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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (3. Band): Die Mark Brandenburg, die Markgrafenthümer Ober-Lausitz und Nieder-Lausitz, Schlesien — Leipzig: O.R. Reisland, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.26784#0474
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Schlesien.

gewesen sein, jedenfalls breitete sie sich bald aus. Bischof Balthasar von Promnitz, der 1548
die Herrschaft durch Kauf erwarb, bedrückte sie nicht, sondern unterstützte sie sogar.
So bestätigte er unter dem 11. September 1558 das eingeführte Gnadenjahr für die Pfarr-
Wittwen. Nach seinem Tode erbten seine Vettern, die Freiherrn von Promnitz, die Herrschaft.
Diese, der Reformation zugethan, ordneten die Verhältnisse. Sie setzten 1577 einen Superinten-
denten, Bezirkssenioren und Convente ein und erliessen am 18. März 1592 eine eigene Kirchen-
ordnung. Letztere ist abgedruckt bei Fuchs, Fortgesetzte Materialien zur evang. Religions-
gesch. von Oberschlesien. Breslau 1774, S. 43 ff. (Nr. 106).
Über die Bedeutung dieser Convente (die besonders auch der Visitation dienten, s. Bd. I
dieser Ausgabe der Kirchenordnungen S. 69 ff.), vgl. Fuchs, 6. St., S. 15 ff. Solche Convente
bestanden auch in den Fürstenthümern Liegnitz, Brieg, Teschen, Troppau, Jägerndorf und
Oppeln. Hervorzuheben ist allerdings, dass diese Convente in Pless auch als Ehegerichte erster
Instanz fungierten, was für die Convente in den anderen schlesischen Fürstenthümern nicht
nachweisbar ist und in der kirchlichen Verfassung überhaupt ein Unikum darstellt. Diese
Kirchenordnung enthält auch noch sonst Sonderbarkeiten. Es wird nämlich in ihr die Juris-
diktion des katholischen Ordinarius ausdrücklich anerkannt. Angelegenheiten, deren Entschei-
dung dem eigenen Convente nicht gelungen war, sollten an den Bischof von Krakau oder Breslau
geschickt werden. Auch konnten die Parteien von den Conventen dahin provoziren.
Bei Fuchs, a. a. O. S. 50, ist auch die Berufungsurkunde des Dechanten Prätorius
vom 29. Mai 1577 abgedruckt, und da sie einen guten Einblick in die Thätigkeit des Super-
intendenten bietet, so soll sie, bei der Seltenheit kirchlicher Urkunden für Schlesien, ab-
gedruckt werden (Nr. 105).
Über die weitere Geschichte der Reformation in Pless s. Fuchs, a. a. O. S. 17 ff.

105. Berufungsurkunde für den Dechanten Prätorius. Pless, 29. Mai 1577.
[Abdruck nach Fuchs, Fortgesetzte Materialien, S. 50, 51.]

Ich, Carl von Promniz, freiherr auf Pless,
Sorau und Triebei, bekenne öffentlich vor jeder-
männiglich mit diesem meinem brief und siegel,
vor mich, meine erben und nachkommen, dass ich
dem ehrwürdigen, wohlgelahrten herrn Matthiae
Praetorio von Bernstadt, in erwegung seiner treuen
und fleissigen dienste, so er mir und den meinen
bei der kirchen als unser treuer pastor und seel-
sorger geleistet, und ferner, wie er versprochen,
leisten wird, auch dass meine unterthanen durch
ihn verstehen werden können, als der erb- und
lehnherr die dechantei oder pfarr allhie zu Pless
mit aller pastoratischen reputation, regalibus, ein-
kommen, widmuthen, und bewohnern derselben
äckern, wiesen, berk, teichen, leuten, zinsen und
wie die immer namen haben mögen, und solche
von alters seine vorfahren gehalten, innegehabt
und genossen haben, allenthalben und gänzlichen
nichts ausgenommen, vorlehnet, gegeben und über-
geben, übergeben sie ihme auch mit meinen nach-
kommen, in kraft dieses meines briefes und siegels
zu seinen lebtagen zu genüssen, und ohne männig-
lichen hindernuss zu besizen, also und mit diesem
bescheid, dass ernannter dechant nicht allein
solches pfarramt allhier mit reiner lehre und leben
der Augspurgischen Confession gemäss versorgen,

sondern auch über die andern pfarrer zu dieser
herrschaft gehörig, und der schulen oberster custos
und superintendens sein soll, bräuchliche con-
ventus und visitationes halten, und helfen, dass
die kirchen und schulen, so viel möglich, noth-
dürftig bestellt und versorgt werden möchten, da-
rinn ich ihm auch mit meinen nachkömlingen vor
jedermänniglich zu schüzen schuldig sein soll und
will. Es sollen auch ihm in diesem die pfarr-
herren und schuldiener allenthalben allen billigen
gehorsam leisten.
Auch sage ich obberührtem dechant des-
gleichen hiemit zu, dass nach seinem tödtlichen
abgange sein weib und kinder obgemeldtes ein-
kommen zu der dechantei gehörig, ein jahr lang
von männiglichen ungehindert einnehmen, geniessen
und an ihren besten nutz anwenden sollen, so
vollkömlich er solches bei seinen lebtagen ge-
nossen hat, wie ich dann den andern dorfpfarr-
herren dasselbe auch zugesaget; hiebei neben
verspreche ich ihm auch, dass die pfarretei und
widmuth, so an gebäuden und andern sehr ein-
gegangen, soll gebauet, gebessert und angerichtet
werden. Da aber gemelter dechant seines eignen
purpurgeldes, an gebäuden, teichen, widmuthen
oder andern was verbauen oder anwenden würde,
 
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