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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Armgart, Martin [Bearb.]; Meese, Karin [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (24. Band = Siebenbürgen): Das Fürstentum Siebenbürgen - das Rechtsgebiet und die Kirche der Siebenbürger Sachsen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30664#0046
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Einleitung

Gegen äußere und innere Bedrohungen ihrer Rechtsstellung verbanden sich die Szekler und die Sachsen
mit der vom Adel dominierten Versammlung der siebenbürgischen Komitate zu einer gemeinsamen Ver-
tretung, der erstmals 1438 belegten unio trium nationum. Zum Thorenburger Landtag im August 1544
wurden erstmals formell Vertreter der Szapolyai anhängenden außersiebenbürgischen Komitate geladen.
Seitdem wurden die Landtagsdelegierten ein- oder zweimal im Jahr einberufen. Zumeist tagten sie nicht in
der Fürstenresidenz Weißenburg, sondern in größeren Städten der Woiwodschaft Siebenbürgen. Häufigster
Versammlungsort war der zentral gelegene Komitatsvorort Thorenburg, der bereits im Mittelalter Ver-
sammlungsort der siebenbürgischen Komitate war. Bis zum Ende der Selbständigkeit Siebenbürgens 1691
fanden 299 Landtage statt.
Eine Besonderheit der siebenbürgischen Landstände war ihre Bindung an ein jeweils eigenes Territo-
rium. Als frühes Beispiel des Subsidiaritätsprinzips war den Ständen die weitgehend freie Regelung „innerer
Angelegenheiten“ ihres Territoriums zugestanden. Dieses vermochten sie auch auf Konfessionsfragen aus-
zudehnen. Daraus resultierten recht kleinräumige Konfessionslandschaften sowie ein starkes Gegengewicht
gegen die Monopolisierung einer einzelnen Konfession.

f) Überlieferung
Zentrale Quelle rechtssetzender, darunter auch kirchenordnender Texte23 mit Geltung für das gesamte Für-
stentum bilden die Landtagsabschiede. Die auf einer Landtagssitzung verabschiedeten einzelnen Artikel
wurden anschließend dem Landesherrn zur Konfirmation vorgelegt und von diesem in der Form einer
Herrscherurkunde publiziert. Zur Rechtsgültigkeit erforderlich war die Mitsiegelung durch alle Stände. Die
Texte waren zunächst vollständig in lateinischer Sprache formuliert. Ab 1565 sind Artikel zumeist unga-
risch24, während der (von der Fürstenkanzlei stammende) Konfirmationsteil mit Eingangs- und Schluß-
protokoll das Lateinische beibehielt. Eine Zusammenfassung der in Geltung befindlichen Landtagsbe-
schlüsse erfolgte durch die 1653 bestätigten „Approbaten“ und die 1669 bestätigten „Compilaten“25.
Die Landtagsabschiede sind in verschiedenen Sammlungen überliefert; darunter von besonderer Rele-
vanz der 75 Landtagsabschiede enthaltende bis 1609 reichende Sammelband der Brukenthal-Bibliothek.
Zusammen mit anderen Handschriften gelangte der Band nach 1960 in das Hermannstädter staatliche
Archiv26. Der dortige alte Bestand an Landtagsabschieden ist für das 16. Jahrhundert weniger vollständig,
umfasst aber immerhin 42 Abschiede27. Es handelt sich zumeist um die der Nationsuniversität ausgehän-
digten Originale mit Siegel und Fürstenunterschrift, mitunter um etwa gleichzeitige Abschriften. Die Her-
mannstädter Überlieferung wurde 1823/24 durch eine großangelegte Abschriftenaktion ergänzt28. Zwei am
Fürstensitz Weißenburg und am locus credibilis Koloschmonostor angelegte Sammlungen wurde 1882 an das
zentrale ungarische Landesarchiv (Magyar Országos Levéltár) in Budapest abgegeben29. Weitere Samm-
lungen von Landtagsabschieden stammen von Georg Haner (heute im Hermannstädter Archiv30), von

23 Die nachfolgende Edition von 26 Texten umfasst neben
24 Landtagsabschieden einen Beschluss einer gemeinsa-
men Synode von evangelischen Geistlichen aller Landes-
teile (Consensus doctrinae von 1557, Nr. 5) und ein lan-
desherrliches Mandat (Druckverbot von 1571, Nr. 16).
24 Abweichend vom Verfahren in anderen Bänden von
Sehling, EKO wird den nachfolgend abgedruckten
ungarischen Rechtstexten eine deutsche Übersetzung
beigegeben.
25 Abdruck Magyar Törvénytár IV, S. 1-246 bzw. S. 247-
353.
26 Heutige Signatur NatA Hermannstadt, Sammlung
Brukenthal, A 1-5 Nr. 111.

27 NatA Hermannstadt, Landtagsabschiede [Dieta Transil-
vaniei] (Inv. 30), Nr. 32 enthält 34, ebd., Nr. 33 enthält
15 Abschiede des 16. Jahrhunderts, davon 7 Doppel-
überlieferungen.
28 Zu den durch „Nationalstipendisten“ der sächsischen
Nationsuniversität erstellten Abschriften vgl. Zimmer-
mann, Archiv, S. 88 Anm. 1; Auflistung von Abschieden
des 16. Jahrhunderts ebd., S. 87-90.
29 Ungarisches LA (Magyar Országos Levéltár) Budapest
F 10-11 bzw. F 29; zur Abgabe Zimmermann, Kapi-
telsarchiv Karlsburg, S. 4-6.
30 In zwei Bänden NatA Hermannstadt, Mss. Varia III 39.

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