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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (4. Band): Das Herzogthum Preussen, Polen, die ehemals polnischen Landestheile des Königreichs Preussen, das Herzogthum Pommern — Leipzig: O.R. Reisland, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.26785#0343
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Das Herzogthum Pommern.

325

Über den Druck der Kirchenordnung finden sich in der Litteratur Widersprüche.
Das Richtige dürfte Folgendes sein. Die Original-Ausgabe ist die von 1563, Wittenberg, in
Folio, mit vielen Druckfehlern (z. B. ist gleich das Druckjahr irrig mit 1553 angegeben).
Als 1569 die Agende, von welcher nachher zu reden ist, gedruckt wurde, ist auch die
Kirchenordnung unter Verbesserung der Druckfehler im gleichen Format, d. h. in Quart, wieder
mit abgedruckt worden zu Wittenberg durch Johann Schwertel. Dieser Druck giebt zwar als
Jahreszahl 1563 an; da er aber das gleiche Format und die gleichen Lettern wie die Agende
aufweist, so ist das offenbar ein Versehen. Wir drucken nach dem Drucke von 1569, der fälsch-
lich sich 1563 nennt, und geben die Abweichungen der Folio-Ausgabe von 1563 in An-
merkungen wieder. (Nr. 75.)
Auf dem Drucke von 1569 beruhen alle späteren Drucke: von 1591, 1594, 1664, 1690,
1691 (König, S. 29), 1731.
Nun kam auch die Agende an die Reihe. Kaum, dass man 1566 mit der Kirchen-
ordnungsfrage ins Reine gekommen war, schrieb Herzog Bogislaus an „unsern freundlich lieben
herrn vetter, vatern und vormundt herrn Herzog Barnim“ am 14. December 1566 (Original im
St.-A. Stettin, Stettin. Arch. P. I, Tit. I, Nr. 24): Sein Superintendent, Dr. Jacob Runge, habe
Bedenken wegen der Ceremonien in der Agende; da aber fast jeder Pfarrer seine eigenen
Ceremonien hätte, und jeder die seinigen für die besten hielte, so möchte er in Streit mit
ihnen gerathen, er — Runge — halte es daher für das Beste, dass die drei Superintendenten
Dr. Venediger, Mag. Fabianus und er — Runge — zu Stettin zusammenkämen und die Agende
daselbst fassen möchten. Der Herzog bittet daher Herzog Barnim, seine beiden Superintendenten
dazu zu verordnen. Was nun diese drei gefasst, solle den Synodis jeden Orts vorgelegt, der-
selben Bedenken gehört und wenn die Theologen unter sich einig, solle dem Landtagsausschusse
das Concept inhalts des nächsten Landtagsabschiedes zugestellt werden.
In der Agende hatte, wie wir aus dem Vorstehenden ersehen, eine grosse Freiheit ge-
herrscht, die allerdings durch die Superintendenten und Synoden in etwas dirigirt wurde. Hier
hatte namentlich Knipstro eine einflussreiche reformatorische Thätigkeit entwickelt.
Ein besonderes Gewicht legte die pommersche Geistlichkeit nach Bugenhagen’s Vor-
gänge (s. Kirchenordnung von 1535) auf die Beichte. Auf den Greifswalder Synoden von
1541, 1544, 1551, 1554 und der Stettiner von 1545 wurde über die Gestaltung der Beichte viel
verhandelt und auch über den Catechismus-Unterricht. Der lutherische Unterricht, „Wie man
die Einfältigen soll beichten lehren“, genügte den Pommern nicht. Knipstro arbeitete ein
6. Hauptstück „Von der Beichte und den Schlüsseln des Himmelreiches“ aus. Dasselbe wurde
von der Synode zum praktischen Gebrauche angenommen. Es zerfällt in einen kleinen und
einen grösseren Theil; „der erste enthält nur die Worte Christi bei Joh. 20, 21—23, und eine
Beichtformel, die sogen. pommersche Beichte. Der grössere Theil dagegen giebt die Lehre von der
Beichte in Form von Frage und Antwort, ganz ähnlich wie im vierten und fünften Hauptstück des
kleinen Catechismus Luther’s, und stellt so eine catechetische Fortentwickelung der Lehre von
der Schlüsselgewalt dar“ (Bahlow, a. a. O. S. 37 ff.; Mohnicke, Das 6. Hauptstück.
S. 70 ff.).
Bei diesem 6. Hauptstück hat Knipstro auch eine Haustafel angefügt, die sich von
derjenigen Luther’s unterscheidet, insbesondere ausführlicher ist (vgl. Bahlow, S. 38, ab-
gedruckt bei Mohnike, a. a. O. S. 91 ff.). Beide Stücke fanden Eingang in die Agende von
1569, auch in andere Agenden (vgl. Mohnike, S. 31, 33). Die dort ersichtlichen Fragestücke
zur Wiederholung des Catechismus stammen ebenfalls von Knipstro. Sie sind seinen 1555 in
Stralsund gehaltenen Catechismuspredigten entnommen und von Runge bearbeitet (vgl. Balt-
hasar 1, S. 248, 268; Mohnike, S. 32, 101—109).
 
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