Dithmarschen
darauf die lateinische grammatica und von authoren
in prosa oratione der Terentius29 oder Salustius30
und fabulae Aesopi31 und sonst von den poeten der
Vigilius, Horatius oder Ovidius32 zum anfangh ge-
lesen und exponirt werden, bei welchem auch der
lehrmeister bißweilen kurtze teutsche argumenta
den knaben geben und dieselbigen einen jedem
selbst ins latein sol vertiren laßen, |19r| welche ehr
folgigh revidiren, emendiren und underschiedtlich
einem jeden knaben, woh ehr geirret, das vitium be-
richten soll, daßelbige vorthan in acht zunehmen,
und sich zubeßeren. Sonst soll ehr auch das exerci-
tium repetitionis nicht unterlaßen, sonder täglich
treiben, denne solches ist ein gahr nützlich werck.
Wehre es auch an deme, das der lehrmeister die
musicam verstünde, solle ehr auch die knaben deren
zuberichten und sie auf eine gewiße stunde des tages
darinnen zuexerciren nicht unterlaßen. Alle sonn-
abendt sol ehr, der lehrmeister, den knaben die la-
teinisch lehren furlesen, den kleinen lateinischen ca-
thechismum Lutheri und das evangelium und
epistolen, die auf folgenden sontag geprediget wer-
den.
Den knaben aber, so anderst nichts denne
teutsch lesen und schreiben lehrnen, sollen gleich-
woll die teutsche kleine catechismus Lutheri33 und
evangelia und epistolen werden furgelesen, und sol-
len die, so lateinisch lehrnen, den folgenden sontagh
oder was es sonst vor ein ander hochfest sein wirt,
die lateinische evangelia wiederumb aufsagen und
exponiren, und sol ihnen der lehrmeister, warinne sie
irren, erinnerung und bericht thun. 119v | Gleicher ge-
staldt sollen auch die jennigen, die alleine teutsch
lehrnen, den teutschen kleinen catechismum Lu-
theri, die teutsche evangelia und epistolen aufsagen,
damit sie also in ihrer jugendt einen anfangh der
erkendtnus und Verstandes des gadtligen wordtes
erlangen, auch darneben soviel desto fertiger diese
r“r PO Eiderstedt: Eiderstedischen landen.
29 Terenz (Publius Terentius Afer, um 190-159 v. Chr.)
verfasste zahlreiche Komödien, die im Schulunterricht
gelesen wurden, DNP 12/1, Sp. 149-154.
30 Sallust (86 v. Chr.-35/34 v. Chr.), römischer Ge-
schichtsschreiber und Politiker, DNP 10, Sp. 1254-1258.
31 Die Fabeln des Äsop (um 500 v. Chr.) waren bereits im
das teutsche, die andere das lateinische lesen lehren.
Auf den sontagen und anderen hohen festen,
wan der gottesdienst in der kirchenn begangen wirt,
sollen die knabenn, die in die schule gehen, frue
zeittlich und eher das officium in der kirchen ange-
fangen wirt, bei ihrem lehrmeister zusamen kom-
men, in ordentlichem, züchtigem geschick mit ihme
in die kirchenn gehen, die predigt hören und singen
helffen.
Woh nun also befunden wurde, das an etzlichen
knaben gute, furnehmbe hoffnung, verbeßerung ih-
rer lehr, Verstandes, gedechtnus und das sie kunff-
tigh der kirchen oder dem weldtlichen regiment
nützlich wurden dienen konen, wollen wir die eitern
und freunde in gnaden hiemit vermahnet haben, das
die jennigen, welche solches vermuegen, j 20r | sie wol-
len ferner in andere paedagogia und höhere schulen
schicken, darinne sie solidam cognitionem artium li-
beralium und endtlich eine gewiße profession erlan-
gen und kunfftich der kirchen und dem gemeinen
nutz ihres theils mitt dienen konen.
Wir wollenn auch hiemit gesetzet und verordnet
haben, woh junge leute, die den cursum ihrer Stu-
dien compliret und sich zu kirchen embteren in un-
serem rDitmarschen norderdrittentheik wolten ge-
brauchen laßen, dartzu geschickt und tauglich
befunden wurden, das dieselbigen jeder zeitt den
außlendischen fuergezogen werdenn sollen. Und ob
wir woll hiebevohrne von den kinderen, welche die
eiteren zum bettlen gehaltenn und erzihen, Ordnung
und maße gegeben, solches nicht zuverstatten, so
sollen doch damit nicht gemeinet sein die schuelere,
denen ihre eitern das brodt nicht geben konen, den-
ne dieselbigen muegen sicher mit Verlesung der
evangelien und epistolen oder mit gesange der psal-
men und anderer christligen lieder für der leute
thueren die almußen bitten 120v j und sich damit er-
nehren, solange sie in die schule gehen und lehrnen.
Mittelalter ein gängiger Lesestoff im Griechischunter-
richt, DNP 1, Sp. 360-365.
32 Vergil (70 v. Chr. - 19 v. Chr.), Horaz (65 v. Chr.-
8v. Chr.) und Ovid (43 v. Chr. -17 n. Chr.) gehören
zum Kanon der berühmtesten römischen Dichter der
Augusteischen Epoche, DNP 12/2, Sp. 42-60.
