mehr den brodt, butter unnd kese, bey straffe 50
thaler, da von unns 40, dem staller unnd rhatleuten
10 anheim fallen sollen, gespeiset werden.
Wan der breutigam und braudt nach der | kirchen
gegangen, soll kein frombder mehr im hause bleiben,
sondern sich ein jeder nach der kirchen verfüegen,
auch nach geendigtem gottesdhienste keiner sich in
doßelbige hauß, dar die brautt außgefhuret, wieder-
ümb begeben unnd darin finden laßen, bey straffe
der gefengnuße oder einer wilkürlichen geldtbuße,
welche jedoch nit geringer dann auf 20 thaler, unns
15, dem staller unnd rathleuten 5 zubezhalen, ge-
sezett werden soll.
vor dieser Zuchtordnung - waren die Harden der Land-
schaft Nordstrand neu eingeteilt worden, wobei die
Reste der geschrumpften Lundenberg- und Wiriksharde
den drei anderen Harden zugeschlagen wurden. Lit.:
Jensen, Versuch einer kirchlichen Statistik 3,
S. 643-667.
3 Kindelbier - der festliche Schmaus nach der Taufe bzw.
nach dem ersten Kirchgang der Wöchnerin (s. Grimm,
DWb 11, Sp. 730); erdbier - das Mahl nach dem Be-
gräbnis, der sogenannte Leichenschmaus (s. DRW 3,
Sp. 164).
4 Ganz und gar, s. Grimm, DWb 2, Sp. 1583 f.
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Got 15. Zuchtordnung für die Landschaft Nordstrand3
10. Februar 1605
Wir, von Gottes gnaden, Johan Adolff etc., entbie-
ten den erbarn unnd ersahmen, unsern lieben ge-
trewen stallern1, der funff harde2 räthen unnd
semptlichen eingeseßenen, sowoll geistlichen allß
weltlichen Standes, unsers landes Nordtstrandt, un-
sere gnad unnd fuegen euch hiemitt zuwißen:
Nachdem eß die tägliche erfahrung bezeugett, waß
maßen bey den vorlobnußen, hochzeitenn, frawen-
samblungen, kindeil- unnd grabbieren3 eine zeithero
große mißbrauche eingerißen unnd dermaßen uber-
flüßige zehrungen unnd Unkosten geschehen, daß
dadurch menniger, weih eß der eine dem andern
ohne unterscheidt allewegeb zuvor thun will, in un-
gedey seiner nharung unnd entliches verderben ge-
reth, zu dem sich befindett, das der ubermeßige
prachtt in kleidung sowoll bey manß allß frawens
persohnen fast sehr zu- unnd uberhandt genhom-
men, dadurch dan nichtt alleine Gott, der allmech-
tige, erzürnet, besondern auch menniger, der so gro-
ßes vermüegens nichtt ist unnd dennoch andern sich
gleich halten will, in die euserste armuth gesezet, ja
endtlich gahr an den betteistab gebrachtt wirdt, daß
wir derwegen auß vätter- [ licher sorgfeltigkeitt, so
wir für unsere underthanen billig tragen, für hoch
nötig erachtett, zu abschaffung solcher eingerißenen
mißbreuche euch nachfolgende Ordnung furzustel-
lenn, darnach sich ein jeder bey Vermeidung unser
schweren ungnade unnd den einvorleibten poenen
a Textvorlage (Handschrift): LA Schleswig, Abt. 7,
Nr. 5063 (ohne Blattzählung; Eintrag auf einem beige-
fügten Blatt von and. Hd.: Copia der Strandinger poli-
cey ordenungh von kleidung, hochzeiten, kindelbieren
unnd dergleichen. 10. Feb. A[nn]o 1605).
b Erg. über der Zeile.
1 Zu den Stallern der Landschaft Nordstrand vgl. Had
Nr. 3, Anm. 2.
2 Die fünf Harden von Nordstrand: die Beltringharde, die
Edomsharde, die Pellwormharde und die Wiriksharde
sowie die südöstlich gelegene Lundenbergharde finden
bereits 1231 Erwähnung. Im Jahr 1593 - also eigentlich
allenthalben zurichten. Setzen, ordnen und wollen
demnach:
[1.] Erstlich, daß hinfuro alle verlobnußen in der kir-
chen eines jeden carspeis, da breutegam oder brautt
geseßen, öffentlich geschloßen unnd darauf her-
nacher durchauß4 keine vesterey gehaltten werden
solle, bey straffe 100 thaler, unns 70, den staller
unnd rhatsleuten 30, unnachleßig davon zuentrich-
ten.
[2.] Soviell furß ander, den hochzeiten belanget, soll
des Sontags, wan der breutegam altem gebrauch
nach die braudtt auß dem hause nach der kirchen
fuhrett, nur alleine ein tisch gedeckett und nicht
mehr den brodt, butter unnd kese, bey straffe 50
thaler, da von unns 40, dem staller unnd rhatleuten
10 anheim fallen sollen, gespeiset werden.
Wan der breutigam und braudt nach der | kirchen
gegangen, soll kein frombder mehr im hause bleiben,
sondern sich ein jeder nach der kirchen verfüegen,
auch nach geendigtem gottesdhienste keiner sich in
doßelbige hauß, dar die brautt außgefhuret, wieder-
ümb begeben unnd darin finden laßen, bey straffe
der gefengnuße oder einer wilkürlichen geldtbuße,
welche jedoch nit geringer dann auf 20 thaler, unns
15, dem staller unnd rathleuten 5 zubezhalen, ge-
sezett werden soll.
vor dieser Zuchtordnung - waren die Harden der Land-
schaft Nordstrand neu eingeteilt worden, wobei die
Reste der geschrumpften Lundenberg- und Wiriksharde
den drei anderen Harden zugeschlagen wurden. Lit.:
Jensen, Versuch einer kirchlichen Statistik 3,
S. 643-667.
3 Kindelbier - der festliche Schmaus nach der Taufe bzw.
nach dem ersten Kirchgang der Wöchnerin (s. Grimm,
DWb 11, Sp. 730); erdbier - das Mahl nach dem Be-
gräbnis, der sogenannte Leichenschmaus (s. DRW 3,
Sp. 164).
4 Ganz und gar, s. Grimm, DWb 2, Sp. 1583 f.
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