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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Armgart, Martin [Bearb.]; Meese, Karin [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (24. Band = Siebenbürgen): Das Fürstentum Siebenbürgen - das Rechtsgebiet und die Kirche der Siebenbürger Sachsen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30664#0045
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Einleitung

Die höheren ungarischen Geistlichen bezeichneten sich 1557 in Fortführung der Archidiakonatsgliederung
der untergegangenen katholischen Bistümer meist als Archidiakone.
Nachdem sich in den partes adnexae das reformierte Bekenntnis durchgesetzt hatte, verschob sich das
Zentrum der Superintendentur in inferiori Pannonia vom Sathmarer Gebiet nach Debreczin. Der Debre-
cziner Stadtpfarrer und (seit 1561) Superintendent Peter Melius (Juhász) legte mit der Organisation in 14
Senioraten die Grundlagen des bis heute fortbestehenden transtibiscanischen Kirchenbezirks (Ungarn jen-
seits / östlich der Theiß). Die Grenzverschiebungen von 1568/70 beließen nur noch sechs Seniorate mit dem
Vorort Debreczin beim Fürstentum Siebenbürgen; der Superintendent wirkte unter drei verschiedenen
Herrschaften in engem Kontakt mit dem cistibiscanischen Kirchenbezirk im habsburgischen Oberungarn.
Während die transtibiscanische und die sächsische Superintendentur konfessionell weitgehend einheit-
lich blieben, spaltete sich die Geistlichkeit nationis Hungarica in Transylvania weiter auf. Dies bewirkte die
Entstehung separater Superintendenturen für die Unitarier (ab 1568) und für die Reformierten im histo-
rischen Siebenbürgen (ab 1570), während die lutherische ungarische Superintendentur nach dem Tod des
Dionysius Alesius 1577 erlosch. Das Innovationsverbot von 1571 unterband die weitere konfessionelle Auf-
spaltung, während die vier rezipierten Konfessionen (römisch-katholisch, lutherisch, reformiert, unitarisch)
verfassungsmäßig geschützt waren.
Kurzzeitig wirkten (vom Landtag und Fürsten geförderte) rumänische evangelische Bischöfe mit Sitz in
St. Georgen am Mieresch. Die überwiegende Mehrzahl der Rumänen wie auch der im Lande befindlichen
Griechen, Bulgaren und andere Slawen gehörten jedoch der orthodoxen Kirche an. Um die Mitte des 16.
Jahrhunderts bestanden sechs orthodoxe Bischofssitze, zumeist in Klöstern; sie unterstanden den Hierar-
chien benachbarter orthodoxer Länder (Serbien, Walachei, Moldau). Unter Stephan Báthory entstand ein
Kirchenverband unter dem Primat des orthodoxen Bischofs der Fürstenresidenz Weißenburg20. Kleine tole-
rierte Gruppen waren Armenier und Juden.

e) Die besondere Stellung der Stände (nationes) und des Landtages
Bei der Entstehung, dem Aufbau und der Sicherung eines eigenständigen Fürstentums bildete der Land-
tag21 einen wesentlichen Rückhalt. Ihm wurden weitgehende Mitwirkungs- und Kontrollrechte zugestan-
den, von der Vertretung im Fürstenrat bis zum Wahlrecht. Neben den in ganz Ungarn mitwirkenden
Komitatsvertretern umfasste der siebenbürgische Landtag zwei weitere Gruppen. Diese vertraten mit weit-
reichender Gruppen- und Territorialautonomie ausgestattete exemte Rechtsgebiete. Parallel zu anderen
Ländern werden die drei auf den Landtagen vertretenen Gruppen in der modernen Forschung als „Stände“
bezeichnet. Ihre Eigenbezeichnung nationes beruht auf der alten Wortbedeutung einer Gruppe mit ange-
borenen Rechten.
Erste der beiden Gruppen kollektiv privilegierter und persönlich freier Landesbewohner waren die Szek-
ler (Siculi) - ungarischsprachige, wohl in der ungarischen Landnahme in Siebenbürgen angesiedelte Grenz-
wächter22. Ihr exemtes Rechtsgebiet umfasste den Großteil des Ostens Siebenbürgens, dazu den mittelsie-
benbürgischen Stuhl Aranyosch südlich von Thorenburg. Ebenso privilegiert waren die seit dem 12. Jahr-
hundert meist aus dem deutschsprachigen Raum angesiedelten Sachsen (Saxones). Die im zentralen Privileg
von 1224 (Andreanum) gewährten Rechte für das Gebiet um Hermannstadt im Süden Siebenbürgens wur-
den bis 1486 auf weitere Siedlungsgebiete erweitert (angrenzende Sekundärsiedlungen um Mediasch, das
Nösnerland mit Bistritz und das Burzenland mit Kronstadt); als gemeinsame Vertretung dieser Gebiete
bildete sich die „sächsische Nationsuniversität“.
20 Schullerus, Kirchenrecht, S. 156-173; Keul, Trans- 21 Zach, Fürst, S. 63-90; Kutschera, Landtag, S. 12-83.
ylvania, S. 104-106 und 134-146. 22 Dazu Roth, Szekler; Demény, Szekler, S. 225-234.

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