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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Armgart, Martin [Bearb.]; Meese, Karin [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (24. Band = Siebenbürgen): Das Fürstentum Siebenbürgen - das Rechtsgebiet und die Kirche der Siebenbürger Sachsen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30664#0044
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Einleitung

stühlen als Verwaltungseinheiten organisiert. Im Szeklerland bestanden im späten 16. Jahrhundert die
Stühle Aranyosch, Oderhellen, Mieresch und Sepsi sowie die um 1600 zu den drei Stühlen (Háromszék)
vereinten Orbai, Kézdi und Csík, dazu mehrere Filialstühle. Das als „Königsboden“ (fundus regius)
bezeichnete Rechtsgebiet der Sachsen umfasste sieben von Hermannstadt abhängige alte Stühle (Broos,
Mühlbach, Reußmarkt, Leschkirch, Schenk, Schäßburg und Reps) sowie zwei weitere Stühle in Mittelsie-
benbürgen (Mediasch und [Markt-]Schelken).
Die dritte Verwaltungsbezeichnung Distrikt (districtus, terra) fand Verwendung sowohl für größere
Gebiete innerhalb eines Komitats (so der Distrikt Kalota innerhalb des Klausenburger Komitats, der
Distrikt Hatzeg / Hatzegerland innerhalb des Komitats Eisenmarkt) als auch für exemte Gebiete, die neben
älteren Verwaltungseinheiten errichtet worden waren. Dazu gehörten (teilweise großräumige) Burgfreihei-
ten (so der Distrikt Fogarasch in Südsiebenbürgen und die Distrikte / Banate von Lugosch und Karanse-
besch im Süden der partes adnexae) ferner durch spätere Grenzziehungen separierte Gebiete (so im Norden
Siebenbürgens der Distrikt von Kővar). Auch die später dem Königsboden gleichgestellten sächsischen
Siedlungsgebiete im Burzenland und Nösnerland wurden als Distrikte bezeichnet.

d) Kirchenorganisation
Im 11. Jahrhundert, unter Stephan dem Heiligen und seinen unmittelbaren Nachfolgern, bildete sich im
ungarischen Reich eine Kirchenorganisation mit den Kirchenprovinzen Gran und Kalocsa und neun Suf-
fraganbistümern aus17. In Weißenburg18 residierte ein Kalocsa unterstehender siebenbürgischer Bischof19.
Zu seiner Diözese gehörten außer Siebenbürgen drei nördlich angrenzende Komitate, hingegen nicht der
Kalotaer Winkel westlich Klausenburgs. Unmittelbar dem Erzbischof von Gran unterstellt waren Teile des
sächsischen Rechtsgebietes: die Propstei Hermannstadt und das Burzenländer Kapitel mit Kronstadt. In
gleicher Weise bildete das Komitat Zarand eine Exklave des Graner Suffragans Erlau. Innerhalb der partes
adnexae befanden sich die Bischofssitze Großwardein und Tschanad, beide Suffragane von Kalocsa. Die
Diözesen waren in Archidiakonate untergliedert, die von höheren Geistlichen (Domherren, Stiftspröpsten)
geleitet wurden und sich meist an den Komitatsgrenzen orientierten. Die sächsischen Pfarreien organisier-
ten sich parallel in kirchlichen Kapiteln, die von jährlich gewählten Dechanten geleitet wurden.
Die ersten Synoden evangelischer Geistlicher wählten Leiter mit dem Titel Senior (1544 für das Archi-
diakonat Bihar) oder Superintendent (1549 für das Temeswarer Gebiet 1553 für die sächsischen Geistlichen,
1555 für das Archidiakonat Ugocsa). Als evangelische Geistliche in tota Transylvania 1557 den consensus
doctrinae unterzeichneten, standen an ihrer Spitze drei Superintendenten: in inferiori Pannonia, für das
exemte Gebiet der Sachsen und für die Ungarn Siebenbürgens. Innerhalb der sächsischen Kirche bestanden
die alten Selbstverwaltungs-Körperschaften der von jährlich gewählten Dechanten geleiteten Kapitel fort.

(Feher), die eine spätere Herausnahme aus einer älteren
Komitatsgliederung demonstrieren.
17 Zur Kirchengeschichte Ungarns mit Schwerpunkt im 16.
Jahrhundert Fata, Ungarn; Karte der mittelalterlichen
Diözesaneinteilung ebd., S. 23. Gesamtdarstellungen der
katholischen bzw. evangelischen Kirchengeschichte
Ungarns Adriány, Geschichte bzw. Bucsay, Prote-
stantismus in Ungarn I—II.
18 Exemplarisch sei hier die Problematik dargelegt, welcher
Ortsname angegeben werden soll. Im Deutschen ist
heute neben Weißenburg der Name Karlsburg gebräuch-
lich; im 18. Jahrhundert wurde nach Kaiser Karl VI.
umbenannt. Entsprechend änderte sich der Stadtname
auch im Ungarischen (von Gyulafehérvár zu Károlyfe-

hérvár) und zeitweilig im Lateinischen (von Alba [Iulia],
auch Apulum, zu Alba Carolina). Die lange im Rumä-
nischen verwendete slawische Form Bălgrad wurde im
19. Jahrhundert durch das lateinische Alba Iulia ersetzt
und heute oft zu Alba verkürzt. Die lateinische Form
Iulia bezieht sich auf den Stadtgründer Gyula. Im vor-
liegenden Band wird durchgehend der im 16. Jahrhun-
dert gebräuchliche deutsche Ortsname Weißenburg ver-
wendet.
19 Neuere Bistumsgeschichte Marton, Erdély. Bischofs-
listen bei Roth, Siebenbürgen, S. 240f.; Jakubinyi,
Archontólogia, S. 20-37. Vgl. auch Bahlcke, Status
catholicus, S. 150-162.

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