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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (4. Band): Das Herzogthum Preussen, Polen, die ehemals polnischen Landestheile des Königreichs Preussen, das Herzogthum Pommern — Leipzig: O.R. Reisland, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.26785#0527
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Visitations-Abschied für Gollnow von 1595.

509

se ire almosen in diesen ock den anderen kasten
und mit einer milden gave in eren lesten bedenken.
Item so eine brut und brutmann in de kerken
geit, scholen de menner samt den junkfrowen und
frowen er offer geven. Datsulve schal van stund
an in den kasten gesteken werden in ein becken,
so dar schal gesettet werden.
De diaken scholen laven und sweren, wo de
vorgemelten diaken ock gedan hebben, dat se dem
armenkasten trulich vorstan und dat inkament des
sulven in de order, darhen dat vorordent, wenden
und niemants utgunst um gelt, gave edder der
geliken, sonder allene ut cristliker leve, gedult
und mitliden, de an live und guderen so schwack
sint, dat se gemeiner cristlicher hulpe darven in
de hospitalie nemen und dise inhevent schal dem
prediker vorhen angetoget und mit sinem vorweten
und willen geschen und scholen alle unnodige lüte
affgedan samt dem gasthuse und in notturftige
gebruck gewant werden, up dat vele unkost vor-
schonet werden moge.
Idt scholen upgenante beide kasten und der-
sulven guder und inkamen ock so ferne nicht van
einander gesundert sin, dat en des andern nit ge-
neten mochte, sonder de diaken des einen kastens
schalen dem anderen im valle der nottrofft geistliken,
to troste sin, hulpe ock bistand don und wor se
des rades, bestand und vordernisse bedarven, schal
de rad gewillich sich ertegen.
Wes avers klerlich in diser ordening nicht
befunden, scholen sick mit pastor, capellan, scole-
mester, diaken und gantze gemene und en jeder
des inholdes der landordeninge to Treptow up der
rege upgerichtet, erinnern und sich darna richten,
ock bi dem rade und jedern kasten eine affschrift
gedrucket van der Treptoweschen ordnung hebben,
so dem armenkasten, so in der parkerken stan

und gesettet schal werden, schal de pastor einen,
de diaken den andern schlatell hebben und scholen,
so offte idt vannoden, dar to gan, den ubschluten
und de almosen utdeilen den rechten notturfftigen
armen, das gelt ock, so darinne gegeven, nergents
anders hen wenden, denn in de hende der armen.
Und so denne ock mangerlei ergernisse und
apenbare sunde und schande in steden und sust
hen und her geschen und desulven glickwol un-
gestrafet bliven, derhalven de gottlike torn und
grusame strafe, dar uns de hilige geist mede
drowet, tobewarende drum ein erbarlich unerger-
lichsten cristliche tucht und erhe intorichtende
und erholdende, ock dem torne gades to entlegende
is dem rade in unsem namen dorchgedachte
unse rede und visitatoren angesecht und ernstlich
gebaden, dat se hernar in Golnow iffte vor der
stadt offentlike ebrekereige effte horerei kens-
weges liden, sonder se effte de sodane sunde und
averertreden ervaren, mit der scherpe strafen
scholen.
To dem schalen se ock keine toverie, keine
gadeslesterer oder dejenigen, so bi gades liden
und wunden sweren effte de erbe weldige hende
ahn ehre oldern legen oder oldern, de wethenlig
von eren kinderen bosheit, sunde und schande
ruhen laten und ock keine ledichgenger in erhem
gebeden dulden noch entholden, sunder einem
jederen na grothe und gelegenheit, ock anderer
de avertredinge und laster ane einich ansehen der
personen strafen, dem ein rat gehorsamlich ut
amtsplicht so natosettende gelavet und togesecht
hefft.
Und des alles und jedes, wie vorsteit, to
warhaftiger bekreftung ewiger gedencniss und or-
kunde hebbe wi unser furstlich segel wethentlich
an dise cristliche ordnung laten hengen.

86. Visitations-Abschied für Gollnow vom 10. Februar 1595.
[Auszug aus dem St.-A. Stettin, Stettin. Arch. P. I, Tit. 107, Nr. 1.

.Der Rath soll die Kirchenschuldner
veranlassen, dass sie zahlen. Er soll Jungfrauen-
schulen mit Zuthun des Pastoren und Capellans auf-
richten. Er soll für Sonntagsheiligung sorgen. Die
pastoren sollen auf der Kanzel nicht unzeitig eifern
und sticheln „und demnach des sontags de frue-
predigt und misse kurz auf einander kommen,
daher wenig zuhörer erscheinen, sol hinfuro zur
fruepredigt um halb fünf uhr geleutet, darauf bis
fünf einviertel deutsche gesenge, so sich uf kegen-
wertiges stück des catechismi, welches ausgelegt
wird, schicken, gesungen und um fünf uhr bis uf
halb vor sechs uhr gepredigt und darauf de frue-
predigt mit einem deutschen gesange beschlossen
werden, damit in puncto sextae alles geendigt sei.

Uf sieben uhr soll hinwiederum zur misse ge-
leutet, darauf das singen angefangen und von acht
bis neun das evangelium, nachmittag aber von
zwei bis drei uhr die gewöhnlicheln episteln und
keine fremden texte ausgelegt, auch dabei, dass sie
sich der kürze befleissen, nach gelegenheit ihrer
zuhörer accomodiren, in acht genommen werden,
sollen auch in den hohen festen unter der abend-
predigt keine confitenten hören, vielen weniger
unordinirte personen ad coenae domini administra-
tionem gestatten.
Es wird den frauen des pastors und capellans,
weil sie so wenig einnehmen, gestattet, brannt-
wein zu brauen und zu verkaufen, allerdings wenn
dadurch dem predigtamt kein schaden erwächst.
 
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