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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Armgart, Martin [Bearb.]; Meese, Karin [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (24. Band = Siebenbürgen): Das Fürstentum Siebenbürgen - das Rechtsgebiet und die Kirche der Siebenbürger Sachsen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30664#0056
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Einleitung

4. Konsolidierung von Staat und Kirchenorganisation unter Stephan Báthory (1571-1586)
Der etablierte politische und konfessionelle Zustand hatte durch den erbenlosen Tod des jungen Johann
Sigismund Szapolyai im März 1571 eine unverhoffte Bewährungsprobe zu bestehen. Noch im Januar 1571
hatte der Landtag den Vertrag von Speyer angenommen, der einen Heimfall des Fürstentums an den Kaiser
vorsah. Nun sperrte sich eine Landtagsmehrheit und wählte den Hochadligen Stephan Báthory (Báthory
István)72 zum neuen Landesherrn.
Die Báthory, eine Magnatenfamilie aus den partes adnexae, hatten ihren Besitzschwerpunkt im Sath-
marer Gebiet. Die beiden Linien Ecsed und Somlyo73 hatten bereits hohe Würdenträger hervorgebracht,
Woiwoden, Palatine und Bischöfe. Stephans gleichnamiger Vater war als Vizewoiwode, dann als Woiwode
Stellvertreter Johann Szapolyais. Die Linie Somlyó, der Stephan angehörte, war eine der wenigen katho-
lisch verbliebenen Familien des Hochadels. Die Regierung Stephan Báthorys gliederte sich in drei Phasen:
1571-1575: Báthory konsolidierte seine Herrschaft in Siebenbürgen. Umgehend von der osmanischen
Hohen Pforte investiert, begnügte sich Báthory mit dem Woiwodentitel, der eine habsburgische Suzeränität
anerkannte. Das hielt Kaiser Maximilian II. nicht ab, Kaspar Bekes74 zum siebenbürgischen Woiwoden zu
ernennen. Entgegen dem üblichen konfessionellen Muster war der habsburgische Parteigänger Unitarier.
Erst im Sommer 1575 gelang Báthory eine militärische Entscheidung gegen Bekes, der sich auf die Festung
Fogarasch und Teile des Szeklergebiets stützen konnte.
1575-1582: Wenige Monate später wurde Stephan Báthory von einer Adelspartei in Polen als Thron-
kandidat aufgestellt. Begünstigt vom baldigen Tod Kaiser Maximilians II. setzte sich Báthory durch und
hielt sich seitdem in Polen auf. In Krakau richtete er eine separate siebenbürgische Kanzlei ein, die in
engem Kontakt zu seinem als Statthalter eingesetzten Bruder Christoph die Angelegenheiten des Fürsten-
tums leitete. Stephan nahm den Fürstentitel an und gab die Woiwodenwürde an Christoph weiter.
1582-1586: Nach dem Tod Christophs folgte dessen minderjähriger Sohn Sigismund (Báthory Zsigmond)
formal als Woiwode von Siebenbürgen. Ein Direktorium aus Vertretern der Verwaltung und der Stände
führte die Regierungsgeschäfte.
Geschickt verknüpte Báthory offene konfessionelle Fragen mit seiner Etablierung als Fürst und der
Stärkung des landesherrlichen Einflusses. Noch 1571 verbot der Landtag über die vier approbierten Kon-
fessionen hinausgehende Innovationen. Die wittenbergisch orientierten ungarischen und sächsischen Geist-
lichen verpflichteten sich 1571 bzw. 1572 durch Báthorys Initiative auf die Confessio Augustana als
Bekenntnisnorm. Die unitarische Konfession verlor ihre Attraktivität durch den Wegfall landesherrlicher
Förderung und durch eskalierende innere Kontroversen. Gegen die von Davidis und auswärtigen Gelehrten
betriebene Radikalisierung der Lehre zum „Nonadorantismus“ obsiegte eine konservativere Richtung um
Biandrata, die auch von polnischen Unitariern unterstützt wurde. Davidis starb 1579 in Festungshaft. Im
gleichen Jahr stärkte der Landesherr seine eigene, zuvor marginale katholische Konfession durch die Beru-
fung von Jesuiten. Die orthodoxe Kirche erhielt öffentliche Tolerierung. Damit verbunden waren Schutz

72 Stephan Báthory (Báthory István) war Rat Johann
Sigismunds und 1565/66 dessen Gesandter in Wien, wo
er inhaftiert wurde. 1571 wurde er Landesherr Sieben-
bürgens. 1575 zum König von Polen und Großfürsten
von Litauen gewählt, heiratete er die Königstochter
Anna Jagiellonica und starb 1586. Zur Konfessionspoli-
tik Keul, Transylvania, S. 117-138; Arens, Stephan
Bathory, S. 21-31; Daugsch, Báthory, S. 215-228;
Quellensammlung Veress, Báthory I—II.
73 Stadt und Burg Somlyó, deutsch auch Schollenmarkt,

befinden sich im südlich an Sathmar angrenzenden
Komitat Kraszna, heute im Kreis Sălaj (Rumänien).
74 Kaspar Bekes (Békés Gáspár), Schatzmeister Johann
Sigismunds und Burgkapitän von Fogarasch, war 1570
Verhandlungsführer beim Vertrag von Speyer und wurde
1571 von Johann Sigismund als Statthalter designiert.
Kaiser Maximilian II. ernannte ihn zum Woiwoden von
Siebenbürgen. Nach seiner militärischer Niederlage 1575
söhnte er sich mit Stephan Báthory aus und diente ihm
als Truppenführer gegen Danzig und Rußland. Er starb
1579.

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