33 BSELK S. 852-910.
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darauf die lateinische grammatica und von authoren
in prosa oratione der Terentius29 oder Salustius30
und fabulae Aesopi31 und sonst von den poeten der
Vigilius, Horatius oder Ovidius32 zum anfangh ge-
lesen und exponirt werden, bei welchem auch der
lehrmeister bißweilen kurtze teutsche argumenta
den knaben geben und dieselbigen einen jedem
selbst ins latein sol vertiren laßen, |19r| welche ehr
folgigh revidiren, emendiren und underschiedtlich
einem jeden knaben, woh ehr geirret, das vitium be-
richten soll, daßelbige vorthan in acht zunehmen,
und sich zubeßeren. Sonst soll ehr auch das exerci-
tium repetitionis nicht unterlaßen, sonder täglich
treiben, denne solches ist ein gahr nützlich werck.
Wehre es auch an deme, das der lehrmeister die
musicam verstünde, solle ehr auch die knaben deren
zuberichten und sie auf eine gewiße stunde des tages
darinnen zuexerciren nicht unterlaßen. Alle sonn-
abendt sol ehr, der lehrmeister, den knaben die la-
teinisch lehren furlesen, den kleinen lateinischen ca-
thechismum Lutheri und das evangelium und
epistolen, die auf folgenden sontag geprediget wer-
den.
Den knaben aber, so anderst nichts denne
teutsch lesen und schreiben lehrnen, sollen gleich-
woll die teutsche kleine catechismus Lutheri33 und
evangelia und epistolen werden furgelesen, und sol-
len die, so lateinisch lehrnen, den folgenden sontagh
oder was es sonst vor ein ander hochfest sein wirt,
die lateinische evangelia wiederumb aufsagen und
exponiren, und sol ihnen der lehrmeister, warinne sie
irren, erinnerung und bericht thun. 119v | Gleicher ge-
staldt sollen auch die jennigen, die alleine teutsch
lehrnen, den teutschen kleinen catechismum Lu-
theri, die teutsche evangelia und epistolen aufsagen,
damit sie also in ihrer jugendt einen anfangh der
erkendtnus und Verstandes des gadtligen wordtes
erlangen, auch darneben soviel desto fertiger diese
r“r PO Eiderstedt: Eiderstedischen landen.
29 Terenz (Publius Terentius Afer, um 190-159 v. Chr.)
verfasste zahlreiche Komödien, die im Schulunterricht
gelesen wurden, DNP 12/1, Sp. 149-154.
30 Sallust (86 v. Chr.-35/34 v. Chr.), römischer Ge-
schichtsschreiber und Politiker, DNP 10, Sp. 1254-1258.
31 Die Fabeln des Äsop (um 500 v. Chr.) waren bereits im
das teutsche, die andere das lateinische lesen lehren.
Auf den sontagen und anderen hohen festen,
wan der gottesdienst in der kirchenn begangen wirt,
sollen die knabenn, die in die schule gehen, frue
zeittlich und eher das officium in der kirchen ange-
fangen wirt, bei ihrem lehrmeister zusamen kom-
men, in ordentlichem, züchtigem geschick mit ihme
in die kirchenn gehen, die predigt hören und singen
helffen.
Woh nun also befunden wurde, das an etzlichen
knaben gute, furnehmbe hoffnung, verbeßerung ih-
rer lehr, Verstandes, gedechtnus und das sie kunff-
tigh der kirchen oder dem weldtlichen regiment
nützlich wurden dienen konen, wollen wir die eitern
und freunde in gnaden hiemit vermahnet haben, das
die jennigen, welche solches vermuegen, j 20r | sie wol-
len ferner in andere paedagogia und höhere schulen
schicken, darinne sie solidam cognitionem artium li-
beralium und endtlich eine gewiße profession erlan-
gen und kunfftich der kirchen und dem gemeinen
nutz ihres theils mitt dienen konen.
Wir wollenn auch hiemit gesetzet und verordnet
haben, woh junge leute, die den cursum ihrer Stu-
dien compliret und sich zu kirchen embteren in un-
serem rDitmarschen norderdrittentheik wolten ge-
brauchen laßen, dartzu geschickt und tauglich
befunden wurden, das dieselbigen jeder zeitt den
außlendischen fuergezogen werdenn sollen. Und ob
wir woll hiebevohrne von den kinderen, welche die
eiteren zum bettlen gehaltenn und erzihen, Ordnung
und maße gegeben, solches nicht zuverstatten, so
sollen doch damit nicht gemeinet sein die schuelere,
denen ihre eitern das brodt nicht geben konen, den-
ne dieselbigen muegen sicher mit Verlesung der
evangelien und epistolen oder mit gesange der psal-
men und anderer christligen lieder für der leute
thueren die almußen bitten 120v j und sich damit er-
nehren, solange sie in die schule gehen und lehrnen.
Mittelalter ein gängiger Lesestoff im Griechischunter-
richt, DNP 1, Sp. 360-365.
32 Vergil (70 v. Chr. - 19 v. Chr.), Horaz (65 v. Chr.-
8v. Chr.) und Ovid (43 v. Chr. -17 n. Chr.) gehören
zum Kanon der berühmtesten römischen Dichter der
Augusteischen Epoche, DNP 12/2, Sp. 42-60.
33 BSELK S. 852-910.
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