Metadaten

Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Dörner, Gerald [Oth.]; Arend, Sabine [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (23. Band = Schleswig-Holstein): Die Herzogtümer Schleswig und Holstein — Tübingen: Mohr Siebeck, 2017

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.41731#0461
License: Free access  - all rights reserved
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Einleitung

Nachdem den Konventualen des Meldorfer Dominikanerklosters 1532 untersagt worden war, Messfei-
ern in der Klosterkirche zu halten38, scheint sich der Konvent spätestens 1540 aufgelöst zu haben39, denn in
diesem Jahr ging man daran, in den Konventsgebäuden eine Schule einzurichten. An diesen Planungen war
der Meldorfer Superintendent Nicolaus Boie maßgeblich beteiligt, der den Entschluß zur Schulgründung
gegen zahlreiche Widerstände durchgesetzt hatte40.
Am 19. Juni 1540 stellten die Achtundvierziger einen Fundationsbrief aus (Nr. 6)41, in dem sie erklärten,
zur Vermehrung von Gottes Ehre im Kloster Meldorf eine Schule einzurichten und diese sowie das Schul-
personal von den Stiftungsgütern des Klosters zu erhalten. Um die Güter zu verwalten, wurden zehn
Männer, je zwei aus jeder der fünf Döfften, gewählt. Die zehn Güterverwalter übten auch die Schulaufsicht
aus und waren den 48ern Rechenschaft schuldig42. Die Schule sollte mit einem Schulmeister und zwei
Gesellen besetzt werden. Ferner waren Stipendien geplant, mit denen den begabtesten Schülern nicht nur
der Unterricht in Meldorf, sondern auch das Studium in Wittenberg43 finanziert werden sollte, um sie als
spätere Amtsträger in Kirche, Schule und Landesverwaltung auszubilden44.
Zum ersten Rektor wurde der Lutheraner Henricus Sibäus Olphenius berufen, erster und zweiter Kon-
rektor waren Andreas Grevenbrock und Andreas Joedecken. Der Schulmeister erhielt anfangs 150 Lübische
Mark als Jahresgehalt, dies entsprach den Bezügen seiner Kollegen am Hamburger Johanneum, die beiden
Konrektoren erhielten 100 bzw. 60 Mark45. Über die Ausgestaltung des Meldorfer Schulbetriebs und die
Lehrinhalte sind keine Details bekannt. Vermutlich waren sie an die Bestimmungen der kursächsischen
Schulordnung von 1528 sowie der von Johannes Bugenhagen verfaßten Kirchenordnungen für Braun-
schweig, Hamburg und Lübeck angelehnt46.
Wie aus den Notizen am Schluß des Fundationsbriefs hervorgeht, legten die zehn Schulgüterverwalter
am 24. Juni 1547 Rechenschaft ab. Das Zehnergremium hatte nach Gründung der Schule also sieben Jahre
lang in der gleichen Konstellation bestanden und formierte sich erstmals 1547 neu47.
Nachdem Dithmarschen 1559 erobert worden war, wurde in der Religionsinstruktion vom 10. Novem-
ber dieses Jahres (Nr. 11b) festgehalten, daß der Schulbetrieb in Meldorf und den inzwischen gegründeten
Schulen in Heide, Lunden, Wesselburen, Wöhrden, Büsum und Hennstedt aufrecht erhalten werden sollte,
wobei die Bestimmungen der 1559 in Dithmarschen eingeführten schleswig-holsteinischen Kirchenordnung
von 1542 verbindlich gemacht wurden48.
1559 erlebte die Meldorfer Schule einen Niedergang. Im Zuge der Eroberung Dithmarschens war auch
das Schulgebäude stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Hinzu kam, daß im ganzen Land weitere
Schulen eingerichtet worden waren, was zu einer finanziellen Konkurrenzsituation führte, so daß die Fi-

38 Siehe oben, Anm. 26.
39 Nach Dohrn, Zur frohen Theilnahme, S. llf.; Hell-
mann, Kirchenhistorie, S. 58; Freytag, Klöster, S. 87
soll der Konvent bereits um 1526 vertrieben worden sein.
Dagegen spricht aber das Messverbot von 1532. Vgl.
Rolfs, Zur dithmarsischen Reformationsgeschichte,
S. 15.
40 Dohrn, Zur frohen Theilnahme, S. 15-18; Lambrecht,
Gelehrtenschule, S. 17-19; Lorenz, Geschichte, S. 9;
Missfeldt, Republik Dithmarschen, S. 153; Stoob, Ge-
schichte, S. 403.
41 Die handschriftliche Textvorlage unseres Abdrucks ist
eine Kopie, vgl. Lorenz, Geschichte, S. 11; Stoob, Ge-
schichte, S. 423f.
42 Vgl. Dohrn, Zur frohen Theilnahme, S. 20-22; Lorenz,
Geschichte, S. 17-20; Stoob, Geschichte, S. 209.
43 Zu den Dithmarscher Studenten in Wittenberg und an

anderen Universitäten siehe Stoob, Geschichte,
S.399-402.
44 Dohrn, Zur frohen Theilnahme, S. 26-28; Missfeldt,
Republik Dithmarschen, S. 153; Stoob, Geschichte,
S. 403.
45 Dohrn, Zur frohen Theilnahme, S. 23f; Lambrecht,
Gelehrtenschule, S. 19-22; Bolten, Geschichte 4,
S. 79-83; Lorenz, Geschichte, S. 23; Stoob, Geschichte,
S. 405; Rolfs, Einführung, S. 343.
46 Lambrecht, Gelehrtenschule, S. 20. Vgl. Dohrn, Zur
frohen Theilnahme, S. 24-26.
47 Vgl. Lorenz, Geschichte, S. 14-16. Zum Inhalt siehe
auch Dohrn, Zur frohen Theilnahme, S. 19; Lamb-
recht, Gelehrtenschule, S. 17.
48 Vgl. Weng, Melanchthons Ausstrahlung, S. 15f.; Lamb-
recht, Gelehrtenschule, S. 21, 23.

441
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften