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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (3. Band): Die Mark Brandenburg, die Markgrafenthümer Ober-Lausitz und Nieder-Lausitz, Schlesien — Leipzig: O.R. Reisland, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.26784#0380
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Die Markgrafenthümer Oberlausitz und Niederlausitz.

der Zustimmung der Eltern oder Vormünder. Diese Landesordnung hat die landesherrliche
Bestätigung nicht erhalten. Sie ist abgedruckt bei Lünig, Cod. Augusteus Saxonicus.
Dritter Theil, S. 82 ff. Näheres darüber s. im Lausitzischen Magazin. 1771, S. 126 ff.; 1772,
S. 32 ff. (dort findet sich auch ein Abdruck); Singularia litteraria. I, S. 107 ff. (1736);
Weinart, Rechte und Gewohnheiten. I, S. 236 ff.
Man kann häufig lesen, dass diese Landesordnung nicht Rechtens geworden und auf
dem Papiere stehen geblieben sei (vgl. Singularia litteraria. I, S. 107 ff.; Evangelisches
Kirchenblatt für Schlesien. Vom 14. Mai 1905. Bd. 8, S. 174). Das trifft für ihre formale
Gültigkeit gewiss zu. Denn sie ist nicht verabschiedet und nicht vom Landesherrn bestätigt
worden. Aber andererseits ist sie doch hie und da beobachtet worden. So findet sich noch
heute ein Halseisen, wie es die Ordnung vorschreibt, bei der Kirche zu Schleife, Kreis Rothen-
burg, Oberlausitz, und in der Herrschaft Muskau stützen sich noch Verordnungen des 17. Jahr-
hunderts auf diese Landesordnung (vgl. Evang. Kirchenbl. für Schlesien. 1905, S. 174, und
unten unter Muskau). Ausserdem bestätigte im Jahre 1561 Hans von Schlieben, Hauptmann in
der Oberlausitz, die Landesordnung und den Landtagsbeschluss über Gotteslästerung in Schwören
und Fluchen u. s. w. Budissin, Donnerstags nach Elisabeth 1561. Vgl. Verzeichniss Ober-
lausitzischer Urkunden. Herausgegeben von der Oberlaus. Gesellschaft der Wissenschaften.
Görlitz 1805. Bd. 2, S. 151, 194. Ein näheres Eingehen auf diese Landesordnungen fällt aus
dem Rahmen unserer Aufgabe.
2. Für die Niederlausitz erging gegen Ende des 16. Jahrhunderts eine allgemeine
kirchliche Verordnung, welche man wohl die Lübben’sche Kirchenordnung nennt. Es hat damit
folgende Bewandniss.
Die Geistlichkeit der Niederlausitz stand in katholischer Zeit unter dem Offizial von
Lübben. Der vorgesetzte Bischof von Meissen hatte den letzten katholischen Offizial Erasmus
Günther von Schreckenberg wegen seiner Hinneigung zum Lutherthum abgesetzt. Der Bischof
suchte die Jurisdiction dem Dechanten von Bautzen zu übertragen, stiess aber auf den Wider-
stand der Stände, welche behaupteten, dass das ius consistoriale auf sie selbst übergegangen
sei. Vgl. Neumann, Das Provinzialrecht des Markgrafenthums Niederlausitz. Frankfurt
a. d. O. 1837. S. 1 ff. Moritz von Sachsen hatte das Stift Meissen eingezogen und besetzte
daher auch das Archidiakonat bezw. das Offizialat der Niederlausitz als ein Lehen des Bisthums
Meissen. Der als Interims-Landvogt fungirende Graf Schlick, Herr zu Passau, erwählte 1545
als ersten lutherischen Offizial Mag. Simon Sinapius von Weismain in Franken. Auf Verlangen
der Stände und des Landvogts musste dieser sich seit 1549 „Offizial und Superintendent“ nennen.
Er führte Luther’s Messordnung von 1526 ein, veranstaltete mit Genehmigung des Landvogts
mit den anderen Superintendenten, d. h. den Pfarrern zu Luckau und Calau, Zusammenkünfte
zur Berathung über die kirchlichen Verhältnisse (vgl. das Schreiben an den Landvogt um Ge-
nehmigung dieser Zusammenkünfte d. d. Lübben, Mittwoch nach Burchhardi 1554, in Destinata
litteraria et fragmenta lusatica. Lübben 1738. Pars I, S. 502).
Es wird berichtet, dass auf Grund der von diesem Superintendenten abgefassten Con-
vocations- und Kirchenartikel der Landvogt mit Beirath der Stände eine neue Kirchenordnung
verfasst habe nach dem Vorbilde der Magdeburgischen „Kerken-Ordninge, wo ane sik beede
mit dem Lehre unde Ceremonien holden schall mit dem Catechismo und de Kinderlehre zu
Magdeburg 1534 (d. i. die plattdeutsche Ausgabe der Brandenburg-Nürnbergischen Kirchen-
ordnung von 1533), dass die Kirchenordnung aber später ganz verloren gegangen sei, so dass
sich nur ein kleines Bruchstück daraus, die Prüfung und Berufung der Kirchendiener, erhalten
habe. Der Verfasser der Abhandlung in Destinata litteraria meint S. 507, dass dieses Stück,
welches S. 506 abgedruckt ist, wohl aus späterer Zeit stamme, nicht aus der Zeit des Offizials
 
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